Martin Eden. Джек Лондон
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Название: Martin Eden

Автор: Джек Лондон

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788026884491

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СКАЧАТЬ zum Sprechen zu bringen. Und während sie drauflos redete, strengte er sich an, ihr zu folgen, verwundert über all das Wissen, das in dem reizenden Köpfchen steckte, und freute sich über die blasse Schönheit ihres Gesichts. Er folgte ihr auch, obwohl ihn unbekannte Worte, die leicht von ihren Lippen glitten, und kritische Bemerkungen und Gedanken störten, die ihm fremd waren, die aber doch seinen Geist reizten und entflammten. Hier war geistige Regsamkeit, dachte er, und hier war Schönheit, eine warme, wunderbare Schönheit, wie er sie sich nie hatte träumen lassen. Er vergaß sich und starrte sie mit gierigen Augen an. Hier war etwas, für das es sich lohnte zu leben, vorwärtszukommen, zu kämpfen – ja, und zu sterben. Die Bücher sprachen die Wahrheit. Es gab solche Frauen in der Welt. Sie war eine von ihnen. Sie verlieh seiner Phantasie Schwingen, und große leuchtende Bilder erschienen vor seinem Blick, undeutliche, riesige Bilder, die Liebe, Romantik und Heldentum um einer Frau willen darstellten – um einer bleichen Frau, einer goldenen Blume willen. Und hinter der zitternden schwingenden Vision sah er wie hinter einer Fata Morgana das lebendige Weib, das hier saß und von Literatur und Kunst sprach. Er hörte auch zu, aber er blickte sie dabei an, ohne sich bewußt zu sein, wie starr sein Blick war, und daß alles, was seine Natur an Männlichkeit besaß, ihm aus den Augen leuchtete. Sie aber, die wenig von der Welt der Männer wußte, weil sie ein Weib war, sie fühlte deutlich seine brennenden Augen. Sie war noch nie auf diese Weise angesehen worden, und es machte sie verlegen. Sie stockte und suchte nach Worten. Sie verlor den Faden ihrer Erklärungen. Er erschreckte sie, und doch wurde sie wieder von einer seltsamen Freude durchbebt, daß jemand sie auf diese Weise ansah. Ihre Erziehung warnte sie vor der Gefahr, die in dieser geheimnisvollen, seltsamen Lockung lag; aber ihre Instinkte klangen wie helle Fanfaren durch ihr ganzes Wesen und zwangen sie, die Hindernisse von Kaste und Stand zu nehmen und zu einem Wanderer aus einer anderen Welt zu gelangen, diesem linkischen jungen Burschen mit den zerrissenen Händen und dem roten Strich am Halse von dem ungewohnten Kragen, diesem Menschen, der, allzu offenkundig, von einem harten, strengen Dasein beschmutzt und angesteckt war. Sie war rein, und ihre Reinheit empörte sich dagegen; aber sie war Weib, und sie hatte gerade das Paradoxe der weiblichen Natur kennengelernt.

      »Wie gesagt – ja, was sagte ich doch?« Sie unterbrach sich plötzlich und lachte heiter über ihre eigene Verlegenheit.

      »Sie sagten, daß dieser Mann, der Swinburne, kein großer Dichter wurde, weil ... und weiter kamen Sie nicht, Fräulein«, half er ihr, während ihm schien, als ob er plötzlich hungrig würde und ein wundervolles leises Zittern ihm bei ihrem Lachen das Rückgrat entlang kroch. Wie Silber, dachte er, wie klingende, silberne Glocken, und im selben Augenblick, aber nur eine Sekunde lang, fühlte er sich in ein fernes Land versetzt, wo er unter rosa Kirschblüten saß, eine Zigarette rauchte und auf die Glocken der spitzen Pagode lauschte, die Gläubige mit Strohsandalen zur Andacht rief.

      »Ja, danke«, sagte sie. »Das Höchste erreicht Swinburne nicht, weil er – nun ja, weil er unzart ist. Viele seiner Gedichte sollte man gar nicht lesen. Jede Zeile der wirklich großen Dichter ist von Schönheit erfüllt und wendet sich an alles, was erhaben und edel im Menschen ist. Von den Werken der großen Dichter könnte man nicht eine Zeile entbehren, ohne daß die Welt dadurch ärmer würde.«

      »Ich fand es großartig,« sagte er zögernd, »das bißchen jedenfalls, das ich las. Ich hatte keine Ahnung, daß er so ein – ein Schurke war. Das wird wohl in seinen andern Büchern zum Vorschein kommen.«

      »Viele Zeilen in dem Buch, das Sie gelesen haben, hätte er sich sparen können«, sagte sie, und ihre Stimme klang streng und lehrhaft.

