Gesammelte Werke von Dostojewski. Федор Достоевский
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Название: Gesammelte Werke von Dostojewski

Автор: Федор Достоевский

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9788027204205

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СКАЧАТЬ noch unglücklicher zu machen. Mit einem Worte, lieber Rodja, dieser Brief war so edel und rührend geschrieben, daß ich nur so geschluchzt habe, als ich ihn las, und ihn noch jetzt nicht ohne zu weinen lesen kann. Außerdem wurden zu Dunjas Rechtfertigung schließlich auch noch die Zeugenaussagen der Dienstboten bekannt, die von der Sache weit mehr gesehen und erfahren hatten, als Herr Swidrigailow selbst ahnte, wie das ja immer so geht. Marfa Petrowna war völlig perplex und, wie sie uns selbst gestand, ›zum zweiten Male tödlich überrascht‹; aber sie war nun von Dunjas Schuldlosigkeit völlig überzeugt, und gleich am andern Tage, es war ein Sonntag, fuhr sie geradeswegs nach dem Dom und flehte auf den Knien unter Tränen die Muttergottes an, sie möchte ihr Kraft verleihen, diese neue Prüfung zu ertragen und ihre Pflicht zu erfüllen. Darauf kam sie direkt aus der Kirche, ohne vorher sonst jemand besucht zu haben, zu uns gefahren, erzählte uns alles, weinte bitterlich, umarmte Dunja in aufrichtiger Reue und bat sie herzlich, ihr zu verzeihen. Noch an demselben Morgen ging sie, ohne zu zögern, gleich von uns in allen Häusern der Stadt umher und bezeugte überall in Ausdrücken, die für Dunjetschka höchst schmeichelhaft waren, unter Tränen deren Schuldlosigkeit, edle Gesinnung und anständiges Benehmen. Und damit noch nicht zufrieden, zeigte sie allen Dunjas eigenhändigen Brief an Herrn Swidrigailow, las ihn ihnen vor und gestattete sogar, Abschriften davon zu machen (was meines Erachtens denn doch des Guten zuviel war). Auf diese Art hatte sie mehrere Tage hintereinander bei allen Leuten in der Stadt Besuche zu machen, da manche sich gekränkt fühlten, weil sie hinter andern zurückgesetzt würden; es wurde daher eine bestimmte Reihenfolge festgesetzt, so daß sie in jedem Hause schon im voraus erwartet wurde und alle vorher wußten, daß an dem und dem Tage Marfa Petrowna in dem und dem Hause diesen Brief vorlesen werde, und zu jeder solchen Vorlesung sogar auch diejenigen wieder mit zusammenkamen, die den Brief bereits einige Male teils bei sich zu Hause, teils bei andern Bekannten, die an der Reihe gewesen waren, gehört hatten. Nach meiner Ansicht war hierbei vieles, sehr vieles überflüssig; aber das liegt nun einmal so in Marfa Petrownas Wesen. Jedenfalls hat sie Dunjetschkas Ehre vollständig wiederhergestellt, und die ganze abscheuliche Sache blieb nun als unauslöschlicher Schandfleck auf ihrem Manne als dem einzig Schuldigen haften, so daß er mir sogar leid tat; man ging mit diesem verdrehten Menschen gar zu streng ins Gericht. Dunja erhielt sofort aus mehreren Häusern die Aufforderung, dort Privatstunden zu geben; aber sie lehnte es ab. Überhaupt benahmen sich nun auf einmal alle Leute gegen sie außerordentlich respektvoll. Durch alle diese Vorgänge wurde auch das unerwartete Ereignis ganz wesentlich mit herbeigeführt, das jetzt, man kann wohl sagen, einen Umschwung in unserm ganzen Schicksal hervorruft. Wisse also, lieber Rodja, daß Dunja einen Heiratsantrag