Kult-Krimis: 26 Romane & Detektivgeschichten. Friedrich Glauser
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Читать онлайн книгу Kult-Krimis: 26 Romane & Detektivgeschichten - Friedrich Glauser страница 39

Название: Kult-Krimis: 26 Romane & Detektivgeschichten

Автор: Friedrich Glauser

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788075834973

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СКАЧАТЬ weißt, du kannst ruhig da oben bleiben, bis alles sich beruhigt hat. Hört uns niemand?« fragte Studer plötzlich.

      Armin schüttelte den Kopf. Jetzt, da er allein war, schien er gar nicht mehr so frech. Kein höhnisches Lächeln war auf seinen Lippen zu sehen. Er war ein gewöhnlicher, ängstlicher Bub, der nur die eine Sehnsucht zu haben schien, eine unangenehme Geschichte so bald als möglich los zu sein.

      »Warum bist du fortgelaufen? Weißt, ich hab es gleich gewußt, schon gestern Nachmittag, wie dir die Berta gewunken hat, von der offenen Tür. Aber wozu hast du fünfhundert Franken gebraucht? Hier kannst du doch nichts ausgeben?«

      – Er habe weiter wollen, sagte Armin. Weit fort. Er wäre schwarz über die Grenze gegangen nach Paris; dort habe er einen Freund, der hätte ihm dann schon einen Paß besorgt. – Wo denn die Kraienbühls seien? – Beim Bohnensetzen, glaube er, sagte Armin. – Gut! meinte Studer. Das, was er wissen wolle, sei mit ein paar Worten gesagt.

      Der Wachtmeister zog sein Notizbuch aus der Tasche. Dabei fühlte er, daß sein Herz hart und sehr schnell schlug – aber es war nicht der Fall Witschi, der dem Wachtmeister Herzklopfen verursachte.

      Die Schwester hat schon alles erzählt. Wir wollen schauen, ob wir das mit dem Versicherungsbetrug einrenken können, denn um einen solchen wird es sich wahrscheinlich handeln, wenn… Eben wenn. Aber du mußt mir jetzt klare Auskunft geben: Was hast du damals mit deinem Vater ausgemacht?«

      Und Armin Witschi gab anstandslos Auskunft. Er war sehr zahm, schier zu zahm. Aber das war eben immer so bei derartigen Charakteren, dachte Studer. Sie trumpfen auf, wenn sie in Gesellschaft sind, aber wenn man unter vier Augen mit ihnen spricht, so geben sie klein bei…

      Der Vater habe sich lange geweigert, einen Unfall vorzutäuschen. Aber schließlich, als der Ellenberger kein Geld mehr geben wollte, als ihnen das Wasser fast an den Mund gestiegen war, da war schließlich der Vater einverstanden gewesen.

      Er sollte sich ins Bein schießen, dann warten, bis er, Armin, den Revolver versteckt habe, und dann schreien. Sicher würde jemand kommen, die Baumschulen vom Ellenberger seien ganz in der Nähe des Platzes gewesen, den sie ausgesucht hätten, und dann solle der Vater behaupten, er sei überfallen worden, beraubt.

      »Wir haben gemeint, am besten wird es sein, die Sache« (›die Sache!‹ sagte Armin) »am späten Abend zu machen. Dann kann der Vater seine Geschichte erzählen und die Leute werden ihm auch glauben, daß er seinen Angreifer nicht gesehen hat. Dann gibt's kein lästiges Gefrage, der Verdacht fällt auf alle Arbeiter des Ellenberger; und die sind ja vorbestraft. Aber es kann ja keinen treffen, denn sie werden ihre Unschuld beweisen können; die Sache wird niedergeschlagen, und die Versicherung zahlt uns das Geld…«

      »Hm«, brummte Studer. »Aber dann ist es anders gegangen?«

      Wir haben einen Abend festgesetzt, an dem der Vater mit etwas Geld hat heimkommen müssen und haben sogar davon erzählt, das heißt, der Vater hat beim Ellenberger davon gesprochen, während die Arbeiter dabei waren. Das haben wir so ausgemacht. Der Vater hatte einen Browning.«

      »Von wem?«

      »Der alte Ellenberger hat ihn in der Stadt gekauft…«

      »Ist das sicher?«

      »Ja. Der alte Ellenberger hat um die Geschichte gewußt. Auch der Onkel Aeschbacher.«

      »So?«

      »Die Mutter hat's ihm erzählt. Er war doch ein Verwandter von ihr.«

      »Und Gemeindepräsident…«, sagte Studer leise und wiegte den Kopf hin und her, wie ein alter Jude, dem plötzlich die Bedeutung eines dunklen Talmudsatzes klar geworden ist.

