Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше
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      3.

      – Der hier das Wort nimmt, hat um­ge­kehrt Nichts bis­her gethan als sich zu be­sin­nen: als ein Phi­lo­soph und Ein­sied­ler aus In­stinkt, der sei­nen Vort­heil im Ab­seits, im Au­ßer­halb, in der Ge­duld, in der Ver­zö­ge­rung, in der Zu­rück­ge­blie­ben­heit fand; als ein Wage- und Ver­su­cher-Geist, der sich schon in je­des La­by­rinth der Zu­kunft ein­mal ver­irrt hat; als ein Wahr­sa­ge­vo­gel-Geist, der zu­rück­blickt, wenn er er­zählt, was kom­men wird; als der ers­te voll­kom­me­ne Ni­hi­list Eu­ro­pa’s, der aber den Ni­hi­lis­mus selbst schon in sich zu Ende ge­lebt hat, – der ihn hin­ter sich, un­ter sich, au­ßer sich hat.

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      4.

      Denn man ver­grei­fe sich nicht über den Sinn des Ti­tels, mit dem dies Zu­kunfts-Evan­ge­li­um be­nannt sein will. »Der Wil­le zur Macht. Ver­such ei­ner Um­wer­thung al­ler Wert­he« – mit die­ser For­mel ist eine Ge­gen­be­we­gung zum Aus­druck ge­bracht, in Ab­sicht auf Prin­cip und Auf­ga­be; eine Be­we­gung, wel­che in ir­gend ei­ner Zu­kunft je­nen voll­kom­me­nen Ni­hi­lis­mus ab­lö­sen wird; wel­che ihn aber vor­aus­setzt, lo­gisch und psy­cho­lo­gisch; wel­che schlech­ter­dings nur auf ihn und aus ihm kom­men kann. Denn warum ist die Her­auf­kunft des Ni­hi­lis­mus nun­mehr not­wen­dig? Weil uns­re bis­he­ri­gen Wert­he selbst es sind, die in ihm ihre letz­te Fol­ge­rung ziehn; weil der Ni­hi­lis­mus die zu Ende ge­dach­te Lo­gik uns­rer großen Wert­he und Idea­le ist, – weil wir den Ni­hi­lis­mus erst er­le­ben müs­sen, um da­hin­ter zu kom­men, was ei­gent­lich der Werth die­ser »Wert­he« war… Wir ha­ben, ir­gend­wann, neue Wert­he nö­thig…

Erstes Buch. Der europäische Nihilismus.

      1. Zum Plan.

      1. Der Ni­hi­lis­mus steht vor der Thür: wo­her kommt uns die­ser un­heim­lichs­te al­ler Gäs­te? – Aus­gangs­punkt: es ist ein Irr­thum, auf »so­cia­le Noth­stän­de« oder »phy­sio­lo­gi­sche Ent­ar­tun­gen« oder gar auf Cor­rup­ti­on hin­zu­wei­sen als Ur­sa­che des Ni­hi­lis­mus. Es ist die hon­net­tes­te, mit­fühlends­te Zeit. Noth, see­li­sche, leib­li­che, in­tel­lek­tu­el­le Noth ist an sich durch­aus nicht ver­mö­gend, Ni­hi­lis­mus (d. h. die ra­di­ka­le Ab­leh­nung von Werth, Sinn, Wünsch­bar­keit) her­vor­zu­brin­gen. Die­se Nö­the er­lau­ben im­mer noch ganz ver­schie­de­ne Aus­deu­tun­gen. Son­dern: in ei­ner ganz be­stimm­ten Aus­deu­tung, in der christ­lich-mo­ra­li­schen, steckt der Ni­hi­lis­mus.

      2. Der Un­ter­gang des Chris­tent­hums – an sei­ner Moral (die un­ab­lös­bar ist –), wel­che sich ge­gen den christ­li­chen Gott wen­det (der Sinn der Wahr­haf­tig­keit, durch das Chris­tent­hum hoch ent­wi­ckelt, be­kommt Ekel vor der Falsch­heit und Ver­lo­gen­heit al­ler christ­li­chen Welt- und Ge­schichts­deu­tung. Rück­schlag von »Gott ist die Wahr­heit« in den fa­na­ti­schen Glau­ben »Al­les ist falsch«. Bud­dhis­mus der That…)

