Название: DreamLust | 12 Erotische Stories
Автор: Kira Page
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Erotik Romane
isbn: 9783862775897
isbn:
Die Ampel sprang auf Grün und sie fuhr an. Es war schon seit vielen Stunden dunkel und Regen fiel. Bestimmt hatte ihre schlechte Stimmung auch etwas mit diesem trostlosen Wetter zu tun. Irgendwo hatte Stacey einmal einen Spruch aufgeschnappt. Er lautete sinngemäß: »Nichts auf dieser Welt ist so düster wie der Frühling in Chicago.« Wer auch immer sein Urheber war, er hatte es auf den Kopf getroffen.
Das Wetter in dieser Stadt war eine Zumutung. Die letzten Wochen waren nasskalt und grau gewesen. Die Sonne hatte sich rar gemacht. Man hatte kaum Licht gesehen. Die Häuserschluchten waren gefüllt mit Dunst, einer widerlichen Melange aus Abgasen und Nebel. Laut Kalender war angeblich Mai.
Das Wetter war aber nur eine Sache, ihr Job eine andere. Eigentlich wollte Stacey schon vergangenen Herbst für ein paar Wochen Urlaub machen, aber dann musste sie ein Projekt übernehmen und im Anschluss gleich noch eines. Stacey war Texterin in einer kleinen Werbeagentur. Diesen Job hatte sie inzwischen seit über zehn Jahren. Sie wurde immer noch beinahe wie eine Einsteigerin bezahlt, wickelte aber ganze Projekte im Alleingang ab. Erst vor zwei Tagen war ihr die Leitung für ein weiteres Projekt übertragen worden. Die Arbeit schien kein Ende zu nehmen und ihre Kraft ging langsam zur Neige. Heute hatte Stacey gute vierzehn Stunden in der Agentur zugebracht, und fertig war sie trotzdem nicht geworden. Sie würde am Wochenende noch ein paar Dinge erledigen müssen. Die Homepage des neuen Kunden musste begutachtet und ausgewertet werden. Es handelte sich um eine Softwarefirma. Sie bot Programme an, mit deren Hilfe man anonym im Internet surfen konnte.
Wieder musste Stacey auf die Bremse treten.
Sie steckte fest in einem Dunst aus Chicago, nichtssagenden Routinen, öden Alltäglichkeiten, Nieselregen, Nebel und roten Ampeln.
Zum Job-Stress und dem trostlosen Wetter kam noch etwas Drittes. Es war nur eine Kleinigkeit, nervte aber trotzdem. Kenneth MacLean hatte ihr die versprochene Flasche »Secret Sin« nicht zukommen lassen. Weder am Samstag, wie er es angekündigt hatte, noch an einem anderen Tag. Er hatte überhaupt nichts getan. Es gab keine Notiz in ihrem Briefkasten, keine Nachricht an ihrer Wohnungstür. Dieses Nichts war für Stacey eine eindeutige Botschaft: »Du interessierst mich nicht, Kleines.« In seiner Welt kam sie wahrscheinlich überhaupt nicht vor. Sie war allerhöchstens die kleine Miss Green, der er nebenbei im Treppenhaus zuzwinkerte, wenn er zu einer seiner Gespielinnen unterwegs war. Er war nicht einmal höflich genug, um sein Versprechen einzulösen.
Objektiv betrachtet war das natürlich völlig egal. Genaugenommen ärgerte sich Stacey weniger über Kenneth gebrochenes Versprechen, als vielmehr darüber, dass sie über ihn nachdachte und sich über ihn ärgerte. Am besten wäre es, die Geschichte einfach zu vergessen. Er konnte ihr gestohlen bleiben!
Die Ampel sprang auf Grün und Stacey fuhr an.
Der Verkehr floss zäh und stockend. In Chicago wollte man auf Partys oder in Tanzclubs. Es war bald Mitternacht und alle hatten etwas vor – die meisten vermutlich etwas Besseres als sie.
Inzwischen war sie schon eine gute halbe Stunde unterwegs. Trotzdem hatte sie nicht einmal den halben Nachhauseweg hinter sich gebracht. Und wieder eine rote Ampel! Stacey bremste und sah aus dem Fenster. Unweit von ihr stieg eben ein großer Mann aus seiner schwarzen Limousine. Es war Kenneth!
