Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke. Heinrich Zschokke
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Название: Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke

Автор: Heinrich Zschokke

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9788027214945

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СКАЧАТЬ du doch mehr verloren, als dir ersetzt werden kann: Zeit und Arbeit, wohl gar an der Gesundheit Schaden genommen durch Verdruß und Aerger, Furcht, Sorge und schlaflose Nächte.«

      So sprach Oswald. Der Adlerwirth aber fragte ihn nie, sondern hatte fast alle Jahre einen neuen Prozeß. Die vielen Unkosten und Geschenke an Advokaten und Schreiber, die vielen Läufe und Gänge und Reisen brachten ihn nach und nach um das Seinige. Als er nun einen Streit gegen eine benachbarte Gemeinde verlor, den er mit derselben wegen einer alten Eiche geführt hatte, von der er behauptete, sie stände auf seinem Lande und gehöre nicht der Gemeinde, so kam er in große Noth. Denn die Eiche hatte ihn über tausend Gulden gekostet, und er wußte nicht, woher das Geld nehmen, weil er mehr auf Haus und Land schuldig war, als man glaubte. Und da er überall Geld aufnehmen wollte und nichts erhielt, geriethen die in Sorgen, denen er schon schuldig war. Und sie begehrten zurück, was sie ihm geborgt hatten. Also blieb ihm nichts übrig, als all sein Gut den Gläubigern heimzuschlagen. Er mußte Haus und Hof verkaufen. Das war die Folge seiner Prozeßsucht.

      Weil er seine Felder schlecht besorgt hatte, gingen sie in mäßigen Preisen ab. Da die Leute nicht mehr häufig ins Wirthshaus gingen, weil sie entweder kein Geld hatten, oder keins versaufen wollten, brachte auch die Wirthshausgerechtigkeit nicht viel ein. Der Käufer des Hauses, als er sah, daß Niemand bei ihm einkehren und Geld verzehren wollte, stellte das Wirthen ganz ein. So blieb nur der Löwenwirth noch Meister; denn die andern Wirthe und Bier- und Weinschenken hatten gar nichts mehr zu verdienen, und die Wirtschaft schon früher aufgegeben.

      Einige alte Bauern schüttelten den Kopf und sprachen: »Es ist doch böse Zeit und wir sehen wohl, unser armes Dorf geht gänzlich zu Grunde. Vorzeiten hatten drei Wirthe und noch einige Bier- und Weinschenken bei uns vollauf zu thun; jetzt ist kaum Nahrung für einen einzigen vorhanden! Wohl ist das eine Schande für unser Goldenthal, und ein Beweis, wie schlecht es bei uns steht.«

      Oswald aber sprach zu ihnen und sagte: »Mit nichten, ihr guten Leute! sondern nun habe ich Hoffnung, daß es bei uns bald besser gehen werde. Ich bin viel in der Welt umhergereiset, und habe viele Dörfer gesehen. Wo die meisten Wirthshäuser waren, da habe ich immer die meiste Armuth gefunden. Und wo kein Wirthshaus war, als etwa, Reisende zu beherbergen, da sah man einen gewissen Wohlstand in den Häusern. Die Wirthe hängen nicht umsonst in ihre Schilde das Bild eines Raubthieres aus, Löwen und Adler, Bären und Falken, – die Thiere leben von Gut und Blut der Gemeinde. Sie hängen ein goldenes Kreuz aus, weil sie Gold haben wollen, und den Leuten Kreuz und Kummer dafür lassen. Sie hängen einen goldenen Engel aus, aber es ist ein böser Engel, der Rekruten wirbt für das Zucht- und Armenhaus und Gefängniß.

      »Wir haben im Dorfe nur noch ein Wirthshaus, aber nur zu viel daran. Stände es nicht da, ständen die Nachbarshäuser besser. Wer am Wirthstische die Spielkarten nicht braucht, kauft sich eine Bibel und Gotteswort ins Haus. Wer nicht bei den Zechern um theures Geld Kopfweh kauft, freut sich daheim bei Weib und Kind unentgeldlich. Wer dem Wirth kein Geld zahlt, behält es im Sack. Es ist mehr Ehre, im eigenen Keller eine Flasche Wein, als im Wirthskeller ein ganzes Faß voll zu haben.«

      So redete Oswald, und die alten Bauern nickten mit dem Kopf, denn sie merkten wohl, er habe nicht Unrecht. Aber der Löwenwirth wollte bersten vor Zorn, zumal, da er hörte, daß Oswald den goldenen Löwen ein Raubthier geheißen hatte. Und er würde dem Oswald gern einen Prozeß angehängt haben, wenn es möglich gewesen wäre. Aber der Schulmeister war klug, nahm sich in Acht und ging dem grimmigen Löwen überall aus dem Wege, und ließ denselben brüllen und schmähen.

      17.

       Vom Blitzstrahle im Pfarrhause und dem neuen Herrn Pfarrer.

