Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Название: Familie Dr. Norden Staffel 1 – Arztroman

Автор: Patricia Vandenberg

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Familie Dr. Norden

isbn: 9783740948627

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      Sie war fünfundzwanzig Jahre und seit achtzehn Monaten verheiratet. Jürgen war ein paar Mal in Krisengebieten gewesen, aber immer heil zurückgekommen.

      Sie war als Rechtsanwaltsgehilfin auch während der Schwangerschaft berufstätig. Sie hatte einen sehr netten, rücksichtsvollen Chef. So hatte sie gemeint, daß die Arbeit sie ablenkte, wenn Jürgen unterwegs war.

      Dr. Norden fand sie in einem so desolaten Zustand vor, daß er sie in die Klinik bringen wollte, aber Frau Gassmann meinte, daß sie ihre Tochter auch versorgen könne, wenn der Schock erst mal überwunden war. Sie sei früher ja Krankenschwester gewesen, und für Carola sei es besser, in ihrer gewohnten Umgebung zu bleiben. Sie war eine resolute Frau und sagte auch offen ihre Meinung.

      »Das hätte ja nicht sein müssen, daß Jürgen sich in solche Gefahren begeben hat, ein paar Monate vor der Geburt des Kindes. Aber ich durfte ja nichts sagen. Nun ist sie allein mit dem Baby.«

      »Machen Sie ihr nicht das Herz noch schwerer, Frau Gassmann«, sagte Dr. Norden begütigend. »Ihre Tochter braucht jetzt eine starke Stütze.« Er fühlte den Puls, der sich aber in den letzten zehn Minuten kaum gebessert hatte. Er hatte das Sauerstoffgerät aus seinem Wagen geholt. Damit konnte er ihr helfen und sie in die Wirklichkeit zurückrufen. Sie sah ihn aus leeren Augen an.

      »Jürgen«, schluchzte sie auf, »es darf doch nicht wahr sein! Ich will es nicht glauben! Er kommt wieder, sagt, daß er wiederkommt!«

      In solchen Momenten fühlte sich Dr. Norden hilflos. Wie sollte, wie konnte er da trösten? Dieser Schmerz würde lange anhalten. Er wußte, wie sehr sie ihren Mann liebte.

      »Sie müssen jetzt an das Baby denken, Frau Gassmann, an Ihren Sohn«, sagte er sanft und hielt ihre beiden Hände.

      »Wir haben uns doch so auf ihn gefreut, wie könnte ich mich jetzt noch freuen. Warum mußte das geschehen?«

      »Wenn ich darauf eine Antwort wüßte. Ich verstehe Ihren Schmerz. Ich finde es schrecklich und unbegreiflich, was da in der Welt geschieht, aber wie könnten wir es verhindern?«

      »Er hätte nicht gehen müssen«, warf Carolas Mutter ein.

      Carolas Gesicht erstarrte.

      »Du verstehst das nicht, du hast ihn nie verstanden.« Da sie es nicht ertrug, daß an ihrem Mann Kritik geübt wurde, erwachte in ihr der Widerstand.

      »Es ist wohl doch so, daß einem überall etwas Schlimmes passieren kann, wenn es einem bestimmt ist. Das hat Jürgen immer gesagt. Hast du dich auch gefragt, warum Papa sich an dem stürmischen Tag ins Auto gesetzt hat, um dann in die Schneewehe zu geraten, Mama? Er hätte das Unwetter doch abwarten können.«

      »Es hat ihn überrascht«, erklärte Marga Gassmann mit gekränkter Miene.

      Indem sie ihren Mann verteidigte, erwachten Carolas Lebensgeister wieder. So schmerzlich der Verlust auch für sie sein mochte, sie wollte es nicht hinnehmen, daß ihre Mutter Jürgen falsches Handeln vorwarf.

      Es war ein hartes Schicksal, aber er hatte dem nicht entfliehen können. Genauso konnte es jeden Menschen treffen im Straßenverkehr, bei einem Spaziergang, durch die Hand von Terroristen. Wieviel tausend Menschen waren in New York gestorben, ahnungslos in welcher Gefahr sie sich an jenem Morgen befanden, und Jürgen war in vielen Krisengebieten gewesen, in denen ihm nichts passiert war.

      »Ich will an unser Kind denken, an meinen kleinen Jürgen«, sagte sie tapfer zu Dr. Norden. »Ich werde ihm erzählen, daß sein Vater ein mutiger Mann mit Prinzipien war. Das wußte ich, als ich ihn geheiratet habe.«

      Und Dr. Norden dachte, daß Marga Gassmann genau das Gegenteil von dem erreicht hatte, was sie mit ihrer Kritik beabsichtigt hatte. Er konnte jetzt einigermaßen beruhigt nach Hause fahren.

