Название: Gesammelte Werke
Автор: Henrik Ibsen
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027237722
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Sigurd. Steht es so, dann gilt es, wenn es not tut, mit Strenge zu verfahren.
Oernulf. Gewiß. Doch unbillig werd' ich nicht sein, und Gunnar steht im Ruf eines ehrenwerten Mannes. Auch freu' ich mich auf einen Kampf; es ward mir zuletzt die Zeit zu lang auf Island. Draußen auf den blauen Wassern bin ich alt und grau geworden; es war mir, als müßt' ich noch einmal hinaus, eh' ich – nun! Bergthora, mein gutes Weib, ist ja längst gestorben, meine ältesten Söhne gingen Sommer um Sommer auf die Wikingsfahrt, und als nun Thorolf heranwuchs –
Dagny freudig. Thorolf ist mit? Wo ist er?
Oernulf. Unten im Schiffe. Deutet rechts nach dem Hintergrunde. Da wirst Du einen Burschen sehen! Groß und stark und schön ist er geworden, seit Du die Heimat verlassen. Er wird ein herrlicher Recke werden, Sigurd – gleich Dir!
Dagny lächelnd. Ich merke schon – Thorolf steht Deinem Herzen noch immer am nächsten.
Oernulf. Gewiß! Ist er doch der Jüngste und seiner Mutter ähnlich.
Sigurd. Aber so sag' mir, – Dein Handel mit Gunnar – willst Du schon heut –
Oernulf. Heut lieber als morgen. Mit billiger Buße geb' ich mich zufrieden; verweigert Gunnar solchen Vergleich, dann mag er die Folgen tragen!
Der Bauer Kåre kommt eilig von rechts; er trägt ein grobes Bauerngewand und den Filzhut tief im Gesicht; in der Hand hält er einen Zaunpfahl, den er abgebrochen hat.
Kåre. Glück zur Begegnung, Krieger!
Oernulf. Kriegers Begegnung bringt selten Glück.
Kåre. Seid Ihr Männer von Ehre, so gewährt mir Frieden in Eurer Mitte! Gunnars Leute trachten mir nach dem Leben.
Oernulf. Gunnar!
Sigurd. So hast Du Böses gegen ihn verübt!
Kåre. Mein Recht hab' ich behauptet. Wir trieben Vieh auf derselben Weide, einer Insel hart am Festland. Gunnars Leute nahmen meine besten Ochsen weg, und einer der Männer schalt mich einen Hörigen. Da griff ich zur Waffe und erschlug ihn.
Oernulf. Das war gerechte Tat!
Kåre. Doch heut morgen fahndeten seine Mannen nach mir. Das Glück war mir günstig, denn ich wurde beizeiten gewarnt und konnte entschlüpfen. Doch kurze Frist nur bleibt mir, und meine Feinde suchen mich aufs neue.
Sigurd zu Kåre. Kaum trau' ich Deinen Worten, Bauer! In frühern Tagen kannt' ich Gunnar so gut wie mich selbst, und so viel weiß ich: niemals übte er Unbill gegen den Friedfertigen.
Kåre. Gunnar hat auch nicht teil an all dem Ungemach, er ist südwärts gefahren. Doch Hjördis, sein Weib –
Dagny. Hjördis!
Oernulf murmelt. O ja, das gleicht ihr!
Kåre. Ich bot Sühne für den Knecht, und Gunnar war gewillt, sie zu nehmen; da aber kam Hjördis hinzu; sie stachelte ihren Eheherrn auf mit höhnischen Worten und hinderte die Aussöhnung; bald darauf fuhr Gunnar südwärts, und morgen –
Sigurd blickt nach links. Dort ziehen reisige Mannen nordwärts; ist das nicht –?
Kåre. Gunnar selbst.
Oernulf. Sei getrost! Ich hoff', Euch zu versöhnen.
Gunnar mit mehreren Männern kommt von links. Er trägt ein Hausgewand, braunen Kittel, gewirkte Beinkleider, blauen Mantel und breiten Hut; als Waffe hat er nur eine kleine Handaxt.
Gunnar bleibt überrascht und unsicher stehen, da er die Versammlung erblickt. Oernulf von den Fjorden! Wahrhaftig –!
Oernulf. Du siehst recht.
Gunnar. Nun wohl – Heil und Glück auf meiner Scholle, so Du in Frieden kommst!
Oernulf. Willst Du wie ich, dann soll kein Unfriede verübt werden.
Sigurd nähert sich. Gruß und Heil, Gunnar!
Gunnar freudig. Sigurd – Waffenbruder! Er schüttelt ihm die Hand. Ja, bist Du mit, dann weiß ich gewiß, daß Oernulf in Frieden kommt. Zu Oernulf. Reich' mir Deine Hand, Greis! Nicht schwer ist zu erraten, was Dich nach dem Norden führt: es gilt Hjördis, Deiner Pflegetochter.
Oernulf. So ist es. Große Schmach widerfuhr mir, als Du sie von Island entführtest, ohne meine Zustimmung nachzusuchen.
Gunnar. Du kommst mit Fug und Recht. Was der Knabe gesündigt, muß der Mann sühnen. Lang' schon habe ich Dich erwartet um dieser Sache willen, Oernulf; und forderst Du Sühne, so sind wir bald einig.
Sigurd. So denk' auch ich. Oernulf wird billig sein.
Gunnar mit Wärme. Das mußt Du, Greis! Wolltest Du Hjördis schätzen nach Gebühr, dann würde all mein Hab und Gut nicht reichen.
Oernulf. Nach Gesetz und Brauch werd' ich mich richten, darauf verlaß Dich! – Doch nun zu etwas anderm! Deutet auf Kåre. Kennst Du diesen Mann?
Gunnar. Kåre! Zu Oernulf. So weißt Du, daß zwischen uns Streit ist?
Oernulf. Deine Leute haben sein Vieh geraubt, und für Raub gebührt Buße.
Gunnar. Auch für Mord! Zu Kåre. Er hat meinen Knecht erschlagen!
Kåre. Weil er mich verhöhnte.
Gunnar. Ich habe mich bereit erklärt zum Vergleich.
Kåre. Aber das war nicht nach Hjördis Sinn; sie überfiel mich diesen Morgen, während Du fern warst, und trachtet mir nach dem Leben.
Gunnar aufgebracht. Sprichst Du die Wahrheit? Hjördis hätte –?
Kåre. Jedes Wort ist wahr.
Oernulf. Deshalb hat der Bauer um meinen Beistand gebeten, und der ist ihm sicher.
Gunnar nach einem Augenblick der Überlegung. Rühmlich hast Du an mir gehandelt, Oernulf, und es ist billig, daß ich mich Deiner Forderung füge. Höre mich, Kåre! Ich will des Knechtes Tod für aufgewogen halten durch die Unbill, die Dir widerfuhr.
Kåre reicht Gunnar die Hand. Ein guter Spruch ist das; dem füg' ich mich.
Oernulf. Und soll der Bauer Friede haben vor Dir und den Deinen?
Gunnar. Friede zu Hause und allerwegen!
Sigurd deutet nach rechts. Seht!
Gunnar mißvergnügt. Das ist Hjördis!
Oernulf. Mit bewaffneten Knechten.
Kåre. СКАЧАТЬ