Die bedeutendsten Staatsmänner. Isabella Ackerl
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Название: Die bedeutendsten Staatsmänner

Автор: Isabella Ackerl

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: marixwissen

isbn: 9783843802093

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СКАЧАТЬ bei denen sich herauskristallisierte, dass die europäische Neuordnung unter der Kontrolle der Großmächte zu stehen habe. Diese Grundsätze wurden im Vertrag von Chaumont im selben Jahr beschlossen und bildeten für zwei Dezennien die Leitlinien der europäischen Politik.

      Beim Wiener Kongress 1814/1815 spielte Castlereagh eine wichtige vermittelnde Rolle. Unter allen Umständen wollte er einen Machtzuwachs Russlands vermeiden, wichtig war ihm die Stabilisierung der europäischen Mitte, nämlich Deutschlands und Italiens. Gemeinsam mit dem Österreichischen Staatskanzler Klemens Wenzel Metternich dominierte er die Verhandlungen und sorgte dafür, dass Russlands und Preußens Forderungen im Zaum gehalten wurden. Sein Grundsatz, knapp gefasst, lautete: »just equilibrium« (wörtlich: gerechtes Gleichgewicht). In Verfolgung dieser Absicht kam es auch zu regelmäßigen Konsultationen der europäischen Großmächte. Bei der Konferenz von Aix-en-Chapelle 1818 wurde Frankreich wieder in den Kreis der Mächte aufgenommen. Strikt widersetzte Castlereagh sich dem russischen Vorschlag nach Etablierung eines militärischen Sanktionssystems. Deshalb lehnte er auch die Konferenzen von Troppau (1820) und Laibach (1821) ab, die sich mit den liberalen Bewegungen in Deutschland, Spanien und im Königreich beider Sizilien befassten und dementsprechende Sanktionen forderten. In einem Grundsatzpapier von 1820 legte er klar die Unterschiede zwischen den absolutistischen Systemen Mittel- und Osteuropas und den konstitutionellen Strukturen in Frankreich und Großbritannien dar. Danach konnte Großbritannien nur im Rahmen des parlamentarischen Systems tätig werden.

      1822 wollte Castlereagh noch an der Konferenz von Verona teilnehmen, da britische Interessen in Griechenland und in den spanischen Kolonien betroffen waren. Strikt hielt er an der Nichtinterventionsthese fest und bekräftigte, dass Großbritannien auch Staaten anerkennen würde, die aus erfolgreichen Revolutionen hervorgingen. Damit distanzierte er sich und die britische Außenpolitik klar von der reaktionären Politik im übrigen Europa, wie sie vor allem nach seinem Tod verfolgt wurde.

      In seinem eigenen Land war Castlereagh trotzdem nicht sehr populär, da er zu viel auf Geheimdiplomatie hielt. Angriffe Lord Byrons, der sich in geradezu romantischer Weise für Griechenland engagierte, und weitere Drohungen gegen ihn und das gesamte Kabinett ließen ihn um sein Leben fürchten. Dazu kam als weitere Belastung die königliche Scheidungsaffäre, denn König Georg IV. trennte sich von seiner Gattin Karoline. All dies löste bei Castlereagh eine akute Paranoia aus. Weitere Verdächtigungen, die gegen ihn geäußert wurden, trieben ihn in den Selbstmord – ein tragisches Ende für einen großen Diplomaten.

      CAMILLO GRAF BENSO DI CAVOUR

      Der Visionär des italienischen Nationalstaates, der unermüdliche Betreiber der italienischen Unabhängigkeit und der Begründer des Königreiches Italien begann seine eigentliche politische Laufbahn bei der in Turin erscheinenden Zeitschrift »Il Risorgimento«. Der Titel dieses Blattes war Programm seines gesamten politischen Wirkens.

      Cavour stammte väterlicherseits aus einer adeligen piemontesischen Familie, seine Mutter war eine zum Katholizismus konvertierte Genfer Calvinistin, Taufpatin war Napoleons Schwester Pauline, die mit Prinz Camillo Borghese verheiratet war. Seine früheste Erziehung und schulische Ausbildung erhielt er in der elterlichen Familie, als zweitgeborener Sohn wurde er für die militärische Laufbahn bestimmt, auch wenn ihn die Politik wesentlich mehr interessierte.

      1820 wurde er in die Militärschule in Turin eingeschrieben, vier Jahr später zum Pagen von König Karl Albert bestellt. Seine radikal-liberale Gesinnung eckte jedoch an, man übte Druck auf ihn aus, die Armee zu verlassen. Daher quittierte er mit 21 Jahren den Militärdienst. Nun widmete er sich der Verwaltung des elterlichen Besitzes in Grinzane nahe Turin, von 1832 bis 1848 stand er der kleinen Gemeinde als Bürgermeister vor.

