Aufzeichnungen eines Jägers. Иван Тургенев
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Название: Aufzeichnungen eines Jägers

Автор: Иван Тургенев

Издательство: Public Domain

Жанр: Русская классика

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СКАЧАТЬ Bjelew. Er ist ein Bjelewer Kleinbürger.«

      »Bist du auch aus Bjelew?«

      »Nein, ich bin eine Herrschaftliche . . . bin eine Herrschaftliche gewesen.«

      »Wessen?«

      »Des Herrn Swjerkow. Jetzt bin ich frei.«

      »Welcher Swjerkow ist das?«

      »Alexander Silytsch.«

      »Warst du nicht Zofe bei seiner Frau?«

      »Ich war es. Woher wissen Sie das?«

      Ich sah Arina mit doppelter Neugierde und Teilnahme an.

      »Ich kenne deinen Herrn«, fuhr ich fort.

      »Sie kennen ihn?« fragte sie mit leiser Stimme und senkte die Augen.

      Ich muß dem Leser erklären, warum ich Arina mit solcher Teilnahme ansah. Während meines Aufenthaltes in Petersburg hatte ich zufällig den Herrn Swjerkow kennengelernt. Er bekleidete einen ziemlich hohen Posten und galt als kenntnisreicher und erfahrener Mensch. Er hatte eine korpulente, empfindsame, zum Weinen aufgelegte und böse Frau, ein schwerfälliges Dutzendgeschöpf; er hatte auch ein Söhnchen, ein echtes, verzogenes und dummes Herrschaftskind. Das Äußere des Herrn Swjerkow nahm nicht zu seinen Gunsten ein: Aus seinem breiten, beinahe viereckigen Gesicht blickten listig zwei kleine Mauseaugen und ragte eine große und spitze Nase mit weitgeöffneten Nasenlöchern; die kurzgeschorenen grauen Haare stiegen wie Borsten über der gerunzelten Stirn empor, und die dünnen Lippen bewegten sich fortwährend und lächelten zuckersüß. Herr Swjerkow stand gewöhnlich mit gespreizten Beinen da, die dicken Hände in den Hosentaschen. Einmal mußte ich mit ihm im Wagen vor die Stadt fahren. Wir kamen ins Gespräch. Als erfahrener und tüchtiger Mensch fing Herr Swjerkow an, mir ›den rechten Weg‹ zu weisen.

      »Gestatten Sie mir die Bemerkung«, sagte er schließlich mit seiner piepsenden Stimme. »Ihr jungen Leute urteilt und redet über alle Dinge aufs Geratewohl; ihr kennt euer Rußland nicht – das ist die Sache! Ihr lest ja nur deutsche Bücher. Sie sagen mir jetzt zum Beispiel dies und jenes von den Leibeigenen . . . Gut, ich will nicht streiten, das ist alles schön, aber Sie kennen sie nicht, Sie wissen gar nicht, was das für ein Volk ist.« Herr Swjerkow schneuzte sich geräuschvoll die Nase und nahm eine Prise. »Gestatten Sie mir zum Beispiel, Ihnen eine kleine Anekdote zu erzählen; sie kann Sie interessieren.« Herr Swjerkow räusperte sich. »Sie wissen ja, was ich für eine Frau habe. Eine gutmütigere Frau kann man wohl schwer finden, das werden Sie mir zugeben. Ihre Zofen haben ein paradiesisches Leben . . . Aber meine Frau hat es sich zum Grundsatz gemacht, keine verheirateten Zofen zu halten. Solche taugen auch wirklich nicht. Sie kriegen Kinder, bald dies, bald jenes; wie soll dann die Zofe so, wie es sich gehört, ihre Herrin bedienen und auf ihre Gewohnheiten achten? Sie hat dann ganz andere Sachen im Kopf. Man muß die Sache rein menschlich nehmen. So kamen wir einmal durch eines unserer Dörfer, es sind, wenn ich mich recht besinne, an die fünfzehn Jahre her. Da sehen wir, der Schulze hat eine Tochter, ein reizendes Mädel; sie hat sogar, wissen Sie, etwas Einschmeichelndes in den Manieren. Meine Frau sagt zu mir: ›Koko‹, wissen Sie, sie pflegte mich so zu nennen, ›wollen wir dieses empört . . . Stellen Sie sich nur mein Erstaunen vor: Einige Zeit später kommt zu mir meine Frau in Tränen und so aufgeregt, daß ich sogar erschrak. – ›Was ist denn geschehen?‹ – ›Arina . . .‹ Sie verstehen, ich schäme mich, es auszusprechen. – ›Es kann nicht sein . . .! Wer war es denn?‹ – ›Der Lakai Petruschka.‹ Ich geriet ganz außer mir. Ich bin mal so ein Mensch . . . ich liebe keine halben Maßregeln . . .! Petruschka . . . hat keine Schuld. Bestrafen kann man ihn wohl, aber er ist meiner Ansicht nach nicht der Schuldige. Arina . . . was soll man da noch viel reden? Ich befahl natürlich sofort, ihr die Haare abzuschneiden, sie in Zwillich zu kleiden und ins Dorf zu schicken. Meine Frau verlor eine vorzügliche Zofe, aber es war nichts zu machen: Man darf doch keine Unordnung im Hause dulden. Ein krankes Glied schneidet man lieber gleich ab . . . Nun urteilen Sie selbst, Sie kennen ja meine Frau, sie ist doch wirklich . . . ein Engel . . .! Sie hatte sich an Arina gewöhnt, und Arina wußte das und hatte sich doch nicht gescheut . . . Wie? Sagen Sie mir doch . . . Wie? Aber was soll man da viel reden! Jedenfalls war nichts zu machen. Was mich persönlich betrifft, so fühlte ich mich noch lange Zeit durch die Undankbarkeit dieses Mädchens gekränkt. Was Sie auch sagen mögen – Herz, Gefühl werden Sie in diesen Menschen nicht finden! Man mag den Wolf füttern, soviel man will, er schielt immer nach dem Wald . . . Das ist aber eine Lektion für die Zukunft! Ich wollte Ihnen nur beweisen . . .«

