Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch. Walther Kabel
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Название: Science-Fiction-Romane: 33 Titel in einem Buch

Автор: Walther Kabel

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075835246

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СКАЧАТЬ wenn sie während der spärlichen Unterhaltung sich mit geringem Erfolg bemüht hatte, in ihrer Ausdrucksweise den Ton eines halbgebildeten Mädchens zu treffen. Und doch wußte ich ihren Vornamen: Gerda! – Der Mann mit dem blonden Spitzbart hatte ihn mehrfach über seine elenden Lippen gebracht, bevor ich ihn in die Taxushecke hinabschleuderte, diesen jämmerlichen Halunken. Gerda also. Immerhin etwas. Aber ein niedliches Zöfchen – niemals! Schon das Schlafzimmer hatte dagegen gesprochen, erst recht ihr Benehmen, ebenso sehr ihre Sicherheit in der Führung des Kraftwagens.

      Schade, daß ich mir von ihren Gesichtszügen keine rechte Vorstellung machen konnte. Nur die großen dunklen Augen, das blonde Haar und ein Paar sehr frische, sehr schön geformte Lippen hatten sich meinem Gedächtnis fest eingeprägt.

      Vielleicht war Gerda eine Freundin oder Verwandte der berühmten Schriftstellerin, – es mußte wohl so sein: Verwandte, vielleicht eine Nichte, denn die große Dichterin zählte mindestens fünfzig Jahre und entstammte einer zahlreichen Familie.

      Gerda …

      Das Leben würfelt mit Menschenschicksalen. Blinder Zufall regiert unser Dasein. An ein Datum, eine Vorausbestimmung unserer Lebenslinie, glaube ich nicht. Wäre dieses Rückgrat der Lehre des Propheten Mohammed unentwirrbar von der Wiege an in unseres Daseins buntes Netz mit hineingewirkt, wären wir Menschlein nur Marionetten, die am unsichtbaren Faden eine vorgeschriebene Bahn entlanggeleitet würden, so täten wir besser, am Tage der Vollreife geistiger Erkenntnis uns eine Pistole an die Schläfe zu drücken und diese Marionettenfäden zu durchlöchern, um wenigstens in diesem einen Augenblick, wo der tödliche Schuß knallt, Herr über uns selbst zu werden und nicht bis zum »vorgeschriebenen Verrecken« elende Hampelmänner zu bleiben.

      Das Leben würfelt … Und auf zwei Flächen zweier Würfel standen zwei Namen. Das Leben schüttelte den Schicksalsbecher, und diese Namen fielen nach oben, – aber der meine war nicht darunter.

      2. Kapitel

       Doch entwischt

       Inhaltsverzeichnis

      Chaussee nordöstlich von Trelleborg. Es regnet noch immer. In der Strohhütte einiger Steinschläger, die ihre Arbeit noch nicht begonnen hatten, schaute ich in den Spiegel hinein, den ich aus der Chauffeurstube gleichfalls entliehen hatte. Ein Rasierspiegel zeigte mir so ein kittgraues mageres Gesicht mit hoher eckiger Stirn, dünnem Blondhaar, einer schmalen, ganz leicht gekrümmten Nase und einer Mund- und Kinnpartie, die der Herr Staatsanwalt vor acht Monaten zum Gegenstand besonderer Bemerkungen gemacht hatte: brutal, selbstbewußt, fast roh in der Linienführung, auf Jähzorn hindeutend – und so weiter! Der Mann hatte nicht so ganz unrecht gehabt. Nur eins stimmte nicht. Von Jähzorn hatte ich bei mir nie etwas gespürt. Lächerlich – ich, der schon als Schüler die Kunst der Selbstbeherrschung mit allen Kniffen modernster Seelenforschung geübt hatte!

      Wie unheimlich ich jetzt doch mit diesen eingefallenen Wangen und mit diesem ungesund bleichen Gesicht meiner Mutter glich! Eine frohe, lebensprühende Berlinerin war’s gewesen, die den Oberlehrer Doktor Abelsen heiratete, einen schwerblütigen, stumpfen echten Schweden von der Art, wie dieses Land sie nur zu oft hervorbringt, – Männer, zu tief veranlagt, um dem schnellen Rhythmus der modernen Zeit folgen zu können, – so tief veranlagt, daß das Einerlei des Alltags sie vorzeitig zu melancholischem Vegetieren verdammt. Daß zwei so grundverschiedene Naturen wie meine sonnige Mutter und mein niemals lächelnder Vater sich gegenseitig das Leben zur Hölle machen mußten, daß meine Mutter dahinwelkte und früh starb und mein Vater ihr aus Gram sehr bald folgte, denn auf seine Art hatte er sie ja geliebt, – war das ein Wunder?! Und das einzige Kind dieser unseligen Daseins-Nichtverwandtschaft war ich. Ich, in meinem Fühlen, Denken, Handeln weit mehr Deutscher als Schwede, ich, der die tote Mutter in seinem Herzen als Heilige verehrte und nie von ihr sprach – nie!