      In dieser Zeit unternahm Graf Cavour zahlreiche Reisen durch Europa, studierte Politik und Landwirtschaft in Paris und Genf. Er soll ein schlechtes Italienisch gesprochen haben, das ihn den Italienern als Ausländer erschienen ließ. 1830 wurde er Zeuge der Julirevolution in Paris, was ihn in seinen liberalen Ansichten bestärkte. Das nachfolgende Regime von Louis Philippe führte ihm die Effizienz einer konstitutionellen Monarchie vor Augen. Und so sah er die Zukunft Italiens auf drei Säulen ruhend, nämlich Liberalismus, Nationalismus und technischem Fortschritt.

      Mit der Wahl des liberalen Papstes Pius IX. im Jahr 1846 sah Cavour seine Stunde gekommen, 1847 gründete er die Zeitschrift »Il Risorgimento«, die ihm in Sardinien-Piemont zu großem Einfluss verhalf. Die europäischen Revolutionen des Jahres 1848, der Aufstand im Königreich beider Sizilien veranlassten König Karl Albert von Sardinien-Piemont eine Charta der Freiheiten für sein Königreich zu erlassen. Cavour vermochte den König zu überreden, Österreich den Krieg zu erklären. Mit dem Ausbruch des Aufstandes in Mailand war die beste Gelegenheit geboten, sich gegen Österreich zu erheben. Cavour richtete einen Aufruf an Karl Albert, sich der revolutionären Bewegung anzuschließen. Doch die Schlachten von Custozza und Novarra wurden zur Niederlage für Sardinien, die revolutionären Bewegungen in der Lombardei und im Veneto wurden niedergeschlagen. Der Geist der Revolution aber lebte weiter. Bei der Wahl zur sardischen Abgeordnetenkammer gewann Cavour einen Sitz, König Albert dankte zugunsten seines Sohnes Viktor Emanuel II. ab.

      Nun begann Cavours eigentliche Karriere. 1850 übernahm er in der Regierung Massimo D’Azeglios das Landwirtschafts- und Handelsressort, 1851 das Finanzressort. Ein Jahr später hatte er den Regierungschef verdrängt und bestimmte fortan die gesamte Politik des Königreichs Sardinien. Er wurde zwar von Zeitgenossen als »Despot« und »Kampfhahn« bezeichnet, doch grundsätzlich vertrat er eine liberale Grundhaltung, die letztlich zur Basis des geeinten Königreiches Italien wurde. In Piemont leitete er eine Reform des Rechtswesens, der Wirtschaft, des Militärs und des Außenhandels ein, er organisierte die Verwaltung neu und trieb die Entwicklung der Wirtschaft durch Eisenbahnbauten an.

      Cavour sorgte dafür, dass Sardinien 1855 an der Seite Englands und Frankreichs am Krimkrieg teilnahm und sich somit im Spiel der europäischen Mächte positionierte. Im Interesse Italiens spielte er Österreich und Frankreich gegeneinander aus. Der Pariser Friedenskongress von 1856 war für ihn das geeignete internationale Forum, vor dem er die Besetzung italienischer Gebiete durch Österreich an den Pranger stellen konnte. 1858 kam es zur Begegnung Cavours mit Napoleon III. in Plombières, bei der der Krieg gegen Österreich beschlossen wurde. Als Preis für seine Unterstützung verlangte Napoleon III. Nizza und Savoyen. Im April des nächsten Jahres begann der Feldzug, der in den Schlachten von Magenta und vor allem Solferino entschieden wurde. Infolge des überstürzten und unüberlegten Rückzuges der österreichischen Truppen auf Befehl von Kaiser Franz Joseph schloss Napoleon III. rasch den Waffenstillstand von Villafranca, ohne den piemontesischen Bundesgenossen zu konsultieren. Cavour war empört, da Sardinien nur die Lombardei erhielt und Österreich Venetien behielt, und trat zurück.

      Doch schon wenige Monate später kehrte er wieder an die Spitze der Regierung zurück und schloss neuerlich ein Geheimabkommen mit Frankreich, diesmal war Savoyen betroffen. Cavour ermunterte Giuseppe Garibaldi, mit seiner Armee von tausend rot gekleideten Abenteurern von Genua nach Sizilien zu segeln. Nach dem Zusammenbruch des Königreiches Neapel wurden diese Gebiete dem Königreich Italien angeschlossen. Darauf folgte die Okkupation eines großen Teiles des Kirchenstaates. Im März 1861 wurde Viktor Emanuel II. zum König von Italien ausgerufen. Rom sollte die künftige Hauptstadt des geeinten Italien werden, doch konnte Cavour die völlige Einigung Italiens nicht mehr erleben.

      Wegen seiner Kirchenpolitik – sein Grundsatz lautete »Freie Kirche im freien Staat« – wurde Cavour wiederholt exkommuniziert, trotzdem fühlte er sich immer der katholischen Kirche zugehörig. Schon Jahre vor seinem Tod sicherte er sich den Beistand eines katholischen Priesters für seine Todesstunde und damit ein kirchliches Begräbnis. Vincenzo Gioberti, Priester, Philosoph und Vordenker eines geeinten Italien, sagte über Cavour, dass ihm die »italienische Geisteshaltung« fehle, СКАЧАТЬ