Ein Schalter legte sich in ihr um. Sie handelte, ohne nachzudenken. Als die Autos vor ihr anfuhren, zog sie nach rechts und stieß in eine Parklücke. Sie stieg aus und lief Kenneth nach. Ihr Nachbar schlenderte den Bürgersteig entlang. Seine Kleidung war wieder einmal komplett schwarz gehalten. Er passierte ein paar Restaurants und Kneipen, vor denen Menschen standen, um zu rauchen. Dann bog er in eine kleine Gasse ein. Stacey blieb stehen und beobachtete, wie Kenneth die Gasse entlangging. Sie war nur schwach beleuchtet, sodass sie den Mann in Schwarz bald nur noch schemenhaft erkennen konnte. Dicht vor einer Häuserwand blieb er stehen. Er schien einen Arm auszustrecken. Dann war er verschwunden. Dort musste eine Tür sein.
Stacey setzte ihre Verfolgung fort. Sie lief bis zu der Stelle, an der sich Kenneth ihrem Blick entzogen hatte. Tatsächlich: Da war eine Tür. Direkt daneben befand sich eine kleine Tastatur an der Wand. Ein Zahlenschloss, schlussfolgerte Stacey.
Plötzlich fiel ihr der kleine Zettel ein, den sie im Treppenhaus gefunden hatte. Sie kramte in ihrer Handtasche und fand ihn. Im schwachen Licht war es schwierig, die Zahlenkolonnen zu erkennen. Ihre Augen brauchten eine Weile, bis sie die Ziffernfolgen durchgegangen waren.
Ihr war immer noch nicht klar, warum sie ihrem Nachbarn nachgegangen war. Auch nicht, warum sie jetzt anfing, eine der beiden Zahlenkolonnen, die nicht durchgestrichen waren, in die Tastatur einzutippen ...
Ein kurzes mechanisches Knacken war zu hören und Stacey konnte die Tür aufdrücken. Warmes, angenehmes Licht flutete ihr entgegen. Sie betrat einen Raum, der wie die verkleinerte Lobby eines modernen Luxushotels wirkte. Der Boden war aus weißem Marmor. An den Wänden aus rauem Beton waren Leuchtröhren eingelassen, die von der Decke bis zum Boden reichten. Gegenüber der Tür, durch die Stacey hereingekommen war, stand eine junge Frau hinter einem Tresen aus mattem Glas. Sie trug ein dunkles Kostüm. Einige Meter rechts von dem Tresen ging ein Flur ab.
Stacey schaute zu der Frau, die sie freundlich, beinahe aufmunternd ansah.
»Guten Abend, Madam«, sagte die junge Frau, als Stacey vor ihr stand. Sie hatte einen leichten Akzent, den Stacey nicht zuordnen konnte. »Schön, dass Sie hier sind. Haben Sie einen speziellen Wunsch, was Ihr Kostüm angeht?«
»Mein Kostüm?«
»Ja, Madam. Ich meine Ihre Maske.«
»Ach natürlich«, sagte Stacey, als ob sie genau wusste, wovon die Rede war. »Meine Maske. Nun ...«
»Ich würde Ihnen Weiß ans Herz legen. Sie haben diesen schönen roten Lippenstift aufgelegt – da passt Weiß sehr gut.«
»Okay.«
Die Frau griff unter den Tresen und zog eine weiße Halbmaske hervor, wie Stacey sie auf Fotos vom Karneval in Venedig gesehen hatte. Sie bedeckte Augen und Nase und war am Rand mit kleinen weißen Federn geschmückt.
Stacey nahm sie, drehte sie einen Moment lang unschlüssig in ihren Fingern, setzte sie dann aber rasch auf. Die Maske hatte zwei Riemen, die sie fest anliegen ließen.
»Einen wunderschönen Abend, Madam«, sagte die Frau.
Stacey nickte und ging auf den Flur zu. Nach ein paar Metern führte er nach rechts. Stacey stand wieder vor einer Tür. Dahinter ging der Flur weiter. Auf der linken Seite war ein Vorhang zu sehen. Ihre Schritte stockten, als sie hörte, dass Stimmen und Stöhnen hinter dem Vorhang hervordrangen.
Langsam ging sie vorwärts, ergriff den Vorhang und zog ihn vorsichtig ein kleines Stück zur Seite.
Vor ihr tat sich ein großer Saal auf. Staceys Blick fuhr über zwei, drei Dutzend nackte Körper, die Dinge miteinander taten, die sie unmöglich tatsächlich tun konnten!
Sofort ließ sie den Vorhang fallen und taumelte ein paar Schritte rückwärts. Ihr Verstand prüfte, ob das, was sie gerade gesehen hatte, Einbildung war.
Nein, das war es nicht. Das passierte wirklich! In dem Saal lief eine Orgie ab – und alles, was zwischen dieser Orgie und Stacey lag, war dieser Vorhang.
Oh Gott, was habe ich hier bloß zu suchen?, dachte sie.
Langsam ging sie wieder vorwärts und riskierte einen weiteren Blick. Sie sah jetzt genauer hin. Es mussten СКАЧАТЬ