Название: Die Herrscher und Gestalten des Mittelalters
Автор: Reinhard Pohanka
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: marixwissen
isbn: 9783843802109
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ALEXANDER NEWSKIJ
(1220–1263)
Wenn es heute ein russisches Staatsgebilde gibt, so geht dieses auf einen Mann zurück, der wie kein anderer in der russischen Geschichte als Volksheld gilt, Alexander Jaroslawitsch, mit dem Beinamen Newskij.
Als Alexander am 30. Mai 1220 in Wladimir als Sohn des Fürsten Jaroslaw II. Wsevoldowitsch von Nowgorod zur Welt kam, gab es noch kein russisches Reich. Beherrscht wurde das Land von einzelnen unabhängigen Fürstentümern, an deren Spitze Kiew stand.
Nur wenige Jahre nach seiner Geburt war es mit der russischen Selbstständigkeit vorbei. Die Mongolen der Goldenen Horde, die sich vom Staat des Dschingis Khan unter ihrem eigenen Groß-Khan Batu abgespalten hatten und ein eigenes Reich zu errichten suchten, stießen aus den innerasiatischen Steppen gegen Westen vor und brachten die russischen Teilfürstentümer mit Ausnahme von Nowgorod unter ihre Kontrolle. Nominell blieben die russischen Fürstentümer unabhängig, mussten aber den Groß-Khan als oberste Instanz und mongolische Steuerbeamte dulden.
Die Goldene Horde wurde 1236 von Batu Khan, einem Enkel Dschingis Khans, gegründet. Ihre Hauptstadt war bis 1342 Alt-Sarai im Wolgadelta, danach das weiter nördlich an der Wolga gelegene Neu- oder Berke-Sarai, das heutige Saratow.
Die Mongolen waren nicht die alleinige Bedrohung für die russischen Fürstentümer. Von Norden über Finnland und die Ostsee drängten die Schweden nach Russland und über die Baltischen Staaten die deutschen Schwertritter, der Ritterorden der Brüder der Ritterschaft Christi in Livland.
Als Alexander 16 Jahre alt war, wurde sein Vater Jaroslaw II. von den Mongolen als Herrscher über Kiew bestätigt und überließ seinem Sohn das Fürstentum Nowgorod. Nur vier Jahre später kam Alexanders erste Bewährungsprobe. Die Schweden hatten die Mündung der Newa besetzt und drohten die russischen Fürstentümer von der Ostsee und damit vom lukrativen Handel mit den Hansestädten Nordeuropas abzuschneiden. Dabei wurden sie von Papst Gregor IX. unterstützt, der den Russisch-Orthodoxen skeptisch und feindlich gegenüberstand. Alexander sammelte sein Heer aus den Bojaren – den freien Bauern – und schlug am 15. Juli 1240 die Schweden an der Newa, etwa an jener Stelle, an der später St. Petersburg entstehen sollte. Aus dieser Schlacht an der Newa resultierte sein späterer Beiname »Newskij«, was »Sieger an der Newa« bedeutet.
Nur zwei Jahre später musste er sich dem nächsten Gegner stellen. In einer legendären Schlacht am zugefrorenen Peipussee schlug er ein Ritterheer des Schwertordens, das von deutschen und dänischen Rittern verstärkt war und über estnische Hilfstruppen verfügte, und beendete damit das Vordringen der Ritterorden nach Russland.
Nach der Abwehr der Feinde im Norden und Westen sah Alexander sich zwei weiteren Aufgaben gegenüber, der Klärung des Verhältnisses mit den Mongolen und der Festigung seiner Herrschaft und der seines Bruders Andrej. Letzteres gelang ihnen 1248 als sie Batu, den Groß-Khan der Goldenen Horde, dazu bringen konnten, ihren Onkel Swjatoslaw III., der den Großfürstenthron von Wladimir-Susdal 1246 eingenommen hatte, abzusetzen. Batu wies die Brüder an, gemeinsam über Wladimir zu herrschen, Andrej bekam die Hauptstadt Wladimir und deren Umland, Alexander das Gebiet um Kiew, konzentrierte sich allerdings auf Nowgorod als aufstrebendes Wirtschaftszentrum.
Ab diesem Zeitpunkt trennte sich die Politik der beiden Brüder. Andrej sah die Möglichkeit, die Fremdherrschaft der Mongolen abzuschütteln, da diese in Nachfolgestreitigkeiten nach dem Tode des Groß-Khans der Mongolen Gujuk Khan verwickelt waren. Alexander hingegen erkannte, dass die russischen Ressourcen nicht ausreichten, um die Mongolen dauerhaft zu besiegen, und setzte politisch auf die Goldene Horde in der Hoffnung, damit seinen Bruder Andrej auf die Seite schieben zu können und bei den Mongolen mehr durch Verhandlungen als durch Krieg zu erreichen.
