Die schönsten Erzählungen von Guy de Maupassant. Ги де Мопассан
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Название: Die schönsten Erzählungen von Guy de Maupassant

Автор: Ги де Мопассан

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027206551

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СКАЧАТЬ bis an die Thür zurück, immer seine Frau in den Armen, die zu schluchzen begann. Ich lief hin, schloß die Thür ab, steckte den Schlüssel ein und sagte:

      – Sehen Sie sie doch an, und nun leugnen Sie noch, daß sie meine Mutter ist!

      Da ward er wütend, wurde totenblaß, entsetzt bei dem Gedanken, daß der Skandal, den er bisher vermieden, nun plötzlich ans Licht kommen könnte und mit einemmal ihre Stellung, ihr Name, ihre Ehre verloren wäre, und er stammelte:

      – Sie sind ein Erpresser, Sie wollen uns nur Geld entlocken. Man muß diesem Volk nur Gutes thun, dieser Canaille, natürlich, nur Gutes thun!

      Meine Mutter wiederholte fortwährend verzweifelt:

      – Gehen wir doch! Gehen wir!

      Da rief er, weil die Thür verschlossen war:

      – Wenn Sie nicht sofort die Thür öffnen, werde ich Sie ins Gefängnis bringen wegen Erpressung und Freiheitsberaubung, hören Sie!

      Ich war ganz Herr meiner selbst geblieben, öffnete die Thür und sah ihnen nach, wie sie in der Dunkelheit verschwanden.

      Da war es mir plötzlich, als wäre ich Waise geworden, als wäre ich mutterseelen allein in den Rinnstein gestoßen. Eine furchtbare Traurigkeit, Zorn, Haß, Ekel, kam über mich, alles empörte sich in mir, ich wollte Gerechtigkeit, Recht, Ehre, Liebe.

      Ich rannte ihnen nach, um sie an der Seine einzuholen, den Weg, den sie machen mußten zum Bahnhof von Chatou. Bald traf ich sie. Die Nacht war pechschwarz.

      Ich schlich auf dem Grase hinter ihnen drein, daß sie mich nicht hörten. Meine Mutter weinte fortwährend. Mein Vater sagte:

      – Du bist daran schuld, warum wolltest Du ihn wiedersehen, das war in unserer Lage ein Unsinn. Man hätte ihm von weitem schon etwas zukommen lassen können, ohne sich zu verraten. Da wir ihn doch nicht anerkennen können, wozu dann diese gefährlichen Besuche!

      Da stürzte ich mich ihnen entgegen und bat und stammelte:

      – Ihr seid meine Eltern, ihr habt mich schon einmal verstoßen, wollt ihr mich zum zweiten Mal verstoßen?

      Doch er ward wütend, erhob die Hand gegen mich. Ich schwöre es auf meine Ehre, auf das Gesetz, er schlug mich, und als ich ihn bei der Kehle packte, zog er einen Revolver aus der Tasche.

      Mir ward es wie Blut vor den Augen, ich weiß nicht mehr was ich that, aber ich hatte ein Instrument in der Tasche und damit schlug ich auf ihn drein, so stark ich konnte. Da begann sie zu schreien:

      – Hilfe! Mörder!

      Sie riß mich beim Bart. Wahrscheinlich habe ich sie auch getötet, weiß ich was ich that? Habe ich’s in dem Moment gewußt?

      Als ich sie dann beide am Boden liegen sah, warf ich sie in die Seine, ohne an irgend etwas zu denken.

      So, ich bin fertig, nun bitte ich um mein Urteil!

      Der Angeklagte setzte sich. Angesichts dieser Enthüllung wurde die Sache auf die nächste Session vertagt.

      Er wird bald abgeurteilt werden.

      Wenn wir Geschworene wären, wie urteilten wir wohl über diesen Elternmord?

      Der Lummen-Felsen

       Inhaltsverzeichnis

      Jetzt ist die Strichzeit der Lummen. Vom April bis Ende Mai, ehe die Pariser Badegäste ankommen, erscheinen plötzlich in Étretat ein paar alte Herren in hohen Stiefeln und Jagdanzügen. Sie bringen vier oder fünf Tage im Hotel Hauville zu, verschwinden wieder, kommen drei Wochen später abermals und gehen dann nach kurzem Aufenthalt endgiltig davon.

