Название: EscortLady | Erotischer Roman (Erotik, Erotikroman, Erotik ab 18 unzensiert, sinnlich und heiß)
Автор: Clarissa Thomas
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Erotik Romane
isbn: 9783862775651
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Emma verfügte über die unheimliche Fähigkeit, die Gedanken ihrer Mitmenschen erraten zu können.
»Mike, nicht Marc. Sein Name ist Mike. Und ja, ich denke oft an ihn ... eine dauerhafte Beziehung hinterlässt eben ihre Spuren. Aber du kannst das nicht nachvollziehen, weil du jedes Wochenende einen anderen Typen in unsere WG schleppst.«
»Wenn du das so formulierst, fühle ich mich wie ein Flittchen«, entgegnete Emma und verzog ihre Lippen zu einem übertriebenen Schmollmund. Was auch geschah, man konnte ihr schlicht und ergreifend nicht böse sein.
»So war das nicht gemeint. Es ist nur ...«
»Es ist nur was? Dass du dich zurücksehnst nach der Beschaulichkeit der Langeweile? Hoffentlich war zumindest der Sex mit Marc ...«
»Mike.«
»... mit Mike gut.«
»Ja, der Sex war wirklich in Ordnung«, gab ich nur halblaut zurück, da sich zwei Studentinnen, die Teil unserer Lerngruppe waren, direkt neben uns gesetzt hatten. Emma kümmerte sich, wie so oft, überhaupt nicht darum.
»In Ordnung?!«, entgegnete sie unüberhörbar. »Der Sex war wirklich in Ordnung?! Meine Güte, Olivia! Wenn du das auch zu Mike gesagt hast, ist es kein Wunder, dass ihr nicht mehr zusammen seid.«
Um Emmas Ausführungen wieder auf eine akzeptable Lautstärke zu senken, gab ich mich rhetorisch geschlagen. »Der Sex war großartig. Zufrieden?«
»Noch nicht ganz. Dir fehlen schließlich die Vergleichswerte. Du gehörst wahrscheinlich auch zu diesen Menschen, die Blümchensex für das Größte halten und sich schon verrucht vorkommen, weil sei einmal anal ausprobiert haben.«
Ich war durchaus kein Kind von Traurigkeit. In unserer Anfangszeit waren Mike und ich manchmal ganze Tage miteinander im Bett geblieben, auch wenn sich irgendwann natürlich eine gewisse Routine eingestellt hatte. Schlimm war eigentlich nur sein Hang gewesen, es sofort für ein Kapitalverbrechen zu halten, wenn ich einmal nicht zum Orgasmus gekommen war. Dann durfte ich ein selbstzerfleischendes Kreuzverhör über mich ergehen lassen und musste ihm dutzendfach versichern, dass das nichts mit seinen Qualitäten als Liebhaber zu tun hatte. Ein zermürbender Prozess, zermürbend für ihn, aber genauso zermürbend für mich.
In gewisser Hinsicht stimmte ich Emma zu. Mike hatte sich nie auf den kunstvollen Tabubruch verstanden, wenig von der animalischen Gier einer Frau und ihren unausgesprochenen Bedürfnissen gewusst. Aber ich war nicht der Mensch gewesen, es ihm zu sagen.
»Für mich gehören Sex und Liebe eben zusammen. Ich kann das nicht so feinsäuberlich trennen wie du«, erklärte ich beherzt und wagte einen letzten Versuch, meine Position zu retten.
Doch Emma rammte teilnahmslos ihre Gabel in die Erbsen und entgegnete: »Du solltest anfangen, von deiner neugewonnen Freiheit Gebrauch zu machen, Olivia. Langweilig kannst du in sechzig Jahren immer noch sein. Jetzt bist du jung, hast ein hübsches Gesicht, einen knackigen Hintern, volle Brüste und nicht zuletzt einen Kopf, der mehr ist, als die Grundlage einer modischen Frisur. Stell dir vor, dass sich eine riesige Bibliothek vor dir auftut – da willst du doch auch nicht nur ein einziges Buch lesen, oder?«
Emma hatte unsere verbale Schlacht gewonnen, sie kannte mich inzwischen zu gut. Zufrieden lächelnd fasste sie ihr Weltbild zusammen: »Amüsier dich.«
***
Amüsier dich.
Ich musste an Emmas Worte denken, als ich wieder einmal zu spät bei »Haute Cuisine« ankam, einem Restaurant im Süden der Stadt, nicht ganz in der Oberklasse französischer Küche angekommen, aber doch auf einem sehr guten Weg.