      Herr Swjerkow beendete seine Rede nicht, wandte den Kopf weg, hüllte sich fester in seinen Mantel und unterdrückte männlich seine Aufregung.

      Der Leser begreift jetzt wahrscheinlich, warum ich Arina mit Teilnahme betrachtete.

      »Bist du schon lange mit dem Müller verheiratet?« fragte ich sie schließlich.

      »Seit zwei Jahren.«

      »Nun, hat es dir dein Herr erlaubt?«

      »Man hat mich freigekauft.«

      »Wer denn?«

      »Sawelij Alexejewitsch.«

      »Wer ist das?«

      »Mein Mann.«

      Jermolai lächelte vor sich hin.

      »Hat denn mein Herr Ihnen von mir erzählt?« fragte Arina nach kurzem Schweigen.

      Ich wußte nicht, wie ich ihre Frage beantworten sollte.

      »Arina!« rief der Müller aus der Ferne.

      Sie erhob sich und ging.

      »Hat sie einen guten Mann?« fragte ich Jermolai.

      »Das nicht.«

      »Haben sie Kinder?«

      »Sie haben eins gehabt, es ist aber tot.«

      »Hat sie dem Müller so gut gefallen? Wieviel Lösegeld hat er für sie bezahlt?«

      »Ich weiß es nicht. Sie kann lesen und schreiben; in ihrem Geschäft ist das . . . gut. Sie gefiel ihm wohl.«

      »Kennst du sie schon lange?«

      »Lange. Einst pflegte ich zu ihrer Herrschaft zu kommen. Ihr Gut ist nicht weit von hier.«

      »Kennst du auch den Lakai Petruschka?«

      »Den Pjotr Wassiljewitsch? Gewiß, ich kannte ihn wohl.«

      »Wo ist er jetzt?«

      »Ist unter die Soldaten gekommen.«

      Wir schwiegen eine Weile.

      »Sie scheint nicht ganz gesund zu sein?« fragte ich schließlich Jermolai.

      »Ganz und gar nicht . . .! Morgen gibt es aber einen guten Schnepfenstrich. Sie sollten jetzt etwas ausschlafen.«

      Ein Schwarm Wildenten flog sausend über uns vorbei, und wir hörten, wie sie sich auf dem Fluß nicht weit von uns niederließen. Es war schon ganz dunkel geworden, es begann auch kalt zu werden; im Gehölz schlug laut die Nachtigall. Wir vergruben uns ins Heu und schliefen ein.

      Das Himbeerwasser

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