Название: Mami Staffel 6 – Familienroman
Автор: Claudia Torwegge
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Mami Staffel
isbn: 9783740926427
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Himmel, sie war doch nun wirklich aus dem Teenageralter heraus, in dem man sich Hals über Kopf in jeden halbwegs interessant aussehenden Mann verliebte. Die Ideal- und Traumbilder von einst waren von der Realität geradegerückt worden. Eine Frau in Nathalies Alter, Mutter von drei Kindern, dauernd getrennt lebend, weil der holde Gatte seiner eigenen Jugend hinterherjagte, wußte, daß sie Millionen Frösche küssen konnte, ohne daß sich auch nur einer in einen Prinzen verwandelte. Umgekehrt wurde da schon eher ein Schuh draus! Nein, eine solche Frau behielt Herz und Verstand in ihren beiden tatkräftigen Händen und sah ansonsten zu, daß ihr Lebensschiffchen und das ihrer Familie nicht allzusehr aus dem Fahrwasser geriet.
Doch was nützten alle Vorhaltungen? Nathalies Herz klopfte trotzdem wie verrückt gegen die Rippen, und in ihrem Bauch hatte sich ein ganzer Bienenschwarm eingenistet, der wild durcheinanderschwirrte, sobald Clemens Hochdahl das Wort an sie richtete.
Sie saßen sich im »Café Schlick«, einem wunderbar altmodischen Restaurant, gegenüber, in dessen plüschbezogenen Fauteuils man beinahe bis zu den Ohren versank. Die erlesenen Torten- und Kuchenspezialitäten waren weit über die Grenzen der Stadt berühmt, aber Nathalie schmeckte so gut wie nichts von ihrer leckeren Sachertorte.
Im Gegenteil, sie hatte das Gefühl, daß sich jeder Bissen in ihrem Munde zu Stroh verwandelte, das sie mit reichlich Kaffee herunterspülen mußte.
»Köstlich«, log sie dennoch tapfer, als Clemens sich erkundigte, ob sie mit ihrer Torte zufrieden sei.
Er nickte, während er mit gutem Appetit in seine Herrentorte piekste.
»Kuchen ist eine meiner heimlichen Leidenschaften«, vertraute er Nathalie mit einem kleinen, verschmitzten Lächeln an. »Wenn ich ein Stück Sahnetorte oder Napfkuchen vor mir sehe, kann ich mich einfach nicht zurückhalten. Da nützen die besten Vorsätze nichts.«
»Das sieht man Ihnen aber nicht an!« rutschte es Nathalie spontan heraus. Im selben Moment hatte sie sich für diese Bemerkung am liebsten die Zunge abgebissen. »Ich meine – äh…« Ach, jetzt war es schon egal. »Ich meine, Sie haben eine gute Figur«, plapperte sie weiter, frei noch dem Motto: ›Wenn ich schon mal dabei bin, mich zu blamieren, kann ich es auch gleich richtig tun!‹ »Kein Gramm Fett zuviel, muskulös und schlank, da hat nicht ein Kuchenkrümel seine Spuren hinterlassen.«
Clemens Hochdahl nahm das Kompliment mit einem fröhlichen Lachen an.
»Danke.« Er legte die Gabel aus der Hand und betrachtete Nathalie eingehend. »Sie sind sehr ehrlich, geradeheraus, nicht wahr. Das gefällt mir.« Dann wurde seine Miene ernst. »Aber ich will auch ehrlich sein. Meine Figur verdanke ich zuerst mal einem ausgiebigen Sporttraining. Ich gehe zweimal in der Woche Squash spielen. Und dann fahre ich noch ganz gerne Rad. Das allerdings nur, wenn das Wetter schön ist, und auch nicht so exzessiv wie manche Hobbysportler, die wie die Wilden durch den Taunus strampeln. Ich lasse mir lieber Zeit und schaue mir die Gegend an.« Hier entfleuchte Clemens ein kleiner Seufzer. »Dummerweise kann ich dabei selten an einem Café vorbeifahren, ohne abzusteigen und wenigstens ein Puddingstückchen zu kaufen.«
Nathalie legte den Kopf schief und sandte einen nachdenklichen Blick aus dem Fenster auf die belebte Wilhelmstraße hinaus.
