Название: Eine dunkle Geschichte
Автор: Оноре де Бальзак
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783955014636
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Alle beide kehrten, von Misstrauen ergriffen, um. Der Verwalter erriet den Grund, trotz der Gleichgültigkeit ihrer Mienen. Martha ließ sie die Büchse besehen, während Couraut bellte. Sie war überzeugt, dass Michu irgendeinen schlimmen Streich plante, und fast froh über den Scharfblick der Unbekannten. Michu warf seiner Frau einen Blick zu, bei dem sie erbebte. Dann ergriff er die Büchse und wollte eine Kugel in den Lauf stoßen. Er nahm die schlimmen Möglichkeiten dieser Entdeckung und Begegnung hin. Sein Leben schien ihm nichts mehr wert, und seine Frau begriff seinen verhängnisvollen Entschluss wohl.
»Sie haben wohl Wölfe hier?« fragte der junge Mann Michu.
»Wölfe sind überall, wo es Schafe gibt. Die Herren sind in der Champagne, und hier ist ein Wald. Aber wir haben auch Wildschweine, große und kleine. Wir haben von allem etwas«, sagte Michu mit spöttischer Miene.
Der Ältere wechselte einen Blick mit dem andern. Dann sagte er: »Ich wette, Corentin, dieser Mann ist mein Michu...«
»Wir haben noch keine Schweine zusammen gehütet«, sagte der Gutsverwalter.
»Nein, aber wir waren Vorsitzende des Jakobinerklubs, Bürger«, entgegnete der alte Zyniker. »Sie in Arcis, ich anderswo. Du hast die Höflichkeit der Carmagnole bewahrt, aber sie ist nicht mehr in Mode, mein Junge.«
»Der Park scheint mir recht groß. Wir könnten uns darin verlaufen. Wenn Sie der Verwalter sind, lassen Sie uns ins Schloss führen«, sagte Corentin in gebieterischem Tone.
Michu pfiff seinem Sohn und lud seine Büchse weiter. Corentin blickte Martha gleichgültig an, während sein Gefährte entzückt schien. Aber er bemerkte an ihr Spuren von Angst, die dem alten Wüstling entgingen. Hatte ihn doch selbst die Büchse erschreckt. Beider Wesen spiegelte sich vollkommen in dieser bedeutsamen Kleinigkeit. »Ich habe ein Stelldichein jenseits des Waldes«, sagte der Verwalter. »Ich kann Ihnen diesen Dienst nicht selbst leisten; aber mein Sohn wird Sie zum Schloss führen. Von wo kommen Sie denn nach Gondreville? Wohl über Cinq-Cygne?«
»Wir hatten wie Sie im Walde zu tun«, sagte Corentin mit unmerklicher Ironie.
»Franz!« rief Michu, »führe die Herren auf Fußwegen zum Schloss, damit man sie nicht sieht.
Sie gehen nicht auf der großen Straße ... Erst komm mal her!« setzte er hinzu, als er sah, dass die beiden Fremden ihm den Rücken gekehrt hatten und im Gehen leise miteinander sprachen.
Michu packte den Knaben und küsste ihn fast andächtig, mit einem Ausdruck, der die Befürchtung seiner Frau bestätigte. Es lief ihr kalt über den Rücken und sie blickte ihre Mutter mit tränenlosem Blick an, denn weinen konnte sie nicht.
»Geh!« sagte Michu zu seinem Sohne und blickte ihm nach, bis er ihn ganz aus den Augen verloren hatte.
Couraut bellte in der Richtung nach dem Pachthof Grouage.
