Die Herrscher und Gestalten des Mittelalters. Reinhard Pohanka
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СКАЧАТЬ die Kirche im 11. Jahrhundert beherrschte. Im Universalienstreit, in dem es darum ging, ob Ideen eine eigene Existenz haben, die notwendigerweise auf Gott zurückgeführt werden müsse, schloss Abaelard, dass die Universalien nur Wörter sind, die vom Menschen zur Bezeichnung von Dingen festgelegt werden. Soweit sie sich auf sinnlich konkret Wahrnehmbares beziehen, sah Abaelard in ihnen nur Benennungen, soweit sie sich auf sinnlich nicht Wahrgenommenes beziehen, handelt es sich um echte Allgemeinbegriffe.

      Weiteren Ungemach handelte sich Abaelard ein, als er in seiner Schrift »Sic et non« (Ja und Nein) den Kirchenvätern, darunter

Augustinus, zahlreiche Irrtümer nachwies, damit den Dogmatismus der Kirche herausforderte und meinte, dass neues Wissen nur aus der Textkritik entstehen kann, und damit wesentlich zum Entstehen der scholastischen Methode beitrug. In seinen ethischen Ansichten wies Abaelard darauf hin, dass nur die innere Haltung des Menschen wertbar sei und den Maßstab für das Urteil Gottes bilden könne, was allen Formen der kirchlichen Einflussnahme auf das Seelenheil, wie etwa den Verkauf von Ablässen, zuwiderlief.

      In seinen theologischen Schriften forderte er zum Dialog zwischen den Religionen Christentum, Judentum und Islam auf und wies die Erbsünde nur Adam und nicht dem einzelnen Christen zu. Für ihn galt, dass, wenn der Mensch seine Vernunft schärfen und einsetzen würde, dann müsste er von selbst zum Glauben finden, da man nur glauben kann, wenn man auch versteht, was man glaubt.

      Abaelard war der Hauptgegner der konservativen Kräfte in der Kirche, hatte aber keine langfristige Wirkung im Mittelalter, was durch das Verbot seiner Schriften wie auch durch seinen Ruf als Ketzer begründet werden kann, er hat aber andere Theologen wie

Peter Lombard und
Thomas von Aquin beeinflusst. Manchmal wird Abaelard auch als einer der Gründer der Pariser Universität betrachtet, seine Gedanken der religiösen Toleranz, seine Meinung über den Einzelnen und die Ansicht, dass Vernunft und Zweifel die Wege zur Erkenntnis sind, gelten bis heute als modern. Seine Liebe zu Heloïse hat Schriftsteller wie Jean-Jacques Rousseau, Ludwig Feuerbach und Luise Rinser zu Werken inspiriert.

      ALBERTUS MAGNUS

      (1193/1200–1280)

      Albertus Magnus war der größte deutsche Philosoph des Mittelalters und auch eines der größten Universalgenies seiner Zeit. Seine Kenntnisse umfassten nicht nur die Philosophie, sondern auch die Naturwissenschaften, die Theologie und die Scholastik.

      Geboren wurde Albertus Magnus aus der adeligen Familie der Grafen von Bollstädt zwischen 1193 und 1200 in Lauingen an der Donau im bayrischen Schwaben. Er dürfte schon in seiner Jugend eine umfassende Erziehung erfahren haben, danach ging er an die Universität in Padua und trat dort 1223 dem Orden der Dominikaner bei. Seine Studien vervollständigte er in Bologna, Paris und Köln.

      Nach seiner Studienzeit lehrte er Theologie in Hildesheim, Freiburg im Breisgau, Ratisbon, Straßburg und Köln, ehe er 1245 nach Paris ging, um hier seinen Doktortitel in Theologie zu empfangen. Bereits in Köln wurde er zum Lehrer des jungen

Thomas von Aquin, erkannte hier bereits dessen Genie und sagte ihm eine glänzende Karriere voraus. Thomas folgte Albertus nach Paris und ging mit ihm weiter nach Köln, wo die Universität eine neue Form des Studiums, das »Studium generale«, eingerichtet hatte. Albertus wurde zum Rektor der Universität ernannt, Thomas zum Vorsteher der Studentenschaft.

      1254 wählte man Albertus zum Provinzial des Dominikanerordens in Deutschland, 1256 finden wir ihn in Rom, um die Bettelorden vor Papst Alexander IV. gegen Angriffe zu verteidigen. 1257 legte er das Amt des Provinzials nieder, um sich ganz seinen Studien zu widmen. 1260 übernahm er das Amt des Bischofs von Ratisbon, das er bis 1262 innehatte, um sich dann wieder nach Köln zu Studien und zur Lehrtätigkeit zurückzuziehen.