      Die Schminkstifte unauffällig zu benutzen, war nicht ganz so einfach für einen Laien auf dem Gebiete der Gesichtsveränderung. Nach mehreren mißglückten Versuchen war ich mit dem rotwangigen Gesicht Olaf Karl Abelsens – nein doch, des Chauffeurs Gunnar Aalfström zufrieden. Ich hatte ja auch Aalfströms Paß an mich genommen, ohne den ich niemals das Fährschiff nach Saßnitz hätte betreten können, da jetzt so kurz nach dem Ende des großen Völkermordens die Grenzkontrolle noch sehr scharf gehandhabt wurde.

      Ich wanderte dem Hafen zu. Trelleborg ist ein elendes, reizloses Nest, und wer von den eindrucksvollen Gestaden Rügens zum ersten Male nach Trelleborg kommt, muß unsagbar enttäuscht sein.

      Ich wußte, daß der Trajekt um sieben Uhr Trelleborg verläßt. Ich hatte gerade noch Zeit, mir eine Fahrkarte zu lösen. Gerda hatte mir in das Päckchen auch fünfhundert Kronen hineingelegt, dazu noch, mir sehr wertvoll, eine jener Damen-Miniaturpistolen, wie die Stockholmer Waffenfabrik sie neuerdings mit Patronenrahmen zu sieben Stück auf den Markt gebracht hat.

      Die Paßkontrolle ging ohne Weiterungen vonstatten, desgleichen die Zollkontrolle. Mein kleiner Koffer enthielt ja nur die allerbescheidensten und allernotwendigsten Reiseutensilien. Die Schminkstifte hatte ich weggeworfen.

      So betrat ich denn den Rauchsalon der eleganten »Drottning Viktoria«, setzte mich in einen Klubsessel und bestellte beim Steward Frühstück.

      Die Schiffsglocke am Kai begann zu läuten. Ich atmete doch ein wenig erleichtert auf. Gleich mußte der große Dampfer, den D-Zug unten in seinem weiten Bauche, die Liegestelle verlassen.

      Die Schiffsglocke hörte jäh mit ihrem Gebimmel auf.

      Die Maschinen, die bereits in Gang gewesen, stoppten wieder, und das dumpfe Dröhnen, das sie hier zum Oberdeck emporgeschickt hatten, verstummte.

      Ich nahm den ersten Schluck Kaffee und den ersten Happen des noch bäckerwarmen Brötchens, dann schob ich die kleine Pistole in den rechten Ärmel – entsichert. Lebend fing mich niemand. Und aß weiter, nur die Linke benutzend.

      Außer mir befanden sich nur noch zwei Herren im Rauchsalon, – ein fetter Handelsbeflissener und ein schlanker Mann mit bartlosem Gesicht, der nach mir hereingekommen war und mir nun den Rücken zukehrte und Zeitung las.

      Was ich vermutet, geschah: drei Herren in Zivil betraten den Salon und näherten sich mir. Mein Herz tat zehn raschere Schläge, beruhigte sich wieder. Mein kurz geschorenes Blondhaar wurde durch die tief herabgezogene Reisemütze verdeckt, und mein rotes, gesundes Gesicht, die dunkel gefärbten Augenbrauen und die Schatten um den Mund hatten von dem Aussehen eines vor fünf Stunden aus dem Staatshotel urplötzlich verschwundenen Gastes mit der Nummer 311 wenig übrig gelassen.

      Polizeibeamte … Fragten nach meinem Paß.

      »Bitte …«

      War in Ordnung …

      Ich kaute und nahm wieder einen Schluck Kaffee. Sechs Augen musterten mich, ließen sich täuschen.

      Die drei wandten sich dem Zeitungsleser zu. Der erschien mir sichtlich nervös, und als ich nun sein Profil gegen die dunkle Wandtäfelung als klare Silhouette sah, kam er mir merkwürdig bekannt vor. Nun, ich kenne viele Herren in Schweden, die mich nicht mehr kennen wollen.

      Und ich frühstückte weiter. Die drei zogen ab, und sehr bald bimmelte die Kaiglocke von neuem. Die »Drottning Viktoria«, jeder Schwede ist mit Recht stolz auf sie, dampfte in die stark bewegte Ostsee hinaus.

      Der zweite Punkt meines Programms war erledigt. Wenn der dritte, die Landung in Saßnitz, ebenso tadellos klappte, war ich nach fünf Stunden in Sicherheit.

      Der СКАЧАТЬ