      »Die muß ich übersehen haben«, erklärte er. »Was ich las, war wirklich gut. Und es war so strahlend und schimmernd, es schien gerade in mich hinein und erleuchtete mich inwendig wie die Sonne oder ein Scheinwerfer. So wirkte es jedenfalls auf mich, aber ich verstehe ja nicht viel von Dichtkunst, Fräulein.« Er hielt erschrocken inne. Er war verwirrt und hatte ein peinliches Gefühl von seiner eigenen Unfähigkeit, seinen Gedanken Ausdruck zu verleihen. Er hatte die große und lebendige Glut in dem, was er las, gefühlt, aber sein Wortschatz reichte nicht hin. Er konnte nicht ausdrücken, was er fühlte, und er verglich sich selbst mit einem Seemann, der sich in dunkler Nacht auf einem fremden Schiffe befand und sich mit einer Takelung abquälte, mit der er nicht vertraut war. Nun ja, sagte er sich, ich muß eben sehen, mich in dieser neuen Welt zurechtzufinden. Er hatte noch nie etwas gesehen, hinter das er nicht gekommen war, wenn er es ernstlich darauf anlegte, und es war Zeit, daß er lernte, sich über das, was in seinem Innern vorging, verständlich zu machen. Sie erweiterte seinen Horizont mächtig.

      »Longfellow zum Beispiel –«, sagte sie.

      »Ja, den habe ich gelesen«, unterbrach er sie, angespornt von dem Ehrgeiz, soviel wie möglich von seinen Kenntnissen zu zeigen, und bemüht, ihr verständlich zu machen, daß er kein dummer Tölpel war. »Der Psalm des Lebens«, »Elysium« und ... ich glaube, das ist alles.«

      Sie nickte lächelnd, und er hatte das Gefühl, daß ihr Lächeln ein wenig nachsichtig war – mitleidig nachsichtig. Er war ein Narr, daß er versuchte, sich auf diese Weise aufzuspielen. Dieser Longfellow hatte wahrscheinlich zahllose Gedichtbücher geschrieben. »Entschuldigen Sie, Fräulein, daß ich so drauflosschwatze. Ich weiß ja eigentlich nicht viel von diesen Sachen. Es gehört nicht zu meinem Beruf. Aber ich will es zu meinem Beruf machen.«

      Das klang wie eine Drohung. Seine Stimme war entschieden, seine Augen blitzten, die Linien in seinem Gesicht wurden hart. Ihr schien, daß sein Kinn sich verändert hätte; es wirkte fast unangenehm anmaßend. Gleichzeitig aber war es, als ob ihr eine Woge starker Männlichkeit von ihm entgegenschlug.

      »Ich glaube wirklich, Sie sollten es zu Ihrem ... Beruf machen«, schloß sie lachend. »Sie sind sehr stark.«

      Ihr Blick weilte einen Augenblick auf dem muskulösen, sehnigen, fast stierartigen Nacken, der von der Sonne gebräunt war und von roher Kraft und Gesundheit strotzte. Und obwohl er rot und verlegen dasaß, fühlte sie sich doch von ihm angezogen. Zu ihrer eigenen Überraschung schoß ihr plötzlich ein toller Gedanke durchs Hirn. Ihr schien, sie müsse ihre beiden Hände um seinen Hals legen, und all seine Stärke und Kraft würden auf sie überströmen. Ihr schien, daß sich ihr plötzlich eine ungeahnte Verderbnis ihrer Natur offenbarte. Zudem war Stärke für sie etwas Grobes, Brutales. Ihr Ideal männlicher Schönheit war immer schlanke Anmut gewesen. Aber der Gedanke verließ sie nicht. Es verwirrte sie, daß sie wirklich den Wunsch verspüren sollte, ihre Hände um diesen sonnenverbrannten Hals zu legen. Tatsächlich war sie selbst zart, und das, was ihr Körper und ihre Seele brauchten, war eben Stärke. Aber das wußte sie nicht. Sie wußte nur, daß kein Mann je eine solche Wirkung auf sie ausgeübt hatte wie dieser, der sie jeden Augenblick durch seine schreckliche Sprache erschreckte.

      »Nein, ein altes Weib bin ich nicht«, sagte er. »Wenn es darauf ankommt, kann ich altes Eisen verdauen. Aber jetzt bin ich gerade ein bißchen verstopft. Das meiste von dem, was Sie gesagt haben, kann ich nicht verdauen. Ich habe mich nie mit dem Zeug abgegeben, wissen Sie. Ich habe Bücher und Poesie gern, und wenn ich mal Zeit hatte, habe ich gelesen, aber ich habe nie so drüber nachgedacht wie Sie. Darum kann ich nicht drüber reden. Mir geht es wie einem Seemann, der ohne Karte und Kompaß auf einem fremden Meer treibt. Jetzt möchte ich gern peilen. Vielleicht können Sie mir dabei helfen. Wie haben Sie all das gelernt, was Sie da erzählen?«

      »In der Schule wohl und durch Studium«, antwortete sie.

      »Ich bin auch zur Schule gegangen, als ich klein war«, wandte er ein.

      »Ja; aber ich meine das Gymnasium und Kurse und die Universität.«

      »Sie sind auf der Universität gewesen?« fragte er ehrlich erstaunt. Er fühlte, daß sie einen Abgrund von mindestens einer Million Meilen zwischen sich und ihn gelegt hatte.

      »Ich besuche jetzt noch die Universität. Ich höre Vorlesungen im Englischen.«

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