Название: Im Westen nichts Neues / На Западном фронте без перемен. Книга для чтения на немецком языке
Автор: Эрих Мария Ремарк
Издательство: КАРО
Жанр: Книги о войне
Серия: Moderne Prosa
isbn: 978-5-9925-0568-9
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Wir schwelgen in Erinnerungen. Kropp lacht plötzlich und sagt: »In Löhne umsteigen.«
Das war das liebste Spiel unseres Korporals. Löhne ist ein Umsteigebahnhof. Damit unsre Urlauber sich dort nicht verlaufen sollten, übte Himmelstoß das Umsteigen mit uns in der Kasernenstube. Wir sollten lernen, dass man in Löhne durch eine Unterführung zum Anschlusszug gelangte. Die Betten stellten die Unterführung dar, und jeder baute sich links davon auf. Dann kam das Kommando: »In Löhne umsteigen!«, und wie der Blitz kroch alles unter den Betten hindurch auf die andere Seite. Das haben wir stundenlang geübt. —
Inzwischen ist das deutsche Flugzeug abgeschossen worden. Wie ein Komet stürzt es in einer Rauchfahne abwärts. Kropp hat dadurch eine Flasche Bier verloren und zählt missmutig sein Geld.
»Der Himmelstoß ist als Briefträger sicher ein bescheidener Mann«, sagte ich, nachdem sich Alberts Ent-täuschung gelegt hat, »wie mag es nur kommen, dass er als Unteroffizier ein solcher Schinder ist?«
Die Frage macht Kropp wieder mobil. »Das ist nicht nur Himmelstoß allein, das sind sehr viele. Sowie sie Tressen* oder einen Säbel haben, werden sie andere Menschen, als ob sie Beton gefressen hätten.«
»Das macht die Uniform«, vermute ich.
»So ungefähr«, sagt Kat und setzt sich zu einer großen Rede zurecht, »aber der Grund liegt anderswo. Sieh mal, wenn du einen Hund zum Kartoffelfressen abrichtest und du legst ihm dann nachher ein Stück Fleisch hin, so wird er trotzdem danach schnappen, weil das in seiner Natur liegt. Und wenn du einem Menschen ein Stückchen Macht gibst, dann geht es ihm ebenso; er schnappt danach. Das kommt ganz von selber, denn der Mensch ist an und für sich zunächst einmal ein Biest, und dann erst ist vielleicht noch, wie bei einer Schmalzstulle, etwas Anständigkeit draufgeschmiert. Der Kommiss besteht nun darin, dass immer einer über den andern Macht hat. Das Schlimme ist nur, dass jeder viel zuviel Macht hat; ein Unteroffizier kann einen Gemeinen, ein Leutnant einen Unteroffizier, ein Hauptmann einen Leutnant derartig zwiebeln, dass er verrückt wird. Und weil er das weiß, deshalb gewöhnt er es sich gleich schon etwas an. Nimm nur die einfachste Sache: wir kommen vom Exerzierplatz und sind hundemüde. Da wird befohlen: Singen! Na, es wird ein schlapper Gesang, denn jeder ist froh, dass er sein Gewehr noch schleppen kann. Und schon macht die Kompanie kehrt und muss eine Stunde strafexerzieren. Beim Rückmarsch heißt es wieder: ‚Singen!’, und jetzt wird gesungen. Was hat das Ganze für einen Zweck? Der Kompanieführer hat seinen Kopf durchgesetzt, weil er die Macht dazu hat. Niemand wird ihn tadeln, im Gegenteil, er gilt als stramm. Dabei ist so etwas nur eine Kleinigkeit, es gibt doch noch ganz andere Sachen, womit sie einen schinden. Nun frage ich euch: Mag der Mann in Zivil sein, was er will, in welchem Beruf kann er sich so etwas leisten, ohne dass ihm die Schnauze* eingeschlagen wird? Das kann er nur beim Kommiss! Seht ihr, und das steigt jedem zu Kopf! Und es steigt ihm um so mehr zu Kopf, je weniger er als Zivilist zu sagen hatte.«
»Es heißt eben, Disziplin muss sein – «, meint Kropp nachlässig.