Jules, mein direkter Vorgesetzter, beließ es diesmal nicht bei verärgerten Blicken, sondern hielt mir eine mehrminütige Ansprache, wie wichtig doch Pünktlichkeit für den reibungslosen Betrieb des Restaurants sei.
Ich verzichtete darauf, Jules zu erklären, dass ich gerade mitten in einer wichtigen schriftlichen Ausarbeitung steckte und diesen undankbaren und schlecht bezahlten Job lediglich machte, um mich knapp über dem Existenzminimum zu halten. Stattdessen ordnete ich meine Dienstkleidung – weiße Bluse, dunkler Rock –, setzte mein freundlichstes Lächeln auf und bediente die ersten Gäste. Es war Montagabend, nicht gerade die typische Zeit für den Besuch eines Vier-Sterne-Restaurants, die Tische waren kaum zu einem Viertel besetzt.
Die Stunden zogen sich.
Weniger Gäste bedeuteten weniger Trinkgeld, aber das gab mir auch die Möglichkeit, die Anwesenden genauer zu beobachten. Ich fragte mich, wer von den Herren wohl eine vorteilhafte Partie wäre und entschied mich schließlich für einen Mann, der allein im hinteren Teil des Restaurants saß. Seine körperliche Präsenz war überwältigend. Die Aura des Geheimnisvollen umgab ihn. In irgendwelchen Hollywood-Filmen wäre er ein Agent gewesen, von dem der Zuschauer lange Zeit nicht weiß, ob er gut oder böse ist. Genau diese Ambivalenz war es, die mich für ihn einnahm.
Fest entschlossen, das Beste aus der Situation zu machen, spielte ich ein wenig mit meinen Reizen. Ich bog den Rücken durch, streckte meine Brust vor und stöckelte so kunstvoll über den Parkettboden, wie es beladen mit einem mittelschweren Tablett nur möglich war.
Während ich am gegenüberliegenden Tisch die Bestellung eines älteren Ehepaars aufnahm, senkte ich meinen Oberkörper unnötig weit hinunter, vorgeblich, um den über 70jährigen die Empfehlung des Tages verständlich zu machen, aber eigentlich, weil ich meinem attraktiven Unbekannten einen tiefen Einblick in meinen Ausschnitt gewähren wollte.
Als ich mich wieder aufrichtete, sah ich kurz zu ihm hinüber. Aus seinen Augen sprach pures Begehren.
Den Höhepunkt meiner kleinen Vorstellung leitete ich mit einer Gabel ein, die ich – so ungeschickt aber auch! – fallen ließ und ganz langsam, mit durchgestreckten Beinen und einem Rock, der sich bei dieser Bewegung eng an meinen Hintern schmiegte, aufhob ... Es war unnötig, mich seiner Aufmerksamkeit zu versichern.
Abgesehen von vielsagenden Blicken blieb er vollkommen passiv. Weiter in die Offensive wollte ich nicht gehen, weniger aus einem Mangel an Mut heraus, sondern weil mir völlig unklar war, wie ich auf gesellschaftlich akzeptable Weise andeuten sollte, dass ich bereit war mit einem völlig fremden Mann ins Bett zu gehen.
Ich gab mein kleines Spiel bereits verloren, als er die Rechnung, übertrieben aufgerundet, bezahlte. Doch bevor ich nach dem gebrauchten Geschirr greifen konnte, um es zurück in die Küche zu tragen, spürte ich seine Finger an meinem Handgelenk. Sein Griff war entschlossen, aber nicht unangenehm. Er wusste sehr genau, was er tat.
»Wie lange müssen Sie heute noch arbeiten?«, fragte er gerade so laut, dass nur ich seine Worte verstehen konnte.
Die Farbe meines Gesichts wollte entschieden ins Rötliche übergehen, aber mit einer übermäßigen Anstrengung gelang es mir, ruhig und souverän zu wirken. »Weshalb interessiert sich ein Mann wie Sie für die Arbeitszeiten einer gewöhnlichen Kellnerin?«, gab ich kühl zurück, so kühl wie es in dieser Situation überhaupt möglich war.
Doch er durchschaute mich. »Weil Sie eben nicht nur eine gewöhnliche Kellnerin sind, sondern eine äußerst attraktive Frau, und seit etwa einer Stunde nichts unversucht lassen, mir das zu zeigen.«
Seine Worte klangen kraftvoll und überlegt, vermutlich war er es gewohnt, beruflich vor vielen Leuten zu reden.
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