      In den verbleibenden Jahren widmete er sich theologischen und naturwissenschaftlichen Studien und wurde von den Päpsten als Ratgeber geschätzt. 1274 reiste er auf Bitten von Papst Gregor X. zum Konzil von Lyon und nahm dort an den Beratungen teil.

      Der Tod seine Lieblingsschülers Thomas von Aquin im Jahre 1274 war ein schwerer Schlag für Albertus. Als 1277 durch den Pariser Bischof Stephan Tempier Tendenzen auftraten, die Schriften des Thomas von Aquin als häretisch zu verbieten, reiste er trotz seiner 84 Jahre nach Paris, um die Lehren seines Lieblingsschülers erfolgreich zu verteidigen.

      1278 erfasste ihn eine schwere Krankheit, sein Gedächtnis ließ ihn im Stich, und seine körperlichen Kräfte, geschwächt durch seine vielen Reisen und die Prinzipien des mönchischen Lebens, die er trotz seiner Erfolge stets einzuhalten versucht hatte, ließen nach. Albertus Magnus starb 1280 in Köln, begraben wurde er in der Krypta von St. Andreas. 1622 wurde er von Papst Gregor XV. selig gesprochen, die Heiligsprechung erfolgte im Jahre 1931.

      Das Werk des Albertus Magnus umfasst 70 handschriftlich verfasste Abhandlungen und verschaffte ihm den Ehrentitel eines »Doctor universalis«. Albertus wollte das gesamte Wissen seiner Zeit erfassen und in Lehrbüchern niederschreiben. Eine erste Gesamtausgabe seiner Werke erschien 1651 in Lyon in 21 Bänden, die zweite zwischen 1890-99 in Paris. Die Themen seiner Werke umfassen die Logik, Physik, Biologie, Psychologie, Moral, Politologie, Metaphysik und Theologie sowie Werke über Alchemie. In seinen Arbeiten, die durchaus schon enzyklopädisch zu nennen sind, beschritt er in vielen Teilbereichen als Erster den wissenschaftliche Ansatz einer Klassifizierung, wie in den Arbeiten zur mitteleuropäischen Flora und in seinen Beschreibungen der Geografie der Welt. Bahnbrechend waren auch seine Arbeiten in der Mineralogie, für die er eine erste Systematik entwickelte. Albertus Magnus arbeitete das gesamte Wissen seiner Zeit durch und versuchte, den christlichen Glauben mit den Lehren der naturwissenschaftlichen Philosophie eines Aristoteles zu verbinden. Es gelang ihm allerdings nicht, alle diese Disziplinen in eine geschlossene Systematik zu überführen, dies sollte erst seinem größten Schüler Thomas von Aquin, der ihn in manchen Teilbereichen übertroffen hat, gelingen.

      Für Albertus Magnus gab es keinen Unterschied zwischen den Wissenschaften und der Philosophie. Als Wissenschaftler, der sich nicht, wie zu dieser Zeit üblich, auf die Theorie beschränkte, sondern auch praktische Versuche durchführte, scheute er sich nicht zu verkünden, dass auch Aristoteles, der als die unumstößliche Autorität galt, geirrt hatte. Sein für seine Zeitgenossen unglaubliches Wissen ließ Legenden entstehen, dass er mit dunklen Mächten im Bunde und ein Magier gewesen sei.

      Gemeinsam mit

Roger Bacon postulierte er, dass die Wissenschaften und die kirchlichen Lehren einander nicht ausschließen, sondern Hand in Hand gehen können. Albertus versuchte aber mit einer gewissen Vorsicht, seine neuen Erkenntnisse mit den kirchlichen Lehren in Einklang zu bringen und die kirchlichen Dogmen nicht allzu radikal in Frage zu stellen. Seine Methode war geschickt, erst sammelte er alles Wissen seiner Zeit, überprüfte es, wo nötig in Experimenten und veröffentlichte seine Ergebnisse in Form von Kommentaren zu den Werken des Aristoteles. Manchmal versagte er sich auch eine eigene Meinung, weil er Angst hatte, sie könnte zu fortschrittlich sein. Albertus vermutete, dass die Erde eine Kugel sei, und sagte die Existenz eines Kontinentes im Westen des Atlantiks voraus.

      Seine Leistung für die Philosophie besteht im Kommentar aller Werke des Aristoteles und in der Hinzuziehung weiterer antiker Quellen bei der Interpretation der aristotelischen Philosophie. Damit bereitete er die klare Aufgabentrennung zwischen Philosophie und Theologie vor, die Thomas von Aquin dann ausarbeitete.

      Albertus Magnus hebt ausdrücklich die Natur in ihrer Eigenständigkeit hervor und sieht es als Aufgabenbereich der Philosophie an, СКАЧАТЬ