erhalten hat und daß sie bereits ihr Jawort gegeben hat, was ich mich beeile Dir mitzuteilen. Und obwohl die Sache ohne Deinen Beirat abgeschlossen ist, so wirst Du, wie ich hoffe, dies doch weder mir noch Deiner Schwester übelnehmen, da Du selbst aus dem Hergange ersehen wirst, daß es uns unmöglich war, zu warten und die Entscheidung bis zum Eintreffen eines Briefes von Dir hinauszuschieben. Auch hättest Du ohne persönliche Anwesenheit in der ganzen Angelegenheit kein sicheres Urteil haben können. Die Sache hat sich also folgendermaßen zugetragen. Er ist schon Hofrat, heißt Pjotr Petrowitsch Lushin und ist ein entfernter Verwandter von Marfa Petrowna, die bei seinem Entschlusse stark mitgewirkt hat. Er begann damit, daß er uns durch ihre Vermittlung seinen Wunsch ausdrückte, mit uns bekannt zu werden; er wurde empfangen, wie es sich schickt, trank bei uns Kaffee und schickte uns gleich am nächsten Tage einen Brief, in dem er in höflichster Form um Dunjas Hand anhielt und um eine baldige und bestimmte Antwort bat. Er ist ein sehr erfahrener, vielbeschäftigter Mann und hat es jetzt eilig, nach Petersburg zu reisen, da ihm jede Minute kostbar ist. Natürlich waren wir zuerst sehr überrascht, da dies alles so schnell und unerwartet gekommen war, und haben einen ganzen Tag lang überlegt und erwogen. Er ist ein solider Mann mit sicherem Auskommen, bekleidet zwei amtliche Stellungen und besitzt bereits eigenes Vermögen. Freilich ist er schon fünfundvierzig Jahre alt; aber er hat ein ganz angenehmes Äußeres und kann einer Frau noch recht wohl gefallen. Und überhaupt ist er ein sehr gesetzter, anständiger Mann, nur etwas mürrisch und, ich möchte fast meinen, hochmütig. Aber vielleicht scheint das auch nur so beim ersten Anblicke. Und so möchte ich denn auch Dich, lieber Rodja, im voraus bitten: wenn Du in Petersburg seine Bekanntschaft machst, was sehr bald der Fall wird, dann urteile nicht zu schnell und hitzig, wie das Deine Art ist, falls Dir auf den ersten Blick etwas an ihm nicht zusagen sollte. Ich sage das nur für den möglichen Fall, wiewohl ich überzeugt bin, daß er auf Dich einen angenehmen Eindruck machen wird. Überhaupt muß man, um irgendwen zutreffend zu beurteilen, ihm allmählich und vorsichtig nähertreten, um nicht in Irrtümer und vorgefaßte Meinungen zu verfallen, die sich später nur schwer berichtigen und ablegen lassen. Pjotr Petrowitsch ist, wenigstens nach vielen Anzeichen, ein sehr achtungswerter Mann. Gleich bei seinem ersten Besuche erklärte er uns, daß er auf dem Boden der Tatsachen stehe, in manchen Punkten aber, wie er sich selbst ausdrückte, ›die Anschauungen unsrer jüngeren Generation‹ teile, und daß er ein Feind aller Vorurteile sei. Er sprach auch sonst noch vielerlei; denn er scheint ein bißchen selbstgefällig zu sein und hat es sehr gern, wenn man ihm zuhört; aber das ist ja schließlich nichts Schlimmes. Ich habe selbstverständlich von alledem nur wenig begriffen; aber Dunja erklärte mir, er sei zwar kein hochgebildeter, wohl aber ein kluger und, wie es scheine, ein guter Mensch. Du kennst den Charakter Deiner Schwester, lieber Rodja. Sie besitzt viel Festigkeit, einen guten Verstand, ist geduldig und hochgesinnt; allerdings hat sie ein heißes Herz, das ich zur Genüge an ihr kennengelernt habe. Natürlich ist weder auf seiner