Название: Die drei Musketiere
Автор: Александр Дюма
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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In demselben Augenblick hob sich der Thürvorhang, und ein edler, schöner, aber furchtbar bleicher Kopf erschien unter der Franse.
»Athos!« riefen die zwei Musketiere.
»Ihr habt nach mir verlangt, gnädiger Herr,« sprach Athos mit einer schwachen, aber vollkommen ruhigen Stimme; »Ihr habt nach mir verlangt, wie mir meine Kameraden sagen, und ich beeile mich, Eurem Befehle nachzukommen. Hier bin ich, gnädiger Herr, was steht zu Diensten?«
Mit diesen Worten trat der Musketier festen Schrittes, in tadelloser Haltung, gegürtet wie gewöhnlich, in das Kabinet. Im Innersten seines Herzens durch diesen Beweis von Muth gerührt, eilte ihm Herr von Treville entgegen.
»Ich war eben im Zuge, diesen Herren zu bemerken,« fügte er bei, »daß ich meinen Musketieren verbiete, ihr Leben unnöthig auszusetzen, denn brave Leute sind dem Könige sehr theuer, und der König weiß, daß seine Musketiere die bravsten Leute dieser Erde sind. Eure Hand, Athos.«
Und ohne eine Antwort des so eben Angekommenen auf diesen Beweis von Zuneigung abzuwarten, faßte Herr von Treville seine rechte Hand und drückte sie mit aller Kraft, wobei er nicht gewahr wurde, daß Athos, wie groß auch seine Selbstbeherrschung war, eine Bewegung des Schmerzes nicht zu bewältigen vermochte und noch bleicher wurde, was man kaum hätte für möglich halten sollen.
Die Thüre war halb offen geblieben, so sehr hatte die Ankunft von Athos, dessen Verwundung, trotz des Geheimnisses, Allen bekannt war, Aufsehen erregt. Ein Freudengeschrei war das Echo der letzten Worte des Kapitäns, und von der Begeisterung hingerissen, zeigten sich einige Köpfe durch die Oeffnungen der Tapete. Ohne Zweifel war Herr von Treville im Begriff, durch kräftige Worte diesen Verstoß gegen die Gesetze der Etikette zurückzudrängen, als er fühlte, daß sich die Hand von Athos krampfhaft in der seinigen zusammenzog, und bei genauerer Betrachtung bemerkte er, daß derselbe einer Ohnmacht nahe war. Im gleichen Augenblick fiel Athos, der alle seine Kräfte zusammengerafft hatte, um den Schmerz zu bekämpfen, wie todt auf den Boden nieder.
»Einen Wundarzt!« rief Herr von Treville. »Den meinigen, den des Königs, den nächsten besten! Einen Wundarzt! oder Gottesblut! mein braver Athos verscheidet!«
Aus das Geschrei des Herrn von Treville stürzte Alles in sein Kabinet, ohne daß er daran dachte, die Thüre irgend Jemand zu verschließen, und alle Anwesenden drängten sich um den Verwundeten. Aber dieser Eifer wäre fruchtlos gewesen, wenn sich der geforderte Arzt nicht im Hotel selbst befunden hätte; er durchschritt die Menge, näherte sich dem immer noch ohnmächtigen Athos, und da ihn das Geräusch und Gedränge in seiner Thätigkeit hemmten, so verlangte er als Erstes und Wesentlichstes, daß man den Musketier in ein anstoßendes Zimmer bringe. Sogleich öffnete Herr von Treville eine Thüre und zeigte Porthos und Aramis, welche ihren Kameraden auf den Armen trugen, den Weg. Hinter dieser Gruppe ging der Wundarzt und hinter dem Wundarzt schloß sich die Thüre. Nun wurde das Kabinet des Herrn von Treville, dieser sonst so geachtete Ort, ein zweites Vorzimmer. Jedermann schwatzte, sprach, deklamierte, schwur, fluchte ganz laut und wünschte den Cardinal und seine Leibwachen zu allen Teufeln.
Nach einem Augenblick kehrten Porthos und Aramis zurück. Der Chirurg und Herr von Treville waren allein bei dem Verwundeten geblieben.
Endlich kam auch Herr von Treville in sein Kabinet zurück. Der Verwundete hatte das Bewußtsein wieder erlangt und der Wundarzt erklärte, der Zustand des Musketiers dürfe seine Freunde durchaus nicht beunruhigen, da seine Schwäche einzig und allein durch den Blutverlust veranlaßt worden wäre.
Herr von Treville gab nun ein Zeichen mit der Hand, und Jedermann entfernte sich, mit Ausnahme d'Artagnans, der durchaus nicht vergaß, daß er Audienz hatte, und mit der Hartnäckigkeit eines Gascogners an derselben Stelle geblieben war.
