Название: Familie Dr. Norden 730 – Arztroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Familie Dr. Norden
isbn: 9783740964245
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»Wie kommen Sie eigentlich mit Ihren Kollegen aus?«
»Es gibt keine Schwierigkeiten. Ich fühle mich in der Klinik eigentlich am sichersten, aber die Nächte, in denen ich nicht schlafen kann, rauben mir viel Kraft. Jetzt will ich Sie aber nicht länger aufhalten, Daniel. Sie haben doch noch andere Patienten.«
»Wendy meldet sich schon, wenn es unruhig wird«, erklärte Daniel, und er wagte dann noch eine Frage: »Hätten Sie gern Kinder, Emely?«
Sie sah ihn mit einem verlorenen Ausdruck an. »Jetzt nicht mehr. Es hat sich alles geändert. Es ist wie in der Natur. Werden und Vergehen. Auch Liebe kann sterben, wenn man gedemütigt wird. Ich bin nicht verrückt, nein, ich bilde mir das alles nicht ein. Es ist nur schwer, gegen einen unsichtbaren Feind zu kämpfen.«
»Sie dürfen sich nicht unterkriegen lassen, Emely. Sie müssen sich wehren.«
Sie nickte. »Das werde ich. Es hat mir gutgetan, mit Ihnen zu sprechen.«
»Fee würde sich sehr freuen, wenn Sie sie auch besuchen würden. Sie haben Freunde, auf die Sie sich verlassen können.«
Wendy war schon seit einer halben Stunde in der Praxis, aber sie konnte auch lautlos arbeiten, wenn niemand sie ärgerte. Es war ruhig an diesem Nachmittag, und sie hatte sich schon gedacht, daß Dr. Norden einen besonderen Patienten hatte. Sie gestattete sich einen langen, forschenden Blick auf Emely, die mit einem freundlichen Gruß an ihr vorbeiging, während Dr. Norden zu Wendy sagte, daß die Sprechstunde nun beginnen könne. »Bevor Sie sich Gedanken machen, Wendy, das war eine Kollegin«, erklärte er.
Mehr sagte er nicht, und so neugierig Wendy auch war, sie stellte keine Fragen.
Er mußte sich jetzt ganz auf andere, auch recht schwierige Patienten einstellen.
Er erlebte häufig genug, wie sehr persönliche Konflikte die Gesundheit beeinflussen konnten. Emely war gewiß kein Einzelfall.
*
Eigentlich hatte Emely ein paar Einkäufe tätigen wollen, aber sie war von dem Gespräch mit Daniel Norden so nachhaltig beeindruckt, daß sie keine Lust mehr auf einen Stadtbummel hatte. Sie besorgte nur einiges für ein Abendessen, das eine versöhnlichere Atmosphäre schaffen sollte, denn sie war entschlossen, ein klärendes Gespräch mit Jörn zu führen.
Das Angebot in dem Delikatessengeschäft war appetitanregend. Sie kaufte, was Jörn besonders mochte. Dabei kam ihr in den Sinn, wie unterschiedlich auch ihre Geschmacksrichtungen waren, und das nicht nur in Bezug aufs Essen. Es betraf auch Kleidung und sogar Musik, von der Wohnungseinrichtung ganz abgesehen. Es wurde Emely bewußt, wie sehr sie sich auf ihn eingestellt hatte, sich seinen Vorstellungen anpaßte. Wie hatte Dana einmal gesagt? Das ist keine Liebe, du bist ihm untertan, Emely. Ich finde das gar nicht gut.
Aber Dana war eben ganz anders. Erst gestern hatte Emely in einer Zeitschrift gelesen, daß Frauen eher auf ihren Mann verzichten würden als auf ihre beste Freundin. War es bei ihr etwa auch so? Nein, so war es bei ihr nicht, so unendlich wichtig war ihr Dana auch nicht. Aber wie war es mit Jörn? Konnte sie nicht auch ohne ihn auskommen?
Sie war entschlossen, einiges in ihrem Leben zu ändern. Sie mußte sich zur Wehr setzen gegen diese Feindseligkeiten aus dem Nichts, durch die sie zermürbt werden sollte. Aber wer konnte solches Interesse daran haben? Es mußte doch wohl einen Grund geben!
Sie fuhr jetzt heim, und wieder wurde sie von einem Angstgefühl gelähmt, als sie einen fremden Wagen vor ihrem Haus stehen sah. Es war ein ganz neues, flottes Cabrio.
