Die schönsten Erzählungen von Guy de Maupassant. Ги де Мопассан
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Название: Die schönsten Erzählungen von Guy de Maupassant

Автор: Ги де Мопассан

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027206551

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СКАЧАТЬ Partei an, die einst die Republik standrechtlich erschießen und guillotinieren ließ, und die sie heute mit offenen Armen aufnimmt. Jener Partei, für die Brandstiftung ein Prinzip bedeutet und Mord ein ganz gewöhnliches Mittel zum Zweck.

      Jene traurigen Grundsätze, die jetzt in den Volksversammlungen breitgetreten werden, haben diesen Mann auf dem Gewissen.

      Er hat gehört, wie Republikaner, ja sogar Frauen, jawohl Frauen, Gambettas und des Präsidenten Grévi Blut gefordert haben. Sein kranker Geist ist dem unterlegen, er hat Blut sehen wollen, das Blut der Bürger.

      Meine Herren, Sie müssen nicht ihn anklagen, sondern die Kommune!

      Ein beifälliges Murmeln ward gehört, man fühlte, daß der Verteidiger das Spiel gewonnen. Der Staatsanwalt antwortete nicht. Da stellte der Präsident die übliche Frage:

      – Angeklagter, haben Sie noch etwas zu Ihrer Verteidigung vorzubringen?

      Der Mann erhob sich.

      Er war klein, flachsblond, mit grauen, scharfen, klaren Augen. Seine Stimme klang stark, offen und laut, und bei den ersten Worten schon hatte man von ihm einen anderen Begriff, als man sich zuerst von ihm gemacht.

      Er sprach laut, mit Ausdruck und so deutlich, daß man bis in die letzte Ecke des großen Saales jedes Wort verstand:

      – Herr Präsident! Da ich nicht in ein Irrenhaus kommen mag und die Guillotine vorziehe, werde ich alles gestehen. Ich habe diesen Mann und diese Frau getötet, weil sie meine Eltern waren. Nun hören Sie; und dann verurteilen Sie mich.

      Eine Frau, die ein Kind bekommen hatte, ließ es irgend wohin zu einer Ziehfrau bringen. Hat sie überhaupt gewußt, wohin ihr Mitschuldiger das kleine unschuldige Wesen schleppte, das zu ewigem Elend verurteilt worden, zur Schmach außerehelicher Geburt, ja zu mehr noch, zum Tode, da man sich nicht mehr darum kümmerte und die Ziehfrau, als sie die monatlichen Zahlungen nicht mehr erhielt, es sterben lassen konnte, wie solche Frauen es oft thun, sterben lassen vor Hunger und vor Vernachlässigung.

      Die Frau, zu der mich der Zufall führte, war eine brave Frau, ehrlicher, braver, eine bessere Mutter, als meine Mutter. Sie zog mich groß. Sie that Unrecht, indem sie ihre Pflicht erfüllte. Besser, jene elenden Wesen, die man in die Vororte stößt, wie man Steine hinausfährt, umkommen zu lassen.

      Ich ward groß mit dem unbestimmten Gefühl, daß ein Makel an mir hafte. Die anderen Kinder nannten mich eines Tages einen Bastard; sie wußten nicht, was das hieß, sie hatten es irgend einmal zu Haus gehört, ich wußte es auch nicht, aber ich fühlte es.

      Ich war, das kann ich wohl sagen, eines der fleißigsten Kinder in der Schule und, Herr Präsident, ich wäre auch ein ehrlicher, ein tüchtiger Mann geworden, wenn meine Eltern nicht das Verbrechen begangen hätten, sich nicht um mich zu kümmern.

      Ja, dieses Verbrechen haben sie gegen mich begangen, ich war das Opfer, sie die Schuldigen. Ich konnte mich nicht wehren, sie fühlten kein Mitleid; sie hätten mich lieben müssen: sie verstießen mich.

      Ich verdanke ihnen das Leben, aber ist denn das Leben ein Geschenk? Mein Leben jedenfalls war nur Unglück! Nach ihrer schmachvollen Vernachlässigung war ich ihnen nur noch Rache schuldig. Sie begingen gegen mich das unmenschlichste, infamste, das man gegen ein anderes Wesen begehen kann.

      Ein Beleidigter wehrt sich, einer der bestohlen wird, nimmt gewaltsam sein Eigentum zurück. Einer der betrogen und gequält wird, tötet; einer der geschlagen wird, tötet, einer der entehrt wird, tötet – alle diese handeln im Affekt, im Zorn.

