Название: Die schönsten Heimatromane von Ludwig Ganghofer
Автор: Ludwig Ganghofer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788075837219
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»Das is aber gspaßig!« knurrte Resl, als sie kopfschüttelnd ging, um Lonis Auftrag auszuführen.
Loni trat zum Tisch, der in der Mitte des Zimmers stand. Und weil ihr augenblicklich keine andere Beschäftigung einfiel, fing sie an, mit den Fingernägeln aus den Klunsen der Tischplatte den grauen Sand herauszubohren, der sich beim Reinfegen des Tisches fest in alle Ritzen gelegt hatte.
Ein paar Minuten mochten vergangen sein, da klang aus der Wirtsstube die Stimme der Kellnerin: »Geh nur da eini in d' Stuben!« Und schwere Tritte näherten sich der Tür.
»Heilige Muttergottes, steh mir bei«, flüsterte Loni, »da is er schon!«
9
Ein schüchternes Klopfen wurde hörbar. Gleich darauf öffnete sich die Tür, und Pauli trat ein.
»Jesses ... d' Loni!« fuhr es erschrocken aus ihm heraus, als er das Mädchen erblickte. Und in brennender Verlegenheit drehte er seinen Filzhut zwischen den Fingern.
Mit der einen Hand auf den Tisch gestützt, stand Loni da und blickte scheu zu dem Gast hinüber. »Grüß Gott!« hauchte sie leise.
»Grüß Gott auch!« klang die trockene Antwort. »Ich weiß net, ob ich da recht bin? Ich soll zum Herrn Baumiller kommen.«
»Ja, ja, bist schon recht!« stieß Loni hervor. Und als fiele ihr eine schnell gesprochene Lüge weniger schwer, fügte sie mit flinkem Gesprudel bei: »Er hat gsagt, du sollst da warten, er wird gleich kommen, hat er gsagt.«
»Muß ich halt warten!« Pauli wandte sich zum Fenster, das neben der Tür war, stellte sich vor die Scheiben, kreuzte die Arme hinter dem Rücken, schwenkte zwischen zwei Fingern seinen Hut und blickte stumm ins Freie hinaus.
Loni näherte sich ihm mit kurzen Schritten, aber nur so weit, daß ihr ausgestreckter Arm mit den Fingerspitzen noch immer die Tischecke berührte. Vergebens mühte sie sich, ein Wort über die Lippen zu bringen; es war ihr, als umschlösse eine unsichtbare Hand wie mit eiserner Zange ihre Kehle. Bange Sekunden verrannen --- bis endlich Pauli, dem sich diese Stille nicht minder drückend aufs Herz legte, sich kurz vom Fenster abwandte und der Tür zuschritt mit den Worten: »Ich will doch lieber draußen warten!«
»Jesses na!« fuhr Loni erschrocken auf »So bleib nur, der Herr Baumiller kommt gleich! Das heißt ... es könnt ja möglich sein, daß er auch net gleich käm ... aber ... wenn du's vielleicht mit der Arbeit recht notwendig hast ... ich weiß auch, was er dir zum sagen hat ... nachher ... wenn du meinst ... und wenn du's von mir anhören willst ... nachher könnt's ja ich dir auch sagen.«
Erwartungsvoll hingen Lonis Augen an dem Gesicht des Burschen, dem ein wehmütiges Lächeln um die Lippen huschte. »Schau, Loni, plag dich net!« erwiderte er nach kurzem Schweigen. »Du hast es schon in manchem recht weit bracht, aber 's Lügen bringst doch net recht zamm. Druck's halt aussi, was mir sagen willst! Ich merks ja eh, es is ein abgmachte Sach, daß du mit mir reden sollst.«
Dunkle Röte übergoß Lonis Wangen. »Na ... gwiß net«, stotterte sie, »das heißt ...«
»Es is schon gut!« schnitt ihr Pauli kurz das Wort ab und stellte sich wieder vor das Fenster hin.
Durch diesen scharfen Schnitt war Loni weiter von ihrem Vorhaben abgebracht, als ihr lieb sein konnte. Aber sie mußte nun sprechen --- um jeden Preis. So faßte sie den ersten Gedanken auf, der ihr in den Sinn kam. Während sie sich um ein zagendes Schrittlein näherte, fragte sie scheu: »Wie geht's denn deim Mutterl, hab's lang nimmer gsehn?«
»Ich dank, ganz gut!« klang es vom Fenster her.
