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СКАЧАТЬ Nachricht hörte Oswald nicht ohne Bestürzung. Er fragte noch dies und das. Er schien etwas Wichtiges zu überlegen, und ging gedankenvoll nach Hause. Elsbeth begriff nicht, was ihm so plötzlich durch den Kopf geflogen war. Aber sie erfuhr es am nächsten Sonntag.

      Da wurde die Gemeinde nach vollendetem Gottesdienst zusammenberufen, weil es um die Erwählung eines neuen Schulmeisters zu thun war. Oswald ging auch an die Gemeinde. Elsbeth stand in der Ferne bei den Weibern und Töchtern. Sie hatte große Angst, daß Oswald reden werde, was den Leuten mißfallen könnte, und darum ihren Vater gebeten, den Oswald, wenn er aufbrause, zu besänftigen. Auch kam der Müller Siegfried dem Oswald nicht von der Seite.

      Der erste Vorsteher, Herr Brenzel, eröffnete der Gemeinde, um was es zu thun sei, und sagte: »Weil der Schulmeisterdienst erledigt und ein geringer Dienst mit vieler Mühe sei, indem die Besoldung nur aus vierzig Gulden bestehe, sei es ein Glück, daß er der Gemeinde einen wackern Mann vorschlagen könne, der das Amt annehmen wolle. Das sei der Schneider Specht, dessen Profession schlecht ginge, und der ihm mütterlicher Seits etwas verwandt wäre.

      Darauf schlug der Adlerwirth Kreidemann, als zweiter Vorsteher, seinen armen Vetter, den lahmen Geiger Schluck vor, der um so eher Vorzüge verdiene, weil er, statt vierzig Gulden zu nehmen, wegen Dürftigkeit der Gemeinde mit fünfunddreißig zufrieden sein wolle.

      Der Schneider Specht, als er sah, daß sich die meisten Bauern für den Geiger erklären würden, sagte demselben alle Sünd' und Schande, und erbot sich, mit dreißig Gulden zufrieden zu sein. Der Geiger ward darüber so erboset, daß er den Specht einen Dieb und Ehebrecher und meineidigen Schelm hieß, und sich für fünfundzwanzig Gulden zum Schulmeister antrug. Der Schneider erklärte, den Geiger wegen seiner Schimpfreden vor Gericht zu ziehen; aber um so geringen Lohn wolle er nicht schulmeistern.

      Da sich nun weiter zu dem Dienst Niemand meldete, weil sich kein Ehrenmann zu einer Stelle hergab, die von jeher verachtet und nur von Leuten gesucht war, die sonst nichts hatten, so war die Gemeinde schon entschlossen, sie dem Schluck, als einen Nebenverdienst, zu geben. Denn dieser konnte doch nothdürftig schreiben und lesen.

      Aber nun drängte sich Oswald hervor, ward blaß und roth im Gesicht und rief: »Dem Küh- und Säuhirten, der euer Vieh auf die Weide treibt, gebet ihr bessern Lohn, als dem Schulmeister, der eure Söhne und Töchter in Gottesfurcht und nützlichen Dingen unterrichten soll! Eure Kinder sind Menschen, geschaffen, ein Ebenbild Gottes zu sein, aber nicht euer Vieh. Schämet ihr euch nicht der Sünde, die Ihr thut? – Aber ich weiß gar wohl, der Gemeindsseckel ist immer leer, wenn für das Nützlichste gesorgt werden soll, und Schulgeld können die armen Leute nicht zahlen, die kaum Erdäpfel und Brod und Salz haben. So will ich denn ein Uebriges thun, und ich biete euch an, Schulmeister zu werden, und verlange gar keinen Lohn. Ich sage noch einmal, ich will Schulmeister sein, es soll weder der Gemeinde noch den Haushaltungen einen Kreuzer kosten!«

      Die Leute sahen sich einander verwundert an und den Oswald. Einige wollten ihn nicht haben und sagten, er könne oder wolle die armen Seelen der Kinder vielleicht dem Teufel verkaufen. Aber die Meisten bedachten, daß kein Anderer den Dienst so wohlfeil übernähme, und lärmten und schrieen, Oswald solle Schulmeister sein. Also wurden die Stimmen abgehört und Oswald wurde zum Schulmeister erwählt.

      Als dies Elsbeth hörte, wollte sie vor Scham und Bestürzung in die Erde sinken. Denn im Dorfe war, außer dem Dorfwächter und dem Säuhirten, Keiner geringer gehalten, als der Schulmeister. Sie rannte ganz außer sich zur Mühle, als wäre ihr das größte Unglück und die bitterste Schmach widerfahren. Auch der ehrliche Müller Siegfried schüttelte ärgerlich den Kopf und sagte: »Ich glaube, der Oswald ist im Kopfe verrückt.«

      Jedoch Oswald blieb bei seinem Entschluß. So ward er von dem Gemeinderath nach Vorschrift der obrigkeitlichen Schulpflege in Vorschlag gebracht. Er mußte sich in der Stadt prüfen lassen, und weil er eine zierliche Hand schrieb, im Rechnen mehr verstand, als für Bauern nöthig zu sein schien, ward er förmlich bestätiget.