»Oh, das ist Violette«, fuhr Michu fort. »Seit heute morgen kommt er zum drittenmal vorbei. Was liegt denn in der Luft? ... Genug, Couraut!«
Gleich darauf hörte man den kurzen Trab eines Pferdes. Violette ritt einen Klepper, wie ihn die Pächter in der Umgegend von Paris benutzen. Unter einem runden, breitkrempigen Hut erschien sein holzfarbenes, faltiges Gesicht noch finstrer als sonst. Seine grauen, boshaften, blitzenden Augen verrieten sein falsches Gemüt. Seine dürren Beine hingen in weißen, bis zum Knie reichenden Leinengamaschen ohne Steigbügel herab und schienen von dem Gewicht seiner groben, eisenbeschlagenen Schuhe gehalten zu werden. Über seinem blauen Kittel trug er einen groben, weiß- und schwarzgestreiften Wollmantel. Sein graues Haar fiel im Schöpfe in Locken herab. Dieser Aufzug, das graue Pferd mit den kleinen, kurzen Beinen, die Art, wie Violette daraufsaß, den Leib vorgeschoben, den Oberkörper zurückgelegt, die grobe, rissige, erdfarbene Hand, die einen elenden, angefressenen und schadhaften Zügel hielt, das alles verriet einen habsüchtigen, ehrgeizigen Bauern, der Land besitzen will und es um jeden Preis kauft. Sein Mund mit den bläulichen Lippen, der wie vom Messer eines Chirurgen gespalten war, die unzähligen Runzeln in Gesicht und Stirn hinderten das Spiel der Gesichtszüge, deren Umrisse allein Ausdruck hatten. Diese harten, feststehenden Linien schienen zu drohen, trotz des bescheidenen Wesens, das sich fast alle Landleute geben und unter dem sie ihre Erregung und ihre Berechnungen verbergen wie die Orientalen und die Wilden, die ihre unter unerschütterlichem Ernst verhehlen. Vom einfachen Tagelöhner hatte er es durch ein System zunehmender Niedertracht zum Pächter von Grouage gebracht und er setzte dies System noch fort, als er eine Stellung errungen hatte, die seine ersten Wünsche übertraf. Er wünschte dem Nächsten Böses, und zwar leidenschaftlich. Konnte er dazu beitragen, so tat er es gerne. Violette war ein erklärter Neidbold; aber bei all seinen Tücken blieb er in den Grenzen des Gesetzes und übte nicht mehr und nicht minder als eine parlamentarische Opposition aus. Er glaubte, sein Wohlstand hinge vom Ruin der andern ab, und alles, was über ihm stand, war für ihn ein Feind, gegen den jedes Mittel gut sein musste. Dieser Charakter ist unter den Bauern ziemlich verbreitet. Gegenwärtig lag ihm vor allem am Herzen, von Malin eine Verlängerung seiner Pacht zu erlangen, die nur noch sechs Jahre lief. Er war eifersüchtig auf den Wohlstand des Verwalters und passte ihm scharf auf. Die Leute der Gegend feindeten ihn wegen seiner Beziehungen zu den Michus an; doch in der Hoffnung, seine Pacht auf zwölf weitere Jahre verlängern zu lassen, spähte der schlaue Pächter nach einer Gelegenheit, der Regierung oder Malin, der Michu misstraute, einen Dienst zu leisten. Mit Hilfe des Wächters von Gondreville, des Feldhüters und einiger Holzhacker hielt Violette den Polizeikommissar von Arcis über Michas geringste Handlungen auf dem Laufenden. Dieser Beamte hatte vergebens versucht, Marianne, Michus Magd, für die Interessen der Regierung zu gewinnen; aber Violette und seine Getreuen erfuhren alles durch Gaucher, den kleinen Knecht, auf dessen Treue Michu sich verließ und der ihn doch für Kleinigkeiten, für Westen, Schnallen, baumwollene Strümpfe und Leckereien verriet. Violette schwärzte alle Handlungen Michus an, machte sie durch die unsinnigsten Unterstellungen zu Verbrechen, ohne dass der Verwalter etwas ahnte, obgleich er wusste, welche erbärmliche Rolle der Pächter bei ihm spielte, und sich einen Spaß daraus machte, ihn zum besten zu halten.
»Sie haben wohl viel in Bellache zu tun, dass Sie schon wieder da sind?« fragte Michu.
»Schon wieder! Das ist ein Vorwurf, Herr Michu ... Mit der Tonart kommen Sie mir nicht! Die Büchse da kannte ich bei Ihnen noch nicht ...«
»Sie stammt von einem meiner Felder, auf dem Büchsen wachsen«, entgegnete Michu. »Da, sehen Sie, wie ich sie säe.«
Der Verwalter nahm auf dreißig Schritt eine Schlangenblume aufs Korn und schoss sie glatt ab.
»Haben Sie diese Banditenwaffe, um Ihren Herrn zu beschützen? Er hat sie Ihnen wohl geschenkt?«
»Er ist extra aus Paris gekommen, um sie mir zu bringen«, antwortete Michu.
»Allerdings schwatzt man rings im Lande von seiner Reise. Die einen behaupten, er sei in Ungnade und ziehe sich von den Geschäften zurück. Die andern sagen, er wolle hier klar sehen ... Nun ja, warum kommt er denn, ohne ein Wort zu sagen, genau wie der Erste Konsul? Wussten Sie, dass er kam?«
»Ich stehe mich nicht so gut mit ihm, dass er mir etwas anvertraut.«
»So haben Sie ihn noch nicht gesehen?«
»Ich erfuhr seine Ankunft erst, als ich von meinem Rundgang im Walde zurückkam«, entgegnete Michu und lud seine Büchse wieder.
»Er hat nach Arcis geschickt, um Herrn Grévin zu holen. Sie werden etwas Tribun spielen.«
Malin war Tribunatsmitglied gewesen.
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