»Ich treibe eigentlich viel zu wenig Sport«, überlegte sie laut, während sie zusah, wie eine Mutter mit zwei Kleinkindern versuchte, den Kinderwagen, die Einkäufe und ihre beiden brüllenden Rangen irgendwie über die Straße zu bringen. »Irgendwie fehlt mir ständig die Zeit dazu. Wissen Sie, bei uns ist dauernd irgend etwas los. Bei drei Kindern bleibt einem leider nur wenig Zeit für die eigenen Interessen.«
»Das glaube ich gern.« Clemens nickte lebhaft. »Mein Bruder hat fünf. Eine laute, fröhliche Rasselbande, die das ganze Haus auf den Kopf stellt. Ich frage mich immer, wie meine Schwägerin das durchhält.«
»Fünfe, du guter Gott!« Nathalie schlug die Hände über dem Kopf zusammen. »Ich stelle mir da immer die Kochtöpfe vor, die man für eine solche Familie füllen muß. Und die Wäscheberge, die anfallen. Ich komme ja schon kaum nach, und bei mir laufen zwei Maschinen im Keller.«
»Stimmt.« Clemens lachte. »Wenn Rosi kocht, dann geht’s zu wie in einer Großküche. Dazu haben die fünf auch noch einen gesegneten Appetit. Da kommen Mengen zusammen, ich sage Ihnen!«
Nathalie dachte an ihren Ältesten, Dennis, der ihr auch beinahe die Haare vom Kopf futterte. Er war vor wenigen Wochen sechzehn geworden und steckte mitten in der tiefsten Pubertätskrise. Pickel, Konzentrationsstörungen und ständiger Heißhunger waren im Moment seine größten Probleme.
»Wie alt sind Ihre Kinder?« mischte sich Clemens Stimme in Nathalies Überlegungen.
Sie blickte auf, erinnerte sich, wo sie sich befand, und schüttelte die Gedanken mit einer kleinen, anmutig wirkenden Kopfbewegung von sich ab.
»Sechzehn, vierzehn und vier Jahre alt«, antwortete sie mit einem kleinen, zärtlichen Lächeln, das mütterlichen Stolz und Liebe verrieten. »Sandra haben sie ja bereits kennengelernt. Dennis, mein Ältester, sitzt am liebsten den ganzen Tag vor seinem Computer. Und meine Jüngste, Stefanie, nun, die hat eigentlich nur Unsinn im Kopf. Aber sie ist unheimlich süß und furchtbar verschmust.«
Clemens Hochdahls Gesicht hatte sich bei Nathalies Worten verändert. Der entspannte, freundliche Ausdruck war daraus verschwunden und hatte einer ernsten, eher abweisenden Miene Platz gemacht.
»Dann haben Sie ja wirklich alle Hände voll zu tun«, meinte er, während er, plötzlich appetitlos geworden, seine Torte mit der Gabei zerkrümelte. »Ihr Mann ist sicherlich schrecklich stolz auf seine Familie.«
Jetzt war es Nathalie, die abweisend dreinblickte.
»Mein Mann und ich, wir haben uns vor eineinhalb Jahren getrennt.« Ihre Stimme klang spröde. Es fiel ihr immer noch schwer, über das Scheitern ihrer Ehe zu sprechen, aber sie war nicht der Typ, der sich in Lügen flüchtete oder nur halbe Wahrheiten erzählte. Deshalb sprach sie mutig weiter. »Wir haben die Scheidung eingereicht. Ich kümmere mich seitdem alleine um die Kinder.«
Obwohl das Thema alles andere als lustig war, hatte sich Clemens’ Miene wieder entspannt. Ein erleichterter Glanz lag auf seinem Gesicht. Ja, er wirkte beinahe fröhlich.
»Das tut mir leid«, beteuerte er, obwohl dies eine faustdicke Lüge war. Nein, er bedauerte es ganz und gar nicht, daß sich dieser dreifache Familienvater aus dem Staub gemacht hatte. Dieser Dussel wußte gar nicht, was er da aufgegeben hatte! »Sie haben es bestimmt nicht leicht, alleine, mit drei halbwüchsigen Kindern.«
Nathalie wischte die Bemerkung mit einer achtlosen Handbewegung fort.
»Nun, so schlimm ist es nun auch wieder nicht. Die drei sind eigentlich ganz friedlich.« Sie unterbrach sich, um Clemens eingehend zu mustern. »Haben Sie Kinder?«
Diese Frage brannte ihr seit Minuten auf der Zunge.
Clemens schüttelte mit einem bedauernden Schulterheben den Kopf.
»Leider nein.« Er griff erneut nach seiner Kuchengabel und wollte zu essen beginnen, aber als er sah, was er während der Unterhaltung mit seiner Herrentorte angestellt hatte, schob er den Teller angewidert von sich.
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