Название: Edgar Wallace: 69 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Band
Автор: Edgar Wallace
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027204168
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Bis Ashford schlief er ein wenig und stieg dann aus dem Zug, der hier einige Minuten Aufenthalt hatte. Er aß am Eisenbahnbüfett eine Kleinigkeit und kaufte sich rasch eine Zeitung.
Es war die neueste Morgenausgabe, die mit großen Schlagzeilen von dem Ende der Fälscherbande berichtete.
Helder biß die Zähne zusammen, als er seinen Namen las. Und dann erschrak er – das Motorboot war von einem Küstenwachschiff aufgefischt worden, und die Polizei kombinierte richtig, daß die drei Verbrecher wieder aufs Festland zurückgekehrt waren.
Alle Zugs wurden überwacht, sämtliche Kanalhäfen kontrolliert – jetzt war seine Lage katastrophal.
Während er versuchte, zu einem Entschluß zu kommen, hielt ein Zug nach London vor seiner Nase. Er faßte es als einen Fingerzeig des Schicksals auf und stieg ein, obwohl er wußte, daß der Zug erst am Waterloo-Bahnhof halten würde.
Seine ganze Hoffnung bestand darin, daß die Polizei ihre Aufmerksamkeit wahrscheinlich eher auf die Züge konzentrierte, die nach den Küstenstationen fuhren.
Das Glück blieb ihm treu. Der Bahnhof wurde zwar von einem halben Dutzend Kriminalbeamten bewacht, aber keiner entdeckte ihn.
Mit der Untergrundbahn fuhr er quer durch London und erreichte High Gate. Hier kaufte er verschiedenes ein, vor allem einen Koffer und einen zweiten Anzug. Mit diesen Sachen fuhr er wieder nach Südlondon zurück und stieg dort in einen Vorortzug Richtung Sydenham. In einem leeren Eisenbahnabteil wechselte er seine Kleider und veränderte mit einer dicken Hornbrille sein Aussehen so sehr, daß man ihn kaum wiedererkennen konnte.
Wentworth Gold und ganz Scotland Yard waren ihm auf den Fersen. Er wußte, daß seine Chancen hundert zu eins standen.
Am Nachmittag um fünf Uhr wurden Tiger Brown und Clinker in Brentford verhaftet. Bei ihrem Verhör kam wenig heraus, was die Polizei nicht schon wußte. Natürlich hatten sie keine Ahnung, wohin Helder flüchten wollte.
»Ich möchte wetten, daß er in London war«, erklärte Gold. »Wir müssen jetzt nur aufpassen, daß er sich nicht wieder bis zur Küste durchschlägt.«
Helder ging sehr geschickt vor. Er benützte nie einen Schnellzug, sondern entfernte sich durch kleine Fahrten mit Vorortzügen immer weiter von der Hauptstadt. Mit einem Bummelzug erreichte er Reading, führ dann nach Fishguard und kam gerade Zur rechten Zeit in diesem Hafenort an, um noch den Dampfer nach Irland zu erreichen.
Wieder erkannte ihn niemand, als er an Bord ging. Zwei Kriminalbeamte, die die einsteigenden Passagiere beobachteten, wendeten gerade im richtigen Moment ihren Verdacht einem völlig unbescholtenen Reisenden zu.
Dann aber ließ Helder das Schicksal, das ihm bisher immer noch weitergeholfen hatte, endgültig im Stich. Die Art und Weise, wie er verhaftet wurde, waren ein Witz, den jeder spaßig fand – außer Helder selbst.
Gold wurde in den frühen Morgenstunden durch ein Telegramm geweckt, das ihm von Scotland Yard gesandt worden war. Es lautete kurz: »Helder in Queenstown verhaftet.«
Gold nahm den nächsten Zug und traf am Vormittag in der Hafenstadt ein. Auf der Polizeiwache wurde er bereits erwartet, und man führte ihn sofort in eine Zelle, in der Helder mit resigniertem Gesichtsausdruck auf einer Pritsche hockte.
»Na, Gold, jetzt haben Sie mich also doch erwischt!«
Gold nickte.
»Ich habe es Ihnen vorausgesagt.«
Helder lachte bitter.
»Hat man Ihnen schon erzählt, wie man mich verhaftete?«
»Nein«, entgegnete Gold erstaunt. Er wunderte sich, daß der Gefangene ausgerechnet darauf zu sprechen kam. Helder lehnte sich zurück, steckte die Hände in die Taschen und sah an Gold vorbei auf die Gitterstäbe des Fensters.
»In einem Reisebüro kaufte ich mir eine Schiffskarte nach Amerika«, sagte er. »Unter den Banknoten, mit denen ich bezahlte, war auch eine Fünfpfundnote. Mein Geld war echt, und ich dachte schon, ich hätte es geschafft, als man mir die Schiffskarte aushändigte – doch an der Tür verhaftete mich ein Kriminalbeamter.«
»Nun ja, man hat Sie sicher erkannt«, meinte Gold.
»Nein, das war es nicht«, entgegnete Helder mit erstickter Stimme. »Aber die Fünfpfundnote, mit der ich bezahlte, war gefälscht.«
»Aber Sie haben doch niemals Fünfpfundnoten gefälscht!«
»Nein, das ist es ja gerade. Gefälscht hat sie irgendein anderer – ein Stümper! Und ich habe sie zufällig in die Hand bekommen!«
23
Mrs. Verity Bell saß auf der breiten, sonnenüberfluteten Terrasse des Hotels ›Cecil‹ beim Frühstück. Vor ihr lag Gibraltar, ein großer grauer Felsblock, links zog sich die sanft gewellte Hügelkette des spanischen Festlandes hin, und hinter ihr schlossen die weißen Häuser von Tanger das Panorama ab.
Verity war glücklich. In den letzten drei Monaten hatte sie ein Leben geführt, wie sie es früher nur aus Romanen gekannt hatte. Sie war in der Schweiz gewesen, in Italien, Spanien und Ägypten – und was in der Zukunft vor ihr lag, würde genauso sorgenlos und schön sein.
Schritte näherten sich, und als sie sich umwandte, stand Comstock vor ihr.
»Hallo, schon so früh auf?«
Sie lächelte ihn an, und er setzte sich ihr gegenüber an den Tisch.
»Das Frühstück kommt gleich«, sagte er. »Hast du Hunger? Diese Hitze schon am frühen Morgen verschlägt mir jedesmal den Appetit.«
Sie blickte ihn besorgt an.
»Du bist doch nicht etwa krank?« fragte sie ängstlich.
»Aber keine Spur!«
»Der Portier hat mir erzählt«, erklärte sie hastig, »daß in Tanger eine Typhusepidemie ausgebrochen ist. Glaubst du nicht, daß es besser wäre, wenn wir gleich abreisten?«
Er schüttelte lachend den Kopf.
»Mach dir doch keine Sorgen um mich! Paß nur auf dich selber auf – hm, allerdings – ich möchte nicht, daß du dich ansteckst. Das wäre entsetzlich!«
Plötzlich war er ernst geworden und schaute sie unruhig an.
Sie mußte laut lachen, und er stimmte ein, als er das Humorvolle der Situation erkannte.
Ein Kellner brachte auf einem Tablett die Post, und Comstock schaute sie flüchtig durch. Einen Brief, auf dem er die Handschrift Wentworth Golds erkannte, öffnete er und überflog ihn schnell.
»Gib es etwas Neues?« fragte sie.
»Ja СКАЧАТЬ