Sollte Jörn sich diesen Wagen gekauft haben, ohne mit ihr darüber zu sprechen? Aber woher hatte er so viel Geld, denn billig waren diese Modelle nicht. Außerdem war er um diese Zeit nie zu Hause. Emely beruhigte sich mit dem Gedanken, daß ein Fremder zufällig hier parkte und in einem Haus gegenüber zu Gast war.
Als sie das Haus betrat, vernahm sie Stimmen, die aus dem Wohnraum kamen, es waren Jörns Stimme und die einer Frau, die Emely aber auch wohlbekannt war. Es war Danas Stimme.
»Ich werde jetzt gehen«, sagte sie. »Emely könnte mißtrauisch werden, wenn sie uns beide zusammen antrifft.«
»Ach was, sie bildet sich doch sowieso allerhand Schwachheiten ein.«
Sein spöttisches Lachen traf Emely wie Nadelstiche. Sie überlegte, was sie jetzt tun sollte. Einfach wieder verschwinden? Nein, es konnte ja sein, daß sie gerade aus dem Zimmer kamen. Sie faßten einen spontanen Entschluß, da sie gerade noch an der Haustür stand. Sie öffnete diese leise, ließ sie dann aber laut ins Schloß fallen. Man mußte es auch drinnen hören. Tatsächlich hatte sie den gewünschten Erfolg, wenngleich sie jetzt auch noch um Haltung kämpfte, um unbefangen zu wirken.
Dana erschien in der Tür. Sie war niemals schnell aus der Fassung zu bringen und begrüßte Emely überschwenglich.
»Da bin ich doch nicht umsonst gekommen«, sagte sie. »Ich habe so gehofft, daß du zu Hause bist, weil ich dich zu einer Spritztour mit meinem neuen Wagen einladen wollte. Du hast hoffentlich Lust dazu?«
Emely war es, als würde sie Dana, die sie doch schon seit der Schulzeit kannte, jetzt zum ersten Mal richtig sehen. War sie tatsächlich so naiv, so töricht, daß sie niemanden durchschaute, Jörn nicht und Dana auch nicht? Und wer mochte noch alles über sie gespottet haben, weil sie mit Scheuklappen durch die Welt gelaufen war?
»Es wird schon dunkel, und außerdem ist es mir zu kalt für ein Cabrio«, erklärte sie mit erzwungener Ruhe, aber sie merkte doch selbst, wie kühl auch ihre Stimme klang. »Ich kann auch keine Erkältung brauchen, es greift sowieso ein Virus um sich, der nicht ungefährlich ist. Willst du nicht lieber zum Abendessen bleiben, Dana? Ich habe leckere Sachen eingekauft.«
Es entging ihr nicht, daß Dana und Jörn schnell einen Blick tauschten.
»Warum nicht, wenn ich schon mal eingeladen werde. Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen.«
»Du warst doch ständig unterwegs«, stellte Emely fest.
»Das bringt mein Beruf mit sich. Ich war überrascht, Jörn zu Hause anzutreffen um diese Zeit.«
»Das bin ich allerdings auch«, erklärte Emely mit einem hintergründigen Lächeln. »Sonst ist er so früh nicht hier.«
»Du doch auch nicht«, sagte er sofort.
»Mein Dienstplan hat sich geändert«, erklärte Emely, »aber lassen wir den Beruf mal vor der Tür. Ich bin froh, wenn darüber nicht geredet wird.«
»Es scheint dir jedenfalls gutzugehen«, stellte Dana fest, aber irgendwie schien sie irritiert zu sein. »Hast du dich jetzt eingelebt?«
»Das kann man sagen. Also, bleibst du zum Abendessen? Es ist genug da.«
»Wenn es euch nichts ausmacht, bleibe ich gern.«
»Dann kannst du Jörn noch Gesellschaft leisten, während ich alles vorbereite.«
Es gab nicht viel vorzubereiten, aber sie konnte Zeit gewinnen, um sich ein Konzept zurechtzulegen, denn sie wollte sich keine Blöße geben, aber die beiden doch verunsichern. Das, was sie vorhin erlauscht hatte, gab ihr zu denken. Sie wunderte sich nur, daß sie sich nicht tiefer verletzt fühlte, aber der Hinterhältigkeit wollte sie sich doch gewachsen zeigen.
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