Die Frau von dreißig Jahren. Оноре де Бальзак
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Название: Die Frau von dreißig Jahren

Автор: Оноре де Бальзак

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783955013356

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СКАЧАТЬ so glänzende Einrichtung erwiesen hat ... Sie haben keine Mutter mehr?« fragte die alte Frau. Die Comtesse zuckte zusammen, dann hob sie sanft den Kopf und sagte: »Ich habe den Verlust meiner Mutter seit einem Jahre schon oft genug beklagt; aber ich habe das Unrecht begangen, der Abneigung meines Vaters gegen Victor, der ihn nicht zum Schwiegersohn wollte, kein Gehör zu schenken.« Sie sah die Tante an, und eine Regung von Freude tat ihren Tränen Einhalt, als sie den Ausdruck von Güte bemerkte, der auf diesem alten Gesichte lag. Sie streckte der Marquise ihre junge Hand hin, welche danach zu verlangen schien; und als sie einander die Hände drückten, verstanden sich die beiden Frauen ganz und gar. »Armes, verwaistes Kind!« sagte die Marquise. Das war ein letzter Lichtstrahl für Julie. Sie meinte die prophetische Stimme ihres Vaters zu vernehmen. »Sie haben so heiße Hände! Sind sie immer so?« fragte die alte Frau. »Ich hatte bis vor etwa acht Tagen immer Fieber«, antwortete sie. »Sie hatten Fieber und verbargen es mir?« – »Ich habe es schon seit einem Jahr«, sagte Julie mit einer gewissen verschämten Angst. »Dann ist also die Ehe für Sie bisher nur lauter Schmerz gewesen, meine liebe Kleine?« Die junge Frau wagte nicht, zu antworten, aber sie machte eine bejahende Bewegung, welche all ihre Leiden verriet. »Sind Sie denn unglücklich?« – »Ach nein, Tante, Victor liebt mich abgöttisch, und ich liebe ihn auch, er ist ja so gut!« – »Ja, Sie lieben ihn; aber Sie fliehen ihn, nicht wahr?« – »Ja ... bisweilen ... Er sucht mich zu oft.« – »Ist Ihnen in der Einsamkeit manchmal bange davor, dass er überraschend kommen könnte?« – »Ach ja, in der Tat, Tante. Aber ich bin ihm doch gut, ich versichere es.« – »Klagen Sie sich nicht insgeheim an, dass Sie es nicht verstehen oder nicht vermögen, seine Liebesfreuden zu teilen? Denken Sie nicht manchmal, dass die eheliche Liebe schwerer zu ertragen ist, als es eine verbotene Leidenschaft wäre?« – »Oh! das ist es«, brachte sie unter Tränen hervor; »Sie erraten ja alles, wo für mich alles Rätsel ist. Meine Sinne sind benommen, ich habe keine Gedanken, das Leben wird mir schwer. Meine Seele liegt unter dem Druck einer unerklärlichen Angst, die über meine Gefühle Erstarrung bringt und mich m einer beständigen Betäubung hält. Ich habe keine Stimme, mich zu beklagen, und keine Worte, meinem Kummer Ausdruck zu geben. Ich leide und schäme mich zu leiden, wenn ich Victor über das glücklich sehe, was mich zu Tode martert.« – »Kinderei, Albernheit das alles!« rief die Tante, deren abgezehrtes Gesicht von einem heitern Lächeln, dem Widerschein der Freuden ihrer Jugend, erhellt wurde. »Sie lachen also darüber?« rief die junge Frau verzweifelt. »Ich bin auch so gewesen«, gab die Marquise schnell zur Antwort, »jetzt, wo Victor Sie allein gelassen hat, sind Sie da nicht wieder zum jungen Mädchen geworden, ruhig, ohne Freuden, aber auch ohne Leiden?«

      Julie machte große, verwunderte Augen. »Also; Sie lieben Victor, nicht wahr, mein Engel? Aber Sie möchten lieber seine Schwester sein als seine Frau, und die Ehe bekommt Ihnen schlecht?« – »Nun ja, wirklich, Tante. Aber warum lächeln Sie?« – »Oh, Sie haben recht, liebes Kind. All das ist nicht lustig. Ihre Zukunft könnte von manch einem Unglück bedroht sein, wenn ich Sie nicht unter meinen Schutz nähme und wenn meine lange Erfahrung nicht die sehr unschuldige Ursache Ihres Kummers erraten könnte. Mein Neffe verdient sein Glück nicht, der Dummkopf! Unter der Regierung unseres vielgeliebten Ludwig XV. hätte eine junge Frau, die sich in einer ähnlichen Lage wie Sie befunden hätte, ihren Mann, der sich so wie ein wahrer Landsknecht aufführt, schnell genug bestraft. Der Egoist! Die Soldaten dieses kaiserlichen Tyrannen sind alle abscheuliche Ignoranten. Sie halten Brutalität für Galanterie; sie kennen die Frauen ebensowenig, wie sie lieben können; sie glauben, dass, wenn sie am Tage darauf in den Tod gehen, sie nicht nötig haben, am Abend vorher Rücksicht gegen uns zu üben. Früher verstand man beides: zu lieben und angemessen zu sterben. Ich werde ihn Ihnen erziehen. Ich werde diesem traurigen Missklang, der natürlich genug ist, ein Ende machen; sonst werdet ihr euch noch schließlich gegenseitig hassen und eine Scheidung wünschen, wenn Sie nicht schon vorher aus Verzweiflung gestorben sind.«