      In jedem Frühjahr erblickt man sie von neuem. Das sind die letzten Lummen-Jäger, die von der alten Garde noch übrig sind, denn einst war es eine Anzahl von etwa zwanzig fanatischen Liebhabern, so vor dreißig oder vierzig Jahren, jetzt sind es nur ein paar ganz vereinzelte, enragierte Schützen.

      Die Lumme ist ein sehr seltener Zugvogel. Er hält sich fast das ganze Jahr an den Gestaden der Neuen Welt, auf den Inseln St. Pierre und Miquelon, auf, aber in der Balzzeit überfliegt eine ganze Anzahl den Ozean, und jährlich kommen sie immer nach demselben Ort, um bei Étretat Eier zu legen und zu brüten an den sogenannten Lummen-Felsen.

      Die Tiere giebt es nur dort, nirgends sonst. Sie sind immer gekommen, man hat sie immer geschossen und sie kommen immer wieder und werden immer wiederkommen. Sobald die Jungen flügge sind, ziehen sie davon und verschwinden bis zum nächsten Jahr.

      Warum gehen sie nie anderwärts? Warum suchen sie keinen andern Punkt dieser langen weißen Küste auf, die überall dieselbe ist von Calais bis Havre? Welche Gewalt, welch unwiderstehlicher Instinkt, welche Jahrhunderte lange Gewohnheit bringt diese Vögel dazu, immer an diesen Punkt zurückzukehren?

      Welcher erste Auswandererflug, welcher Sturm vielleicht hat einst ihre Urväter an diesen Fels verschlagen? Und warum sind die Kinder, die Onkel, alle Nachkommen der ersten hierher zurückgekehrt?

      Zahlreich sind sie nicht, höchstens hundert Stück, als ob eine einzige Familie aus Tradition diese jährliche Reise machte. Und jedes Frühjahr, sobald die kleine Zugvögelschaar auf den Fels eingekehrt ist, erscheinen dieselben Jäger im Dorf.

      Man hat sie einst noch als junge Leute gekannt, heute sind sie alt, aber sie bleiben dem regelmäßigen Stelldichein, das sie sich seit dreißig oder vierzig Jahren gaben, treu.

      Um nichts in der Welt würden sie fehlen.

      An einem Mondscheinabend des April in einem der letzten Jahre, waren eben drei der alten Jäger angekommen; nur einer, Herr von Arnelles fehlte. Er hatte niemandem geschrieben und nichts von sich hören lassen, und doch war er nicht gestorben etwa, wie so viele andere, das hätte man gewußt.

      Endlich setzten sich die ersten Ankömmlinge, des Wartens müde, zu Tisch; das Essen war beinahe zu Ende, als ein Wagen in den Hof des Wirtshauses rollte, und bald trat der Spätling ein.

      Er setzte sich, rieb sich die Hände, aß mit großem Appetit, und da einer seiner Freunde sich wunderte, daß er im schwarzen Gehrock war, antwortete er ganz ruhig:

      – Ich hatte keine Zeit mehr, mich umzuziehen.

      Bald nach Tisch ging man zu Bett, denn um die Vögel zu erwischen, muß man vor Tagesanbruch aufstehen. Nichts ist so köstlich wie diese Jagd, diese Frühpürsche.

      Gegen drei Uhr wecken Matrosen die Jäger, indem sie Sand an die Fenster werfen. In wenigen Minuten sind sie angezogen und kommen herab. Obgleich die Dämmerung noch nicht angebrochen ist, sind doch die Sterne schon etwas verblaßt; das Meer braust auf den Steinen am Ufer, es weht eine frische Brise, daß man ein wenig fröstelt, trotz der dicken Anzüge.

      Bald rutschen die beiden Barken, von den Männern geschoben, auf dem mit runden Kieseln bedeckten Strande hinab mit einem Ton, als würde Leinwand zerfetzt. Dann wiegen sie sich auf den ersten Wellen, das braune Segel wird gehißt, bläht sich ein wenig, flattert, füllt sich dann und leicht trägt es uns davon zum großen Thor, das man unbestimmt in der Dämmerung sieht.

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