Название: DSA 128: Der Pfad des Wolfes
Автор: Alex Spohr
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Das Schwarze Auge
isbn: 9783868896497
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Druan vertraute Daraghs Urteil. In Ged steckte ein Brenoch-Dûn, doch er hatte noch viel zu lernen.
»Verzeiht mir bitte. Ich dachte, ich hätte im Feuer ein schlimmes Omen gesehen. Die Ahnen waren aufgeregt, vielleicht sogar erzürnt«, entschuldigte sich der junge Bursche.
»Aufgeregt warst nur du. Die Ahnen waren tatsächlich heute Nacht hier, aber im Moor. Druan wandelte auf dem Pfad des Wolfes, und der Madadh hat ihn erhört. Er ist nun ein Durro-Madadh-Dûn.«
»Ich beglückwünsche dich, Druan bren Anargh! Du hast es verdient.«
»Danke, Gedwed. Ich habe den Großen Wolf gesehen, doch ich verstehe nicht alles, was er mir gesagt hat. Die Geisterwelt ist ein Ort, wo deine Sinne dich trügen können. Ich hoffe, dass ich für Mortakh und den Madadh Ehre erlangen werde. Doch nun will ich schlafen, ich bin müde wie noch nie zuvor in meinem Leben. Eine Erschöpfung meines Geistes, nicht meines Körpers.«
Ged hatte bereits die Schlafstätten vorbereitet. Sowohl Druan als auch Daragh legten sich auf ihre Felle und waren kurze Zeit später eingeschlafen. Ged weilte noch länger am Feuer und starrte in die Flammen, denn was er dort gesehen hatte, beunruhigte ihn trotz Daraghs Worten noch immer.
***
Als sich Dharra am nächsten Tag wieder zeigte, fühlte sich Druan nicht mehr ganz so müde. Während der Brenoch-Dûn und sein Schüler noch schliefen, machte er sich auf den Weg zum Fluss.
Das Haerad war bereits erwacht, und die ersten Gjalsker kamen verschlafen aus ihren Häusern. Nur diejenigen, die sich um die Tiere kümmern mussten oder Wache gehalten hatten, waren schon oder immer noch auf den Beinen.
Druan erblickte Harun bren Meku, den stillen Jäger. Er war ein paar Jahre älter als Druan und galt als einer der besten Jäger Mortakhs. Gerade rüstete er sich zur täglichen Jagd, so wie er es immer machte. Meist kehrte er mit Beute zurück, bevor Sindarras Auge am Himmel verschwand. Druan sah ihn des Öfteren in den Wäldern, denn Harun unternahm manchmal weite Streifzüge. Wenn die Jagd die Mortakher in die Ferne führte, war er meist einer von jenen, die die Führung übernahmen. Manchmal zogen die Jäger sogar bis nach Rayyadh, einem weiter östlich gelegenen Haerad. Von dort stammte Haruns Frau Griwer brai Hasda. Sie war eine gemütliche Frau, die ihren Mann immer auf den Reisen nach Rayyadh begleitete, um ihre Familie zu besuchen und im Auftrag des Yaldings von Mortakh mit den Rayyadhern zu verhandeln.
»Guten Morgen, Harun. Gehst du auf die Jagd?«
Der stille Harun wirkte geistesabwesend, doch als er Druan ansah, lächelte er. »Ja.«
»Geht es nach Rayyadh mit den anderen, oder gehst du allein auf Jagd?«
»allein.«
Druan galt als jemand, der nur das sagte, was notwendig und wichtig war. In der Wildnis sprach er manchmal viele Tage mit keinem Menschen. Aber Harun wurde nicht umsonst der Stille genannt, neben ihm musste Druan als wortgewandt angesehen werden.
»Wann brichst du denn mit Griwer nach Rayyadh auf? Es müsste ja bald wieder so weit sein?«
»Griwer ist bei unserem letzten Besuch bei ihrer Familie geblieben. Ich hole sie bei der nächsten Reise wieder ab.«
Druan verstand. Harun war deshalb so wortkarg, weil er seine Frau vermisste. Vor drei Jahren hatte sie den Herzensbund mit ihm geschlossen. Sie war eine gute Frau und machte sich im Haerad sehr nützlich. Ihre Hände waren geschickt beim Korbflechten, darin war sie von allen Bewohnern des Haerad am besten. Harun sah man an, dass er sie vermisste.
»Dann viel Erfolg bei der Jagd, und möge Ifrunn deine Pfeile sicher zu ihrem Ziel führen.«
Harun nickte, und Druan ging weiter in die Richtung des Tors. Gaschnig und die andere Nachtwache waren bereits abgelöst worden.
