Название: Verschwunden
Автор: Блейк Пирс
Издательство: Lukeman Literary Management Ltd
Жанр: Современные детективы
Серия: Ein Riley Paige Krimi
isbn: 9781632915856
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Zu isoliert, dachte er.
Er hatte nie das Gefühl gehabt, das dieser Ort das Richtige für Riley war. Das kleine Haus im Farmhaus Stil lag etwa fünfundzwanzig Kilometer außerhalb der Stadt, war heruntergekommen und sehr gewöhnlich. Es stand neben einer kleinen Straße, mit nichts außer Wald und Feldern in Sicht. Nicht, dass er dachte Leben in der Stadt wäre besser für sie. Er konnte sich Riley nicht auf Cocktail Partys vorstellen. Sie konnte von hier aus zumindest nach Fredericksburg fahren und den Amtrak nach Quantico nehmen, wenn sie zurück ins Büro kam. Falls sie zurückkam.
“Zeig mir, was du hast,” sagte sie.
Er breitete die Berichte und Fotos auf dem Tisch aus.
“Erinnerst du dich an den Daggett Fall?” fragte er. “Du hattest recht. Der Mörder war noch nicht fertig.”
Er sah, wie sich ihre Augen weiteten, als sie die Fotos betrachtete. Eine lange Stille senkte sich über sie, während sie aufmerksam die Unterlagen studierte, und er fragte sich, ob es genau das war, was es brauchte, um sie zurückzubringen – oder ob es sie zurückwerfen würde.
“Also, was denkst du?” fragte er schließlich.
Wieder Stille. Sie hatte immer noch nicht von den Unterlagen aufgesehen.
Schließlich blickte sie auf und als sie das tat, war er erschrocken Tränen in ihren Augen zu sehen. Er hatte sie noch nie weinen gesehen, nicht einmal bei ihren schlimmsten Fällen oder direkt neben einer Leiche. Das war definitiv nicht die Riley, die er kannte. Der Mörder hatte ihr etwas angetan; mehr als er wusste.
Sie unterdrückte ein Schluchzen.
“Ich habe Angst, Bill,” sagte sie. “Ich habe solche Angst. Immerzu. Vor allem.”
Bill schmerzte es sie so zu sehen. Er fragte sich, ob die alte Riley verschwunden war, die eine Person, auf die er sich immer verlassen konnte, die stärker war als er, der Fels auf den er bauen konnte. Er vermisste sie mehr, als er sagen konnte.
“Er ist tot, Riley,” sagte er, mit dem überzeugendsten Ton, den er fertig brachte. “Er kann dir nicht mehr weh tun.”
Sie schüttelte den Kopf.
“Das kannst du nicht wissen.”
“Natürlich weiß ich das,” erwiderte er. “Sie haben seine Leiche nach der Explosion gefunden.”
“Sie konnten ihn nicht identifizieren,” sagte sie.
“Du weißt, dass er es war.”
Sie vergrub ihr Gesicht in einer Hand als sie weinte. Er hielt die andere auf dem Tisch.
“Das ist ein neuer Fall,” sagte er. “Er hat nichts mit dem zu tun, was dir passiert ist.”
Sie schüttelte den Kopf.
“Das ist egal.”
Während sie weinte, steckte sie alle Unterlagen zurück in den Umschlag und hielt ihn Bill hin. “Es tut mir leid,” sagte sie und blickte zur Seite. “Ich denke du solltest gehen.”
Bill, entsetzt und traurig, nahm den Umschlag aus ihren zitternden Händen. Niemals, nicht in einer Million Jahren, hätte er das erwartet.
Bill musste für einen Moment gegen seine eigenen Tränen ankämpfen. Schließlich tätschelte er ihr sanft die Hand, stand auf und ging zurück durchs Haus. April saß immer noch im Wohnzimmer, ihre Augen geschlossen, und nickte im Takt ihrer Musik.
Riley saß weinend am Tisch nachdem Bill gegangen war.
Ich dachte ich bin okay, dachte sie.