      Fee atmete auf, als sie seine entspannte Miene sah. »Sie hat den Schock überwunden«, erklärte er. »Ihre Mutter hat so ein paar Bemerkungen gemacht, die sie aufgerüttelt haben. Auf ihren Mann läßt sie nichts kommen.«

      »Frau Gassmann ist doch eigentlich auch eine nette Frau«, stellte Fee nachdenklich fest. »Aber Schwiegermütter haben wohl meistens ein kompliziertes Verhältnis zu ihren Schwiegersöhnen.«

      »Eigentlich mehr zu Schwiegertöchtern«, meinte Daniel, »aber man muß es ihr nachsehen, sie ist halt besorgt um ihre Tochter. Jetzt wird sie sich zusammenreißen und nichts mehr gegen Jürgen Gassmanns Einsatz sagen.

      »Und wie geht es Simon Karsten?«

      »Mit jedem Tag besser, wie ich hörte. Morgen werde ich ihn besuchen. Mary Ann hält sich tapfer. Sie ist wirklich eine erstaunliche Frau, aber in bezug auf das Baby hat der gute Karsten sie wohl mächtig verunsichert.«

      »Es war ein Schock für ihn, als seine Frau bei der Geburt starb. Aber das gehört wirklich zu den seltenen Fällen, und wie es scheint, hat er jetzt doch seine große Liebe gefunden.«

      »Die er nicht verlieren will. Ich meine nur, daß er jetzt, da er selbst dem Tod ganz schön nahe war, sich auch Gedanken machen wird, daß das Schicksal seine eigenen Gesetze hat.«

      »Zufall und Schicksal sind umstrittene Begriffe. Eine ganze Anzahl Menschen sind der Überzeugung, daß sie selbst über den Ablauf ihres Lebens bestimmen.«

      »Und wenn sie mal vom Blitz getroffen werden oder von einem anderen tödlichen Schlag, wird es ihnen nicht bewußt, daß sie darauf überhaupt keinen Einfluß hatten.«

      »Dieses Thema werden wir niemals ausdiskutieren, mein Schatz. Wir wollen dankbar sein, wenn wir vom Schlimmsten verschont bleiben wie bei Jans Krankheit. Das war für uns auch ein Schock.«

      Ihre Augen füllten sich bei dem Gedanken gleich mit Tränen, und Daniel nahm sie beruhigend in die Arme.

      »Es ist ja gutgegangen, mein Liebes, aber ich meine, daß auch das Pfeiffersche Drüsenfieber für den Kleinen beängstigend genug war. Wir wissen, daß auch Leukämie bei Kindern gute Heilungschancen hat. Man darf die Hoffnung niemals aufgeben, solange ein Herz schlägt.«

      *

      Simon machte sich sehr ernsthafte Gedanken, aber sie gingen in eine andere Richtung, als Daniel und Fee Norden hofften. Er dachte darüber nach, was ihm die Zukunft bringen würde, wenn er blind bliebe. Obgleich ihm Professor Leine erklärt hatte, daß er nicht blind zu nennen sei, hatte er wenig Hoffnung, daß sein Augenlicht wiederkehrte. Er meinte, daß er längst wenigstens Umrisse erkennen müsse, aber es war nur ein leichter Nebel, der sich bei den Untersuchungen bewegte.

      Er dachte an Mary Ann, diese vitale, erfolgreiche schöne Frau, der alle Türen offenstanden. Er konnte nicht erwarten, daß sie ihr Leben auf ihn einstellte, auf alles verzichtete, was ihr wichtig war. Er konnte ihr das Leben an der Seite eines behinderten und zu einem Schattendasein verdammten Mannes nicht zumuten und mußte einen Weg suchen, ihr die Trennung leicht zu machen, wenn es auch noch so schmerzhaft für ihn werden würde. Aber gerade weil er sie so liebte, wollte er, daß sie ein glückliches Leben führen konnte.

      Professor Leine hatte ihm Hoffnung gemacht, aber auch erklärt, daß es lange dauern konnte, bis er ein ganz normales Leben wie früher führen konnte. Und er wußte genau, daß er sich in seiner Position Schwächen gar nicht leisten konnte. Es ging ja nicht um ihn allein, sondern um ein großes Unternehmen mit vielen Angestellten, deren Arbeitsplätze gesichert werden mußten. Die Konkurrenz war knallhart, das hatte er ja kürzlich erst СКАЧАТЬ