      »Ja. Der Vater hat den Browning probiert, Zigarettenblätter in den Lauf geschoppt, bis er gewußt hat, wie man es zu machen hat, daß es keine Pulverspuren gibt. Also, an dem Abend hab' ich ihm abgepaßt. Von zehn Uhr an. Ich hab' das ›Zehnderli‹ vom Vater gehört, er ist abgestiegen, wie wir es vereinbart hatten, er hat mich gesehen, und mir noch zugewunken, hat neben das Rad seine Brieftasche, seine Uhr, seinen Füllfederhalter…«

      »Parker Duofold«, sagte Studer, mit der Stimme eines anpreisenden Verkäufers.

      »Richtig. Und dann ist er in den Wald gegangen. Es hat lange gedauert, bis ich den Schuß gehört habe. Und dann war es nicht einer, sondern zwei. Das hat mich gewundert. Denn die Schüsse sind kurz hintereinander gefallen. Ich kam nicht recht draus. Wenn er sich mit dem ersten nicht verwundet hatte, so war es doch eine Dummheit, noch einmal zu schießen, denn das zweite Mal hätte er doch wieder Zigarettenblättli in den Lauf schoppen müssen, und das ging doch eine Weile.«

      Schweigen. Sonja seufzte kurz auf, zog ihr verknäueltes Taschentuch hervor und wischte sich die Augen. Studer legte seine Hand über die Hand des Mädchens.

      »Nicht weinen, Meitschi«, sagte er. »Es ist wie beim Zahnarzt, nur wenn er die Zange ansetzt, spürt man's, nachher geht's von selbst.« Sonja mußte ein wenig lächeln.

      Im Küchenofen knackte das Holz, von dem Deckel, der eine Pfanne bedeckte, fielen Tropfen auf die Herdplatte und zischten leise. Der Wachstuchüberzug des Tisches, an dem die Drei saßen, fühlte sich speckig und kalt an. Durch die offene Tür sah man ein einsames Huhn, das vergebens versuchte, die Pflastersteine wegzukratzen. Es war sehr emsig, das kleine weiße Huhn, und sehr still…

      »Ich ging dann in den Wald. Ich hab den Vater gesucht. Wir hatten den Platz ausgemacht, damit ich nicht zu lange nach dem Revolver zu suchen brauchte. Endlich hab' ich den Vater gefunden. Er lag an einer ganz anderen Stelle.«

      »An einer andern Stelle? Bist du sicher?«

      »Ja, wir hatten eine große Buche als Treffpunkt ausgemacht, aber er lag etwa dreißig Meter davon entfernt unter einer Tanne.«

      »Ja, unter einer Tanne. Und das war ein Glück…« sagte Studer leise.

      »Warum ein Glück?« fragte Sonja mit erstickter Stimme.

      »Weil ich sonst nicht hätte merken können, daß auf der Kutte des Vaters keine Tannennadeln waren.«

      Die beiden blickten ihn erstaunt an, aber Studer winkte ab. Der stechende Punkt in der Brust meldete sich wieder, sein Kopf war heiß. Nur jetzt keine Erklärungen geben müssen!…

      »Er lag unter der Tanne und hatte einen Schuß hinter dem rechten Ohr. Ich hab's gesehen, weil ich eine Taschenlampe mitgenommen hatte. Der Revolver lag neben seiner Hand.«

      »Der rechten oder der linken?«

      »Wart, Wachtmeister, ich muß nachdenken. Die Arme waren ausgestreckt, zu beiden Seiten des Kopfes, und der Browning lag in der Mitte…«

      »Das bringt uns nicht weiter«, sagte Studer.

      »Ich hab die Waffe aufgelesen und bin heim. Unterwegs hab ich mir dann überlegt, was wir machen sollen. Der Vater war tot. Vielleicht war das besser für ihn. Ich wußte, daß der Onkel Aeschbacher nur eine Gelegenheit abpaßte, um den Vater nach Hansen oder Witzwil zu versorgen.«

      »Hast du die Brieftasche und die andern Sachen gleich aufgehoben, nachdem sie der Vater abgelegt hat?«

      »Nein, nicht gleich. Es ist nämlich etwas dazwischengekommen, Ich hab ein Auto näherkommen hören…«

      »Von СКАЧАТЬ