Druan ging schnellen Schrittes zum Fluss. Der Tag war mild und freundlich. Unterwegs erblickte er einige andere Mortakher, denn nicht alle lebten innerhalb der Palisade. In der Umgebung des Haerad gab es mehrere kleine Höfe. Die Schaf- und Rinderhirten hatten ihre Tiere aus den Ställen gelassen und ließen sie in der Umgebung grasen. Druan kam auch an den Rübenfeldern vorbei und sah, wie sich die dort ansässige Bauernfamilie fleißig um die Ernte kümmerte. Er winkte ihnen kurz zu, und sie grüßten zurück. Unweigerlich kam ihm eine Situation aus seiner Kindheit in den Sinn, als seine Mutter ihn mit Rübenbrei hatte füttern wollen. Aber die orangefarbene Masse war nichts für ihn, damals wie heute, und so hatte er sie wieder ausgespien. Ihn erfreute ein Hasenbraten oder ein Stück Keule vom Wildschwein weitaus mehr.
Als er endlich am Fluss angekommen war und auf einer kleinen Erhebung stand, sah er, dass bereits jemand im Wasser war: Caltha, die Tochter des Yalding, des Häuptlings von Mortakh. Sie war eine gutaussehende Frau mit roten Haaren, und sie würde Yaldingra werden, sobald ihr Vater Marzagh in Zwanfirs Reich einkehrte. Schon jetzt galt sie als die klügste Frau von ganz Mortakh, sie besaß Weitsicht und Mut und konnte sowohl gut mit den anderen Haeradi als auch mit den Nivesen und Norbarden verhandeln.
Sie wusch sich gerade, hatte ihre Kleidung am Ufer des Flusses abgelegt und Druan den Rücken zugewandt. Er wollte gerade weitergehen und sich eine etwas weiter entfernte Stelle suchen, als sie ihn bemerkte und sich umdrehte. Im ersten Augenblick war sie wohl überrascht, doch dann lächelte sie und sah Druan freundlich an. »Guten Morgen.«
»Guten Morgen, Caltha brai Marzagh.«
»Du bist früh auf. Gaschnig erzählte mir, dass du deine Krallessa bestanden hast. So bist du nun also ein Durro-Dûn. Bist du letzte Nacht wirklich deinem Odûn begegnet?«
»Ja, ich sah den Madadh, und ich sprach mit ihm. Ich spüre auch, dass er mich berührt hat. Doch ich kann noch nicht sagen, wie ich seinen Willen erfülle.«
»Bestimmt wird dir der Wolf bald offenbaren, was er von dir möchte. Habe Geduld.«
Druan und Caltha waren im gleichen Alter. Sie und Savia waren von allen Frauen in Mortakh die begehrtesten. Doch obwohl sie ebenso schön wie klug war, interessierte sich Druan nicht für sie.
In diesem Moment entdeckte er auf der anderen Seite des kleinen Flusses eine Gestalt. Bartakh.
Der Tierkrieger starrte Druan finster an, seine kleinen Augen blitzten ihn förmlich an und seine Mundwinkel zuckten, was Druan an der Bewegung seines Bartes erkennen konnte.
Bartakh sah aus, als wolle er ihm am liebsten eine Branndori, eine Blutfehde, ankündigen. Jeder im Haerad wusste, dass Bartakh und Caltha einander liebten. Sie hatten sich schon lange gefunden, allerdings noch keinen Herzensbund geschlossen, was viele junge Mortakher dazu veranlasste, sich insgeheim doch noch Hoffnungen zu machen. Doch Bartakh war überaus eifersüchtig, und offensichtlich hatte Druan diese Eifersucht gerade geweckt.
»Ja, so wird es sein. Ich muss los, Caltha.« Er verabschiedete sich eilig von der Tochter des Yaldings, die ihm verständnislos hinterherblickte. Sie war es nicht gewohnt, dass man ein Gespräch mit ihr so abrupt beendete. Doch als sie sich umschaute, bemerkte sie den nun langsam am Ufer entlanggehenden Bartakh und ahnte, warum Druan die Flucht ergriffen hatte.
Ein Stück weiter erreichte Druan eine andere Stelle, die sich für ein Bad eignete. Gerade wollte er sich entkleiden, da sah er, dass ihm schon wieder jemand zuvorgekommen war. Einige Schritte weiter weg stand Savia und entledigte sich gerade des Haarbandes, das ihre blonden СКАЧАТЬ