1251 war die Nachfolge bei den Mongolen geklärt und Möngke hatte sich als Groß-Khan durchgesetzt. Alexander nutzte die Gunst der Stunde, am Hofe des Groß-Khans der Goldenen Horde intrigierte er gegen seinen Bruder, erreichte seine Absetzung und erhielt die alleinige Großfürstenwürde. Unterstützt wurde Alexander dabei von der russisch-orthodoxen Kirche, da diese durch eine Annäherung Andrejs an den Papst, von dem er sich Unterstützung gegen die Mongolen erhofft hatte, ihre Stellung gefährdet sah.
Alexander lebte eine Politik des Appeasement gegenüber den Mongolen, die Festigung und langsame Ausdehnung seiner Herrschaft und eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung wollte er nicht durch einen Kampf gegen die Mongolen, den er in diesem Stadium als sinnlos ansah, riskieren.
So akzeptierte er, dass die Mongolen mit ihm als Großfürst ihre Herrschaft in Russland konsolidieren konnten. Alexander nahm auch die Einsetzung mongolischer Steuereintreiber hin, obwohl er den Widerstand seiner eigenen Landsleute mit Gewalt brechen und selbst Nowgorod den Mongolen ausliefern musste.
1262 erschlugen in Susdal aufgebrachte Bürger die mongolischen Steuereintreiber und gefährdeten damit die Politik Alexanders. Um den Groß-Khan Berke zu beruhigen, eilte Alexander in die Hauptstadt der Goldenen Horde in Alt-Sarai. Berke, der ihm misstraute, hielt Alexander bis in den Winter 1263 am Hof fest, ehe er abreisen durfte. Auf der Rückreise nach Wladimir starb Alexander am 14. November in Gorodez an der Wolga.
Alexander wurde in seiner Hauptstadt Wladimir begraben, 1380 wurde er von der russischen Kirche heilig gesprochen, Peter der Große ließ seine Gebeine 1729 in das neu gegründete Alexander-Newskij-Kloster nach St. Petersburg überführen.
Die Politik Alexanders sollte für Europa und für Russland weit reichende Folgen haben. Seine Akzeptanz der mongolischen Herrschaft führte dazu, dass er 1251 ein Angebot des Papstes zum gemeinsamen Kampf gegen die Mongolen ablehnte. Gregor IX. hatte ihm eine Wiedervereinigung der beiden christlichen Kirchen angeboten, was Alexander aber ablehnen musste. Er vermutete, dass der Papst die Oberhoheit über eine unierte Kirche anstreben würde, während die Mongolen die orthodoxe Kirche unbehelligt ließen. Für ihn war die russisch-orthodoxe Kirche jene Klammer, die er brauchte, um seine großen Vorhaben, die Entwicklung eines russischen Nationalgefühles und eine Heeresreform, zu unterstützen und durchzusetzen.
Allerdings erreichte die römische Kurie mit ihrem Angebot zumindest, dass Alexander der römischen Kirche die freie Religionsausübung in den russischen Fürstentümern zusagte. Er selbst konnte bei der Goldenen Horde die Einrichtung eines orthodoxen Bistums an der unteren Wolga im Jahre 1261 durchsetzen.
Die Ablehnung des päpstlichen Angebotes machte ihn zum Heiligen der russischen Kirche, die ihn 1380 kanonisierte, verhinderte aber in der Folge weitere europäische Einflüsse in Russland und beförderte damit langfristig eine Abkopplung des Landes in kultureller und geistiger Hinsicht. Dadurch konnten Humanismus und Renaissance in Russland niemals Fuß fassen.
Dennoch hatte seine Politik Erfolg, die russischen Fürstentümer konnten sich ihre Selbstständigkeit, wenn auch nur mit mongolischer Duldung, erhalten. Sein Sohn Daniel gründete 1280 das Großfürstentum Moskau, das zur Keimzelle des Zarenreiches und des russischen Staates werden sollte.
ALFRED DER GROßE
(847/849–899)
England hat in seiner langen Geschichte an seine Könige und Königinnen nur einmal den Beinamen »der Große« vergeben, an einen Mann, der alle politischen Vorzüge, Tapferkeit und Wissensdurst des frühen Mittelalters vereinigte wie kaum ein anderer.
Alfred СКАЧАТЬ