      Julie hörte ihrer Tante voller Erstaunen und Bestürzung zu, da sie Worte vernahm, deren Weisheit sie mehr ahnen als verstehen konnte. Sie war tief erschrocken, aus dem Munde einer Verwandten von reicher Erfahrung demselben Urteil, nur in etwas milderer Form, zu begegnen, das ihr Vater über Victor gefällt hatte. Es war, als hätte sie eine lebhafte Vorahnung ihres Geschicks und ahnte die Last des Unglücks, das sie niederdrücken würde; sie zerfloss in Tränen und warf sich der alten Dame mit den Worten in die Arme: »Seien Sie meine Mutter!«

      Die Tante weinte nicht; die Revolution hat den Frauen der alten Monarchie wenig Tränen übriggelassen. Die Liebe und später die Schreckenszeit haben sie mit dem jähen Wechsel von Glück und Unglück vertraut gemacht, so dass sie inmitten der Gefahren des Lebens eine kühle Würde wahren und ihre aufrichtige, aber keineswegs überströmende Zuneigung niemals die Grenzen der Etikette überschreitet, und sie haben einen Adel der Haltung, über den sich die heutigen Sitten zu Unrecht hinwegsetzen. Die Marquise nahm die junge Frau in ihre Arme und küsste sie mit einer Zärtlichkeit und Anmut, die oft mehr in den Manieren und Gewohnheiten als im Herzen jener Frauen begründet sind, auf die Stirn; sie liebkoste ihre Nichte mit sanften Worten, verhieß ihr eine glückliche Zukunft, wiegte sie mit Liebesverheißungen ein und half ihr beim Zubettgehen, als ob sie ihre Tochter wäre, eine geliebte Tochter, deren Hoffnungen und Kummer sie teilte. Sie sah sich in ihrer Nichte wieder jung, unerfahren und schön. Die Comtesse schlief ein, beglückt, eine Freundin gefunden zu haben, eine Mutter, der sie künftig alles würde sagen können. Am nächsten Morgen, als sich Tante und Nichte mit tiefer Herzlichkeit und dem gegenseitigen Einverständnis begrüßten, das von einem gewachsenen Gefühl, einem vollkommeneren Zusammenklang der Seelen zeugt, vernahmen sie Pferdegetrappel, wandten beide zugleich den Kopf und sahen den jungen Engländer, seiner Gewohnheit gemäß, langsam vorüberreiten. Er schien das Leben der beiden einsamen Frauen gewissermaßen studiert zu haben, denn er verfehlte nie, sich während ihres Frühstücks und Abendessens einzufinden. Sein Pferd verlangsamte den Schritt schon von selber. Während er an den beiden Fenstern des Speisesaals vorbeikam, warf er einen melancholischen Blick hinein, der von der Comtesse, die ihm keine Aufmerksamkeit schenkte, nur verächtlich aufgenommen wurde. Die Marquise hingegen, die an die armselige Neugier, die man zur Belebung des Provinzlebens an die geringfügigsten Dinge heftet und der sich auch die überlegeneren Menschen nicht ganz erwehren können, gewöhnt war, amüsierte sich über die schüchterne, ernsthafte Liebe, die der Engländer auf eine so schweigsame Weise ausdrückte. Sein regelmäßiges Heraufsehen war ihr wie zur Gewohnheit geworden, und sie machte jeden Tag mit neuen Scherzen auf Arthurs Vorbeireiten aufmerksam. Als sie sich zu Tisch setzten, blickten die beiden Frauen gleichzeitig auf den Engländer. Die Augen Julies und Arthurs begegneten sich diesmal mit einer solchen gefühlsmäßigen Bestimmtheit, dass die junge Frau errötete. Der Engländer trieb sein Pferd an und sprengte davon.

      »Was ist da bloß zu tun?« sagte Julie zu ihrer Tante. »Für die Leute, die diesen Engländer vorbeikommen sehen, bin ich unzweifelhaft...« – »Ja«, unterbrach die Tante sie. – »Nun, könnte ich ihm nicht sagen lassen, er möchte anderswo spazierenreiten?« – »Damit würde man ihm ja zu verstehen geben, dass man ihn für gefährlich hält. Und übrigens kann man ihm doch nicht verbieten, zu reiten, wo es ihm beliebt. Wir werden morgen nicht mehr in diesem Zimmer essen; wenn uns der junge Herr nicht mehr sieht, wird er davon abstehen, Sie durch das Fenster zu lieben. Das ist die Art, mein liebes Kind, wie sich eine Frau der guten Gesellschaft benimmt.«

      Doch Julies Unglück sollte vollkommen werden. Kaum waren die beiden Frauen vom Tisch aufgestanden, als der Kammerdiener Victors plötzlich anlangte. Fr war in fliegender Eile auf Umwegen von Bourges hergekommen und brachte der Comtesse einen Brief ihres Mannes. Victor, der den Kaiser verlassen hatte, zeigte seiner Frau den Sturz des Kaiserreichs und die Einnahme von Paris an und berichtete von dem Enthusiasmus, der in allen Teilen Frankreichs zugunsten der Bourbonen ausgebrochen war. Doch da es schwer sein werde, bis Tours vorzudringen, bat er sie, schleunigst nach Orléans zu kommen, wo er hoffte mit Pässen für sie versehen zur Stelle zu sein. Der Diener, ein alter Soldat, sollte Julie von Tours nach Orléans begleiten, welche Strecke Victor noch für passierbar hielt.

      »Madame, Sie haben keinen Augenblick zu verlieren«, sagte der Alte, »die Preußen, die Österreicher und die Engländer werden sich in Blois oder Orléans zusammenziehen ...«

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