      3. Skep­sis an der Moral ist das Ent­schei­den­de, Der Un­ter­gang der mo­ra­li­schen Wel­t­aus­le­gung, die kei­ne Sank­tion mehr hat, nach­dem sie ver­sucht hat, sich in eine Jen­sei­tig­keit zu flüch­ten: en­det in Ni­hi­lis­mus. »Al­les hat kei­nen Sinn« (die Un­durch­führ­bar­keit ei­ner Wel­t­aus­le­gung, der un­ge­heu­re Kraft ge­wid­met wor­den ist – er­weckt das Miß­trau­en, ob nicht al­le Wel­t­aus­le­gun­gen falsch sind – ). Bud­dhis­ti­scher Zug, Sehn­sucht in’s Nichts. (Der in­di­sche Bud­dhis­mus hat nicht eine grund­mo­ra­li­sche Ent­wick­lung hin­ter sich, des­halb ist bei ihm im Ni­hi­lis­mus nur un­über­wun­de­ne Moral: Da­sein als Stra­fe, Da­sein als Irr­thum com­bi­nirt, der Irr­thum also als Stra­fe – eine mo­ra­li­sche Wert­schät­zung). Die phi­lo­so­phi­schen Ver­su­che, den »mo­ra­li­schen Gott« zu über­win­den (He­gel, Pan­the­is­mus). Über­win­dung der volks­thüm­li­chen Idea­le: der Wei­se; der Hei­li­ge; der Dich­ter. Ant­ago­nis­mus von »wahr« und »schön« und »gut« –

      4. Ge­gen die »Sinn­lo­sig­keit« ei­ner­seits, ge­gen die mo­ra­li­schen Wer­thurt­hei­le and­rer­seits: in­wie­fern alle Wis­sen­schaft und Phi­lo­so­phie bis­her un­ter mo­ra­li­schen Urt­hei­len stand? und ob man nicht die Feind­schaft der Wis­sen­schaft mit in den Kauf be­kommt? Oder die An­ti­wis­sen­schaft­lich­keit? Kri­tik des Spi­no­zis­mus. Die christ­li­chen Wer­thurt­hei­le über­all in den so­cia­lis­ti­schen und po­si­ti­vis­ti­schen Sys­te­men rück­stän­dig. Es fehlt eine Kri­tik der christ­li­chen Moral.

      5. Die ni­hi­lis­ti­schen Con­se­quen­zen der jet­zi­gen Na­tur­wis­sen­schaft (nebst ih­ren Ver­su­chen in’s Jen­sei­ti­ge zu ent­schlüp­fen). Aus ih­rem Be­trie­be folg­t end­lich eine Selbst­zer­set­zung, eine Wen­dung ge­gen sich, eine An­ti­wis­sen­schaft­lich­keit. Seit Co­per­ni­kus rollt der Mensch aus dem Cen­trum in’s x.

      6. Die ni­hi­lis­ti­schen Kon­se­quen­zen der po­li­ti­schen und volks­wirth­schaft­li­chen Denk­wei­se, wo alle »Prin­ci­pi­en « nach­ge­ra­de zur Schau­spie­le­rei ge­hö­ren: der Hauch von Mit­tel­mä­ßig­keit, Er­bärm­lich­keit, Unauf­rich­tig­keit u.s.w. Der Na­tio­na­lis­mus. Der An­ar­chis­mus u. s. w. Stra­fe. Es fehlt der er­lö­sen­de Stand und Mensch, die Recht­fer­ti­ger –

      7. Die ni­hi­lis­ti­schen Con­se­quen­zen der His­to­rie und der »prak­ti­schen His­to­ri­ker«, d. h. der Ro­man­ti­ker. Die Stel­lung der Kunst: ab­so­lu­te Uno­ri­gi­na­li­tät ih­rer Stel­lung in der mo­der­nen Welt. Ihre Ver­düs­te­rung. Goethe’s an­geb­li­ches Olym­pier­thum.

      8. Die Kunst und die Vor­be­rei­tung des Ni­hi­lis­mus: Ro­man­tik (Wa­gner’s Ni­be­lun­gen-Schluß).

      I. Nihilismus.

      1. Nihilismus als Consequenz der bisherigen Werth-Interpretation des Daseins.

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      2.

      Was be­deu­tet Ni­hi­lis­mus? – Daß die obers­ten Wert­he sich ent­wert­hen. Es fehlt das Ziel. Es fehlt die Ant­wort auf das »Wozu?«

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      3.

      Der ra­di­ka­le Ni­hi­lis­mus ist die Über­zeu­gung ei­ner ab­so­lu­ten Un­halt­bar­keit des Da­seins, wenn es sich um die höchs­ten Wert­he, die man an­er­kennt, han­delt; hin­zu­ge­rech­net die Ein­sicht, daß wir nicht das ge­rings­te Recht ha­ben, ein Jen­seits oder ein An-sich der Din­ge an­zu­set­zen, das »gött­lich«, das leib­haf­te Moral wäre.

      Die­se Ein­sicht ist eine Fol­ge der groß­ge­zo­ge­nen »Wahr­haf­tig­keit«: so­mit selbst eine Fol­ge des Glau­bens an die Moral.

      *

      4.

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