       Inhaltsverzeichnis

      Zu dieser Zeit war in einer Nacht ein erschreckliches Gewitter. Der ganze Himmel stand in Flammen. Der Donner rollte, daß die Häuser bebten und die Fenster klirrten. – Wenn die Bauern das ganze Jahr ruchlos blieben, so beteten sie doch allemal beim Gewitter recht laut, und bereuten ihre Sünden von ganzem Herzen so lange, bis das Wetter vorüber war. Dann lebten sie wieder wie vorhin.

      Plötzlich fuhr mit entsetzlichem Krachen und Prasseln der Blitz ins Dorf. Er fiel wie ein Feuermeer auf das Pfarrhaus; doch zum Glück zündete er nicht und beschädigte Niemanden. Aber am folgenden Morgen sah man, wie der Blitz das ganze Dach zerschmettert hatte, und der alte Herr Pfarrer war vom Schrecken so hart befallen worden, daß er nach wenigen Tagen starb.

      Da schimpften die Goldenthaler auf die Regierung, und sagten: »Die Regierung ist an dem ganzen Unglück Schuld. Denn hätte sie nicht verboten, beim Hochgewitter mit der Glocke zu läuten, so wäre das nicht geschehen. Sonst hat man doch das Wetter, wenn es kam, wegläuten können; jetzt ist das verboten. Die großen Herren haben keine Religion mehr im Leibe. Nun haben wir das Unglück.« – So sprachen die Goldenthaler.

      Oswald aber sagte: »Wie denket ihr doch in euerm Herzen so thöricht, und sprechet mit euerm Munde so lästerlich. Die Regierung hat den Blitz nicht auf das Dach des Pfarrhauses gezogen, sondern der metallene Knopf mit der eisernen Wetterfahne hat es gethan. Denn es hat Gott in die Natur des Blitzes gelegt, immer dem Wasser oder den Metallen auf der Erde nachzugehen, besonders den metallenen Spitzen. Das hat Gott gethan, auf daß der Mensch erkenne, wie er sich vor der Gewalt des Blitzt verwahren könne. Denn sobald der Blitz Metalle findet, an denen er bis in den Erdboden dringen kann, ist er unschädlich.«

      So sprach Oswald, und führte die Bauern auf das Dach des Pfarrhauses. Da sahen sie Alle in dem vergoldeten Knopf kleine eingeschmolzene Löcher, und sahen, wie der Blitz den aufrechtstehenden Nägeln der Hohl- und Eckziegel am Dache nachgelaufen war, bis unter das Dach zu einem Eisendraht, an welchem man vor der Hausthür zu klingeln pflegte, wenn man zum Herrn Pfarrer wollte. Weil nun der Blitz solch einen eisernen Weg zur Stunde gefunden, war das übrige Haus von ihm verschont worden, und ein kalter Schlag geblieben, wie die Bauern sagten. Er wäre aber, hätte er jenes leitende Eisenzeug nicht gefunden, wohl leicht ein gar heißer Schlag geworden.

      Oswald sprach ferner: »Weil die Kirchthürme hohe Spitzen tragen und viel Eisenwerk im Innern, geschieht es oft, daß der Blitz sie trifft. Und weil daher schon mancher arme Mensch beim Gewitterläuten erschlagen worden ist, hat die hohe Obrigkeit das unnütze und abergläubige Läuten verboten.«

      So sprach Oswald; und weil er merkte, daß sich seit der Zeit viele Leute vor dem Blitzstrahl mehr als vorher fürchteten, that es ihm leid. Und er sprach: »Angst und Schrecken beim Gewitter sind ein Unglück; das Gewitter selbst ist ein Segen des barmherzigen Gottes für die Länder, deren Lüfte er reinigen und deren Boden er befruchten will. Darum legt euern Kummer ab. Gehet hin, befestiget auf dem Giebel eures Hauses eine eiserne Spitze, eines Schuhes hoch; knüpfet daran einen eisernen Draht, nicht dicker als die Spule einer großen Schreibfeder, der muß über das Dach herab bis zur Erde gehen in eine feuchte Stelle. So habet ihr dem Blitz einen Weg gemacht, auf dem er unschädlich zur Erde fährt, wenn der Draht ein einziges Stück ist von oben bis unten, und ihr ihn sauber haltet von allem Rost und Schmutz. Ein Blitzableiter ist ein Furchtableiter, und bewahrt zugleich Haus und Dorf gegen ein mögliches Unglück und Feuersbrunst durch den Strahl.«

      Also redete der Schulmeister, und setzte auf sein eigenes Haus eine Eisenspitze mit dem daran herabhängenden Draht (denn Elsbeth fürchtete sich stark bei Gewittern). Der Müller hatte dergleichen schon längst in der Stadt gesehen und that es auch. Viele Bauern folgten dem Beispiel nach, denn es kostete nicht viel und half doch zur Beruhigung.

      Andere aber nahmen in ihrer Dummheit daran großes Hinderniß und sagten: »Heißt das nicht, unserm Herrgott nach den Augen stechen und ihm Gesetze vorschreiben? Kann er nicht mit seinen Blitzen treffen, wen er will? Werden die vielen Wetterstangen nicht die fruchtbringenden Gewitter verhindern СКАЧАТЬ