Название: Rockstar | Band 1 | Erotischer Roman
Автор: Helen Carter
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Rockstar Roman
isbn: 9783862772575
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Ivy sah nicht mehr hin. Wie in einen dichten Nebel gehüllt, trat sie in den Flur und tappte fast blind durch die Menge, bis sie den Ausgang gefunden hatte.
***
Kapitel 14
Sie hatte sich etwas vorgemacht. Ganz klar. Und er hatte sie verarscht. Ebenso klar. Nein, nicht ganz so klar ...
Was hatte er denn gesagt oder getan, dass sie so eifersüchtig auf das Mädchen reagierte, das er gevögelt hatte? Nichts! Er hatte sich Ivy gegenüber absolut tadellos benommen. Keine Andeutungen, nichts. Er war nett gewesen und höflich. Nur das mit dem nackt in der Garderobe herumlaufen – das war gelogen. Es war eine merkwürdige Art von Enttäuschung, die sie verspürte. Zumal ihr gravierendster Fehler darin bestanden hatte, sich zu ihm zu setzen, während er schlief. Das hatte ihren Gedanken einen Freiraum gegeben, der ihr nicht guttat. Niemals wäre es ihr in den Sinn gekommen, jene Traurigkeit »Liebeskummer« zu nennen, die sich ihrer an jenem Abend bemächtigt hatte. Auch war sie kein Teenager mehr, der in solcher Situation traurige Lieder hörte und leise weinte. Sie war eine erwachsene Frau.
Ivy beschloss, ihr Büro aufzuräumen. Es war immer gut, aktiv zu sein und nicht grübelnd in der Ecke zu sitzen. Sie begann mit dem Schreibtisch. Ablage. Mehrere Ordner schlug sie auf, lochte dann nach und nach die Unterlagen und heftete sie entsprechend ab. Der Zorn auf diese stupide Arbeit kompensierte die restlichen Gefühle hervorragend. Sie zog die untere Schublade ihres Schreibtisches auf und stockte in ihrer Bewegung.
Sein Hemd!
Es fühlte sich an, als drücke ihr jemand die Luft ab. Wie hatte sie nur vergessen können, es ihm bei dem Verbandwechsel zurückzugeben? In dem festen Vorsatz, es in einen Umschlag zu stecken und an sein Management zu schicken, nahm sie es heraus.
Für einen Moment überlegte sie, ob sie etwas dazu schreiben sollte, ließ es dann aber und schob es stattdessen, ohne einen Brief oder Zettel, in ein großes braunes Kuvert und klebte es zu. Sie hatte sogar dem Drang widerstanden, daran zu schnuppern.
Im Internet machte sie sich auf die Suche nach der Adresse seines Managements. Sie gab seinen Namen ein und wartete.
»Magic Mountain Music« – kurz »MMM«. Eine Adresse in Kensington. Eher instinktiv klickte sie auf das Bandlogo, hinter dem sich ein Link verbarg, der direkt zu ihrer Seite führte.
Armstrong ... Perfekte Fotos eines perfekten Körpers. Aufreizende Posen, so richtig für die weiblichen Fans gemacht. Bones mit freiem Oberkörper und wehendem Haar, eine Hand hinter seinem Gürtel. Die Band in Reih und Glied nebeneinander auf einem Acker. Sepiafarben mit kreisenden Raben über ihren Köpfen. Es waren offensichtlich verschiedene Fotografen, die da gearbeitet hatten, denn jedes Bild hatte seinen eigenen Stil.
Ivy notierte die Adresse auf dem Kuvert und drückte dann den Praxis-Stempel in die obere Ecke.
Er verrutschte, da der Inhalt weich war. Das hatte sie nicht bedacht und für einen Moment überlegte sie, ob sie es noch mal neu machen sollte. Doch dann entschied sie, dass dieser schlampige Umschlag sowieso weggeworfen würde. Es war also egal.
Jenny war bereits im Feierabend, deswegen legte sie das Kuvert einfach auf den Tresen. Jen würde ihn korrekt frankieren und mit der übrigen Post einwerfen.
Doch nun stand sie am Empfang und wusste nicht, was sie noch tun sollte. Sie legte die Hand auf das Kuvert und schob es nachdenklich hin und her. Dann, in einem plötzlichen Entschluss, griff sie danach und stopfte es in ihre Tasche. Sie löschte das Licht und verließ die Praxis.