noch auf ihrer Seite eine besondere Liebe vorhanden; aber Dunja ist nicht nur ein verständiges Mädchen, sondern zugleich auch ein Wesen von engelhafter Güte und wird es als ihre Pflicht und Aufgabe betrachten, einen Mann glücklich zu machen, wenn dieser auch seinerseits auf ihr Glück bedacht ist; und daß das letztere der Fall sein wird, daran haben wir vorläufig keinen eigentlichen Grund zu zweifeln, wiewohl, offen gestanden, die Sache ein bißchen schnell zum Abschluß gekommen ist. Außerdem ist er ein Mann, der wohl zu rechnen versteht und sich gewiß selbst sagen wird, daß sein eigenes Glück als Ehemann um so fester begründet sein wird, je glücklicher sich Dunjetschka durch ihn fühlt. Was aber einige Unebenheiten im Charakter, einige alte Gewohnheiten und sogar eine gewisse Disharmonie in den Anschauungen anlangt (wie dergleichen auch in den glücklichsten Ehen unvermeidlich ist), so hat mir in dieser Hinsicht Dunjetschka gesagt, sie könne sich auf sich selbst verlassen; es sei kein Grund vorhanden, sich darüber zu beunruhigen, und sie könne vieles ertragen, unter der Voraussetzung, daß in ihren wechselseitigen Beziehungen immer Ehrlichkeit und Gerechtigkeit herrsche. Er schien mir anfangs auch etwas schroff; aber das kann ja auch gerade daher kommen, weil er ein freimütiger, redlicher Mensch ist, und so wird es gewiß sein. Zum Beispiel bei seinem zweiten Besuche, als er schon das Jawort erhalten hatte, bemerkte er im Gespräche, er habe schon früher, noch ehe er Dunja gekannt habe, sich vorgenommen, ein ehrenhaftes Mädchen, aber ohne Mitgift, zu nehmen, und unbedingt eine solche, die schon die Armut aus eigener Erfahrung kenne; denn, wie er uns auseinandersetzte, der Mann müsse seiner Frau nichts zu verdanken haben; weit besser sei es, wenn die Frau den Mann als ihren Wohltäter betrachte. Ich muß hinzufügen, daß er sich etwas milder und freundlicher ausdrückte, als ich es hier geschrieben habe; denn ich habe den eigentlichen Wortlaut vergessen und erinnere mich nur noch an den Sinn, und überdies sagte er das ganz und gar nicht nach vorheriger Überlegung, sondern weil er beim Reden so in Zug gekommen war, im Eifer des Gespräches, so daß er sich sogar nachher bemühte, es zu korrigieren und abzuschwächen. Aber mir kam das doch ein wenig schroff vor, und ich äußerte nachher diese meine Empfindung Dunja gegenüber. Aber Dunja antwortete mir sogar ärgerlich: ›Worte sind noch keine Taten‹, und das ist gewiß richtig. Dunja hat die ganze Nacht, bevor sie sich dazu entschloß, schlaflos zugebracht; in dem Glauben, daß ich schon schliefe, stand sie vom Bette auf und ging die ganze Nacht über im Zimmer hin und her; zuletzt kniete sie vor dem Heiligenbilde nieder und betete lange und mit heißer Inbrunst; am Morgen erklärte sie mir dann, sie habe sich dazu entschlossen.

      Ick habe schon erwähnt, daß Pjotr Petrowitsch sich jetzt nach Petersburg begeben wird. Er hat dort wichtige Geschäfte und beabsichtigt, in Petersburg ein öffentliches Anwaltsbüro zu etablieren. Er beschäftigt sich schon lange mit der Vertretung von Parteien in allerlei Zivilprozessen und hat erst kürzlich einen sehr bedeutenden Prozeß gewonnen. Nach Petersburg muß er auch deswegen, weil er da beim Senat eine wichtige Sache zu erledigen hat. Auf diese Weise kann er auch Dir, lieber СКАЧАТЬ