      7.

       Wie Oswald Schule hält.

       Inhaltsverzeichnis

      »Elsbeth, Elsbeth, quäle mich nicht mit deiner Unzufriedenheit und deinem niedergeschlagenen Wesen!« sagte Oswald zu der betrübten Tochter Siegfrieds: »Siehe, die Alten sind verderbt und kaum zu bessern. Vielleicht kann ich unser armes Dorf wieder durch gute Erziehung der Kinder in Ansehen und Ehren bringen. Andern Weg gibt es nicht. Ein Dorfschulmeister ist freilich ein geringer und verachteter Mann; aber wie tief hat sich doch unser Herr und Heiland erniedrigt, um die Menschen zu bessern, zu belehren und selig zu machen. Hätten wir auch verständige und gewissenhafte Regierungen, denen es weniger um ihre, als um des Volkes Wohlfahrt zu thun wäre, für die sie eigentlich da sind, so würden sie mehr Sorgfalt und Achtung für die Landschullehrer, als für die Professoren an den hohen Schulen beweisen. Aber so ist es einmal nicht in der verkehrten Welt; Alles sieht und zieht nach oben, und versäumt, was unten ist. Darum wird es meistens oben zu schwer, und unten zu leicht, und viele Throne stehen auf schwachen Füßen.«

      »Ach Oswald, Oswald!« rief Elsbeth: »Du weißt nicht, wie übel du gethan hast!« Sie sagte jedoch nicht warum.

      Inzwischen, sobald die Wintertage kamen, fing Oswald mit der Schule an. Den ersten Tag stellte er sich vor die Hausthüre und empfing daselbst die Schulkinder. Hatten sie kothige Schuhe, mußten sie dieselben erst mit Stroh rein fegen, und die Sohlen abkratzen am Eisen vor der Hausthüre, damit sie den saubern Fußboden des Zimmers nicht besudelten. Dann reichte er jedem zum Willkommen freundlich die Hand. Waren aber die Hände unreinlich, mußten sie erst zum Brunnen und Gesicht und Hände waschen. Waren ihre Haare nicht zierlich gekämmt, schickte er sie in ihre Häuser zurück, sich kämmen zu lassen. Die aber, welche reinlich und wohlgekämmt erschienen, küßte er freundlich auf die Stirn.

      Die Buben und Mägdlein wunderten sich sehr; einige schämten sich, andere lachten, noch andere weinten. So etwas war ihnen nie widerfahren.

      Den zweiten und dritten Tag stand Oswald wieder vor der Hausthüre, und so noch manchen Tag, bis alle so säuberlich zur Schule kamen, wie er es befohlen hatte. Nachher empfing er sie im Schulzimmer. Wer dann mit unreinlichem Haare und Gesicht oder unsaubern Händen und Schuhen kam, ward zum Gelächter Aller auf einen Tritt zur Schau gestellt, und nachdem er eine Stunde da gestanden war, heimgeschickt, um sich reinigen zu lassen.

      Viele Leute im Dorfe verdroß das; allein sie hatten in der Schule nichts zu befehlen, und mußten geschehen lassen, wie es Oswald wollte. So kam es, daß in wenigen Wochen die Schulkinder, groß und klein, arm und reich, alle äußerst reinlich am Leibe wurden, wenigstens so lange sie beim Schulmeister waren.

      Oswald ließ es aber dabei nicht bewenden. Nachdem die Kinder ein Vierteljahr lang zur Ordnung gewohnt waren, gab er auf die Reinlichkeit der Kleider Acht. Schmutz, Staub und Koth durften nicht daran haften, wenn auch die Kleider alt und zerrissen waren. Letzteres verzieh er; das war nicht der Kinder Schuld. Wer die ganze Woche am reinlichsten erschienen war, sowohl in der Schule, als außer derselben, im Dorfe, auf den Gassen, in der Kirche, auf den Feldern, ward sein Liebling. Dem gab er die erste Woche ein Bild, oder ein Stücklein Seidenband, oder einen Bogen feines Papier zum Briefschreiben; die andere Woche abermals ein kleines Denkzeichen seiner Freundschaft; zuletzt öffentlich vor Allen einen Kuß auf den Mund, und das geküßte Kind empfing das Recht, am Sonntag mit Oswald spazieren zu gehen, oder wenn es schneite und unfreundliches Wetter war, bei ihm zu sein und sein großes Bilderbuch zu besehen, aus welchem Oswald schöne Geschichten zu erzählen wußte.

      Oswald war ein Mann, der sich auch bei Erwachsenen in Ansehen СКАЧАТЬ