»Ich hab ghört, sie tät dir allweil zureden, du sollst mit dem Herrn Baumiller in d' Stadt gehen?«
»Kann schon sein!«
»Und du wolltest net?«
»ls auch möglich!«
Paulis kurze Antworten konnten Loni nicht mehr einschüchtern. Sie hatte den Faden am richtigen Zipfel angesponnen, und mutig fragte sie weiter.
»Warum magst denn net, wenn man fragen darf?«
»Weil's mich net freut!«
»Das is freilich ein gwichtiger Grund. Aber wer weiß, ob dein Mutterl net am End recht hat und ob's net dein Glück wär, wenn ihr folgen tätest.«
Bis zur Unkenntlichkeit hatte Pauli während Lonis hartnäckigen Fragen seinen Filzhut zusammengedreht. Die letzten Worte des Mädchens ließen ihn plötzlich auf diese immerhin unterhaltende Beschäftigung verzichten, und mit jähem Ruck wandte er sich vom Fenster ab. »Na also ... schau ... da wären wir ja bei der Sach! Alles Mögliche hat der Herr Baumiller schon probiert. D' Mutter und den Bürgermeister hat er über mich ghetzt ... und jetzt schickt er gar noch dich!«
»Ja, Pauli, ich will's auch net länger leugnen«, stammelte Loni. Und hastig, ohne recht zu bedenken, was sie sprach, redete sie weiter: »Der Herr Baumiller hat mir das Versprechen abgnommen, ich soll dir zureden, daß du mit ihm in d' Stadt gingst. Ein kleins bißl hat er gmeint, könntest du doch noch auf das hören, was ich dir sag ... und hat gmeint, wenn ich dir saget: Pauli, mich leidt's nimmer im Dorf, solang du da bist... mein Rast und mein Ruh is weg ... geh fort von da... so ... so tätst du's auch ... hat er gsagt.«
In guter Meinung, das Richtige gefunden zu haben, hatte Loni fast Wort für Wort die Rede des Malers wiederholt; doch sie erschrak nicht wenig, als Pauli sie mit rauher Stimme anfuhr: »Und du schamst dich net? Und kannst mir so was ins Gsicht eini sagen? D' Ruh hast mir gstohlen, um meiner Lieb willen hast mich bschandelt vor alle Leut, und jetzt kommst und willst meine Lieb als Fürspann nehmen, um mich von meiner Heimat z'treiben, von Mutter und Haus? Loni, das is grundschlecht!«
Flehend hob sie die zitternden Hände. »Pauli ... ich bitt dich um Gottes willen, glaub so was net von mir! Wenn ich mich hab überreden lassen, daß ich dir zusprich, so war's, weil ich überzeugt bin, es wär besser für dich, wenn du gingst, weil du mich nachher vielleicht vergessen könntest ... und alles, was gschehen ist. Und wenn du nachher ein berühmter Bildhauer werden tätst und alle Leut dich gern hätten und in Ehren halten und wenn du nachher recht reich werden tätst ... so hätt ich halt gmeint, könntest leicht auch das finden, was in deiner Heimat umsonst gsucht hast... die Lieb von eim braven Madl.«
Wären es nicht die Einflüsterungen schwer gekränkter Liebe gewesen, die Paulis Augen verdunkelten und seine Ohren schlossen, er hätte aus diesem bleichen Gesichte lesen müssen, was in der beklommenen Seele des Mädchens vorging, und hätte hören müssen, daß aus dem Klang dieser Worte die wahrhaftige Offenheit eines geängstigten Herzens sprach.
So aber schüttelte er nur unmutig den Kopf, und mit heiserem Lachen rief er: »Also grad wegen meim Glück? Du mitleidigs Madl! Ich sag dir, ich glaub dir's net! Ich glaub viel eher, daß du jetzt lügst und daß deine erste Red d' Wahrheit war: daß mich bloß fort haben willst, weil ich dir im Weg umgeh!«
»Na, Pauli, gwiß net!«
»Laß gut sein! ... Ich geh dir aus'm Weg! Du sollst d'Ruh finden ... СКАЧАТЬ