Als sich alle entfernt hatten und die Thüre wieder verschlossen war, wandte sich Herr von Treville um und fand sich allein mit dem jungen Manne. Durch das vorhergehende Ereigniß hatte er einigermaßen den Faden seiner Gedanken verloren. Er fragte daher den hartnäckigen Bittsteller nach seinem Verlangen. D'Artagnan nannte seinen Namen. Rasch tauchten in Herrn von Treville alle Erinnerungen an Gegenwart und Vergangenheit wieder auf und er war im Laufenden über seine Stellung.
»Um Vergebung,« sprach er lächelnd, »um Vergebung, mein lieber Landsmann, aber ich hatte Euch völlig vergessen. Was wollt Ihr! ein Kapitän ist nur ein Familienvater, dem eine größere Verantwortlichkeit obliegt, als einem gewöhnlichen Familienvater. Die Soldaten sind große Kinder; da ich aber darauf halte, daß die Befehle des Königs und besonders die des Herrn Cardinals vollzogen werden . . . «
D'Artagnan konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Aus diesem Lächeln urtheilte Herr von Treville, daß er es mit keinem Dummkopf zu thun habe; er ging daher gerade auf die Sache los, veränderte das Gespräch und sagte:
»Ich habe Euern Vater sehr geliebt! was kann ich für seinen Sohn thun? Beeilt Euch, meine Zeit gehört nicht mir.«
»Gnädiger Herr,« sprach d'Artagnan, »als ich Tarbes verließ und hierher kam, hatte ich die Absicht, Euch in Erinnerung an diese Freundschaft, die Ihr nicht aus dem Gedächtniß verloren habt, um einen Musketiermantel zu bitten. Aber nach Allem, was ich seit zwei Stunden gesehen, begreife ich, daß eine solche Gunst ungeheuer wäre, und ich zittere, sie nicht zu verdienen.«
»Es ist allerdings eine Gunst, junger Mann,« antwortete Herr von Treville, »aber sie kann nicht so hoch über Euch stehen, als Ihr glaubt oder zu glauben Euch das Ansehen gebt. Indessen hat eine Entscheidung Sr. Majestät für diesen Fall vorgesehen, und ich sage Euch mit Bedauern, daß Niemand unter die Musketiere aufgenommen wird, ohne eine Vorhergehende Probe von einigen Feldzügen, gewisse Waffenthaten oder einen zweijährigen Dienst in einem andern Regiment, das weniger begünstigt ist, als das unsere.«
D'Artagnan verbeugte sich, ohne zu antworten. Er fühlte noch mehr Begierde in sich, die Musketier-Uniform anzuziehen, seit er bemerkte, daß man so viele Hindernisse zu überwinden hatte, um sie zu bekommen. —
»Aber,« fuhr Treville fort und heftete dabei auf seinen Landsmann einen so durchdringenden Blick, daß man hätte glauben sollen, er wolle im Grunde seines Herzens lesen; »aber Eurem Vater, meinem alten Landsmann, wie ich Euch gesagt habe, zu Liebe, will ich etwas für Euch thun, junger Mann. Unsere Söhne von Bearn sind gewöhnlich nicht reich, und ich zweifle, daß sich die Verhältnisse seit meiner Abreise aus der Provinz bedeutend verändert haben. Das Geld, das Ihr mitgebracht habt, wird also zum Leben nicht zu viel sein.«
D'Artagnan richtete sich mit einer stolzen Miene auf, welche wohl sagen wollte, er verlange von Niemand ein Almosen.
»Schon gut, junger Mann, schon gut,« fuhr Treville fort, »ich kenne diese Mienen, ich bin nach Paris mit vier Thalern in der Tasche gekommen und hätte mich mit Jedem geschlagen, der mir gesagt haben würde, ich sei nicht im Stande, den Louvre zu kaufen.«
D'Artagnan richtete sich noch höher auf; in Folge des Verkaufs seines Pferdes begann er seine Laufbahn mit vier Thalern mehr, als Herr von Treville die seinige begonnen hatte.
»Ihr habt es also, wie ich sagte, nöthig, das was Ihr besitzt zu bewahren, so stark auch diese Summe sein mag. Aber ihr habt auch nöthig, Euch in den Uebungen vervollkommnen, die einem Edelmann anstehen. Ich werde noch heute einen Brief an den Direktor der königlichen Akademie schreiben, und schon morgen seid ihr unentgeltlich aufgenommen, schlagt dieses kleine Geschenk nicht aus. Unsere höchstgeborenen und reichsten Edelleute bewerben sich zuweilen um diese Gunst, ohne sie erlangen zu können. Ihr werdet reiten, fechten und tanzen lernen. Ihr werdet gute Kenntnisse erlangen, und von Zeit zu Zeit besucht Ihr mich, um mir zu sagen, wie weit Ihr seid und ob ich etwas für euch thun kann.«
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