Der Innenstadtverkehr hatte sich um diese Uhrzeit beruhigt. Ihr Navigationsgerät führte sie ohne Umwege nach Kensington. »MMM« befand sich in einem edwardianischen Reihenhaus mit cremefarbenen Säulen vor einer schwarz lackierten Tür.
Sie bog auf einen Parkplatz ein und scherte sich nicht um die kleinen Schilder an den jeweiligen Parkbuchten, die sie dem Inhaber eines bestimmten Nummernschilds zuwiesen. Umso überraschter war Ivy, als sie bemerkte, dass hinter einem Fenster noch Licht brannte. Ein ganz Unermüdlicher, dachte sie.
Ivy stieg aus. Es war so kalt, dass sie selbst für die wenigen Meter bis zum Briefkasten den Kragen ihrer Jacke hochschlug. Sie klappte den Deckel hoch und bekam Zweifel ... Der Schlitz war sehr eng. Also presste sie das Kuvert zusammen und drückte es gegen die Öffnung. Es ging nicht. Offensichtlich wurden größere Sendungen immer direkt im Büro abgegeben. Ivy wandte sich mit dem Rücken zur Tür und presste mit beiden Händen den Umschlag. Mit hochgezogenen Schultern, ihren Autoschlüssel unter eine Achsel geklemmt, kämpfte sie mit der Materie. So ging es nicht. Sie musste das Kuvert wieder ein Stück herausziehen. Wenn sie so weitermachte, war das Hemd in Fetzen, bis sie fertig war.
»Warum geben Sie mir den Umschlag nicht einfach?«
Ivy erstarrte zur Salzsäule, als der ihr nur allzu bekannte Bariton hinter ihr ertönte. Langsam senkten sich ihre Lider und sie fühlte sich wie ein ertapptes Schulmädchen. Tief durchatmend zog sie vorsichtig an dem arg mitgenommenen Umschlag und drehte sich dann zu Armstrong um, der groß und mächtig in dem dunklen Eingang stand.
»Dr. Newman?«, sagte er verblüfft.
»Ich wollte nur Ihr Hemd vorbeibringen ...«, erklärte sie hastig. »Es lag noch in der Praxis ...«
»Sie hätten es wegwerfen sollen ...«, sagte er mit noch tieferer Stimme.
»Aber wieso denn? Geben Sie es in die Reinigung ... Wäre doch schade um das schöne Hemd.«
»Es hat ein Loch. Das schöne Hemd.«
Es fühlte sich bizarr an, mit diesem hünenhaften Mann in der Dunkelheit zu stehen und kaum mehr als seine Umrisse erkennen zu können.
»Wer wollte Sie eigentlich umbringen?«
Ein kurzes Schütteln seines Kopfes. Haare berührten Ivy.
»Er wollte mich nur loswerden. Ach ... Ist ’ne bescheuerte Geschichte, in der ich nicht gerade gut wegkomme ...«
»Eine bescheuerte Geschichte, die Ihnen eine saubere Stichverletzung eingebracht hat ...«, ergänzte sie.
»Der Inder hat noch auf. Wollen wir uns ein Sandwich holen?« Er deutete auf die gegenüberliegende Straßenseite.
Das war eine Wendung, mit der Ivy nicht gerechnet hatte. »Nein, danke. Es ist spät und ich muss morgen früh raus.«
»Ach, kommen Sie, Doc. Ein Sandwich ... Kein Fünf-Gänge-Menu ...«
»Ein andermal«, sagte sie so schnell sie konnte, bevor sie es sich anders überlegte. Die Szene mit diesem Mädchen in seiner Garderobe stand noch zu lebhaft vor ihrem inneren Auge. Sie hatte keine Lust, sich von ihm zum Narren halten zu lassen. Also nickte sie ihm zu und ging zu ihrem Auto.
Kapitel 15
Als sie darauf wartete, sich in den fließenden Verkehr einfädeln zu können, sah sie ihn mit wehenden Haaren über die Straße rennen. Ein Wagen hupte, doch Armstrong ließ sich nicht stoppen. Dann verschwand er in der Tür des kleinen Ladens.
Ivy schaltete in den Rückwärtsgang und stieß zurück in die Parklücke. Dann schloss sie den Wagen СКАЧАТЬ