      Ich bin moralisch mehr bestohlen, betrogen, gequält, geschlagen und entehrt worden, als alle, denen Sie den Zorn als Milderungsgrund anrechnen.

      Ich habe getötet, es war mein unantastbares Recht; ich habe ihr glückliches Leben genommen für das furchtbare Leben, das sie mir gegeben hatten.

      Sie werden es Elternmord nennen, aber waren das meine Eltern, diese Leute, für die ich eine schreckliche Last bedeutete, ein Schreck, ein Makel, für die meine Geburt ein Unglück gewesen ist und mein Leben ewig drohende Schande?

      Sie suchten egoistisches Vergnügen, Wollust, es ward ein Kind daraus, sie haben das Kind beseitigt, nun war es an mir, ihnen das gleiche zu thun.

      Und doch noch im letzten Augenblick wäre ich bereit gewesen, sie zu lieben. Vor zwei Jahren habe ich Ihnen gesagt, kam der Mann, der mein Vater war, zum ersten Mal zu mir. Ich hatte von nichts eine Ahnung. Er bestellte zwei Möbelstücke.

      Er hatte sich, das erfuhr ich später, beim Pfarrer nach mir erkundigt, wohl verstanden, unter dem Siegel des Geheimnisses. Er kam öfters wieder, er gab mir Arbeit und bezahlte gut.

      Manchmal sprach er von diesem und jenem mit mir, und ich hatte ihn gern.

      Anfang dieses Jahres brachte er einmal seine Frau, meine Mutter mit. Als sie eintrat, zitterte sie so stark, daß ich meinte, sie wäre nervenkrank.

      Sie bat um einen Stuhl und ein Glas Wasser. Sie sagte nichts, sie betrachtete meine Möbel mit irren Blick und antwortete nur ja und nein, wüst durcheinander, auf alle Fragen, die er stellte. Als sie fort waren, meinte ich, sie wäre wohl ein wenig verrückt.

      Im nächsten Monat kamen sie wieder. Sie war ruhig, voller Selbstbeherrschung. An dem Tage blieben sie lange und gaben mir einen großen Auftrag.

      Ich sah sie noch dreimal, ohne etwas zu ahnen, wieder. Aber eines Tages begann sie von meinem Leben, meiner Kindheit und meinen Eltern zu sprechen. Ich antwortete:

      – Meine Eltern, gnädige Frau, sind Elende gewesen, die mich verlassen haben.

      Da preßte sie die Hand aufs Herz und verlor die Besinnung. Ich dachte sofort:

      – Das ist meine Mutter! – aber ich hütete mich wohl, etwas merken zu lassen. Nun erkundigte ich mich meinerseits, und erfuhr, daß sie erst seit dem vergangenen Jahr verheiratet waren, und daß meine Mutter drei Jahre Witwe gewesen. Das Gerücht ging, sie hätte mit ihrem jetzigen Mann ein Verhältnis gehabt, während der erste Mann noch lebte, aber einen Beweis gab es nicht. Ich war der Beweis, der Beweis, den man zuerst verborgen und dann gehofft hatte, ganz zu beseitigen.

      Ich wartete, sie erschien eines Tages wieder, von meinem Vater begleitet. An diesem Tage war sie sehr bewegt, ich weiß nicht warum. Dann sagte sie zu mir, ehe sie fortgingen:

      – Ich wünsche Ihnen alles Gute, denn Sie scheinen ein tüchtiger Arbeiter und ein braver Mensch zu sein. Sie werden sich wohl eines Tages verheiraten wollen, da will ich Ihnen behilflich sein, die Frau zu wählen, die Sie mögen. Ich bin einmal gegen meinen Wunsch verheiratet worden, und ich weiß, wie man darunter leidet. Nun bin ich reich, habe keine Kinder und bin Herrin meines Geldes. Hier haben Sie eine Mitgift.

      Und sie gab mir ein großes, versiegeltes Couvert. Ich sah sie starr an, dann sagte ich:

      – Sie sind meine Mutter!

      Sie wich drei Schritte zurück und verbarg die Augen mit der Hand, um mich nicht zu sehen. Er, der Mann, mein Vater, fing sie in den Armen auf und schrie mich an:

      – Sind Sie verrückt?

      Ich antwortete:

      – Durchaus nicht! Ich weiß wohl, daß Sie meine Eltern sind. Mich betrügt man nicht. Geben Sie es zu, und ich werde das Geheimnis bewahren, ich werde Ihnen nichts nachtragen, СКАЧАТЬ