Sie hatte für Bill okay sein wollen. Und sie hatte gedacht, dass sie es wirklich schaffen würde. In der Küche zu sitzen und über Nichtigkeiten zu reden war auch in Ordnung gewesen. Sogar besser als in Ordnung. Sie hatte sich mitreißen lassen. Ihre alte Lust für ihre Arbeit war aufgeflammt und sie hatte sich wieder mit einem Fall beschäftigen wollen. Sie wusste, dass sie versuchte zu rationalisieren, indem sie diese fast identischen Morde wie ein zu lösendes Puzzle betrachtete, fast als wäre es ein abstraktes, intellektuelles Rätsel. Das war auch okay. Ihr Therapeut hatte ihr gesagt, dass sie das würde tun müssen, wenn sie jemals zurück zur Arbeit gehen wollte.
Aber dann, aus irgendeinem Grund, wurde aus dem intellektuellen Puzzle das, was es wirklich war – eine entsetzliche, menschliche Tragödie, in der zwei unschuldige Frauen unter unvorstellbaren Qualen gestorben waren. Und sie fragte sich plötzlich: War es für sie genauso schlimm wie für mich?
Ihr Körper wurde mit Panik und Angst geflutet. Und Verlegenheit und Scham. Bill war ihr Partner und ihr bester Freund. Sie schuldete ihm so viel. Er hatte ihr in den letzten Wochen beigestanden, als sonst niemand da war. Sie hätte ohne ihn die Zeit im Krankenhaus nicht überlebt. Das Letzte was sie wollte, war, dass er sie in diesem Zustand der Hilflosigkeit sah.
Sie hörte April von der Hintertür aus rufen.
“Mom, wir müssen jetzt essen, sonst kommen wir zu spät.”
Sie hatte das dringende Bedürfnis zurückzurufen, “Mach dir dein eigenes Frühstück!”
Aber sie tat es nicht. Sie war von den vielen Kämpfen mit April erschöpft. Sie hatte es aufgegeben.
Sie stand auf und ging zurück in die Küche. Sie riss ein Küchentuch von der Rolle und nutze es um ihre Tränen wegzuwischen und sich die Nase zu putzen. Sie bereitet sich mental darauf vor zu kochen. Sie versuchte sich an die Worte ihres Therapeuten zu erinnern: Selbst Routineaufgaben werden viel Kraft verlangen, zumindest für den Anfang. Sie hatte sich vorgenommen einen Schritt nach dem anderen zu machen.
Zuerst kamen die Dinge aus dem Kühlschrank – der Karton mit den Eiern, die Packung Schinken, die Butterdose und das Marmeladenglas, weil April im Gegensatz zu ihr Marmelade mochte. Und so ging es weiter, bis sie fünf Schinkenstreifen in die Pfanne auf dem Herd legte und die Gasflamme entzündete.
Sie stolperte beim Anblick der gelb-blauen Flamme zurück. Sie schloss die Augen und alles kam auf einen Schlag zu ihr zurück.
Riley lag in dem engen Zwischenraum unter dem Haus; in einem kleinen, selbstgebauten Käfig. Die Propangasflamme war das einzige Licht, das sie sah. Den Rest der Zeit verbrachte sie in absoluter Dunkelheit. Der Boden bestand aus Erde. Die Dielen über ihr waren so tief, dass sie sich kaum hinhocken konnte.
Die Dunkelheit wurde nicht einmal dann durchbrochen, wenn er die kleine Tür öffnete und zu ihr in den Zwischenraum kroch. Sie konnte ihn nicht sehen, aber sie hörte ihn atmen und grunzen. Er würde ihren Käfig öffnen und hineinklettern.
Dann würde er die Fackel entzünden. Sie konnte sein grausames und hässliches Gesicht in ihrem Licht sehen. Er quälte sie mit einem Teller erbärmlichen Essens. Wenn sie danach griff, stieß er ihr die Flamme entgegen. Sie konnte nicht essen ohne verbrannt zu werden…
Sie öffnete die Augen. Die Bilder waren mit offenen Augen weniger lebendig, СКАЧАТЬ