»Gründe«, knurrt Kat, »haben sie immer. Mag ja auch sein. Aber es darf keine Schikane werden. Und mach du das mal einem Schlosser oder Knecht oder Arbeiter klar, erkläre das mal einem Muskoten*, und das sind doch die meisten hier; der sieht nur, dass er geschunden wird und ins Feld kommt, und er weiß ganz genau, was notwendig ist und was nicht. Ich sage euch, dass der einfache Soldat hier vorn so aushält, das ist allerhand! Allerhand ist das!«
Jeder gibt es zu, denn jeder weiß, dass nur im Schützengraben der Drill aufhört, dass er aber wenige Kilometer hinter der Front schon wieder beginnt, und sei es mit dem größten Unsinn, mit Grüßen und Parademarsch. Denn es ist eisernes Gesetz: Der Soldat muss auf jeden Fall beschäftigt werden.
Doch nun erscheint Tjaden, mit roten Flecken im Gesicht. Er ist so aufgeregt, dass er stottert. Strahlend buchstabiert er: »Himmelstoß ist unterwegs nach hier. Er kommt an die Front.«
Tjaden hat eine Hauptwut auf Himmelstoß, weil der ihn im Barackenlager auf seine Weise erzogen hat. Tjaden ist Bettnässer*, nachts beim Schlafen passiert es ihm eben. Himmelstoß behauptet steif und fest, es sei nur Faulheit, und er fand ein seiner würdiges Mittel, um Tjaden zu heilen. Er trieb in der benachbarten Baracke einen zweiten Bettnässer auf, der Kindervater hieß. Den quartierte er mit Tjaden zusammen. In den Baracken standen die typischen Bettgestelle, zwei Betten übereinander, die Bettböden aus Draht. Himmelstoß legte beide nun so zusammen, dass der eine das obere, der andere das darunter befindliche Bett bekam. Der untere war dadurch natürlich scheußlich daran. Dafür wurde am nächsten Abend gewechselt, der untere kam nach oben, damit er Vergeltung* hatte. Das war Himmelstoß’ Selbsterziehung.
Der Einfall war gemein, aber in der Idee gut. Leider nutzte er nichts, weil die Voraussetzung nicht stimmte: es war keine Faulheit bei den beiden. Das konnte jeder merken, der ihre fahle Haut ansah. Die Sache endete damit, dass immer einer von beiden auf dem Fußboden schlief. Er hätte sich leicht dabei erkälten können. —
Haie hat sich inzwischen auch neben uns niedergelassen. Er blinzelt mir zu und reibt andächtig seine Tatze. Wir haben zusammen den schönsten Tag unseres Kommisslebens erlebt. Das war der Abend, bevor wir ins Feld fuhren. Wir waren einem der Regimenter mit der hohen Hausnummer zugeteilt, vorher aber zur Einkleidung in die Garnison zurückbefördert worden, allerdings nicht zum Rekrutendepot, sondern in eine andere Kaserne. Am nächsten Morgen früh sollten wir abfahren. Abends machten wir uns auf, um mit Himmelstoß abzurechnen. Das hatten wir uns seit Wochen geschworen. Kropp war sogar so weit gegangen, dass er sich vorgenommen hatte, im Frieden das Postfach einzuschlagen, um später, wenn Himmelstoß wieder Briefträger war, sein Vorgesetzter* zu werden. Er schwelgte in Bildern, wie er ihn schleifen würde. Denn das war es gerade, weshalb er uns nicht kleinkriegen konnte; wir rechneten stets damit, dass wir ihn schon einmal schnappen würden, spätestens am Kriegsende.
Einstweilen wollten wir ihn gründlich verhauen. Was konnte uns schon passieren, wenn er uns nicht erkannte und wir ohnehin morgen früh abfuhren.
Wir wussten, in welcher Kneipe er jeden Abend saß. Wenn er von dort zur Kaserne ging, musste er durch eine dunkle, unbebaute Straße. Dort lauerten wir ihm hinter einem Steinhaufen auf. Ich hatte einen Bettüberzug bei mir. Wir zitterten vor Erwartung, ob er auch allein sein würde. Endlich hörten wir seinen Schritt, den kannten wir genau, wir hatten ihn oft genug morgens gehört, wenn die Tür aufflog und »Aufstehen!« gebrüllt wurde.
»Allein?« flüsterte Kropp.
»Allein!« – Ich schlich mit Tjaden um den Steinhaufen herum.
Da blitzte schon sein Koppelschloss*. Himmelstoß schien etwas angeheitert zu sein; er sang. Ahnungslos ging er vorüber.
Wir fassten das Bettuch, machten einen leisen Satz, stülpten es ihm von hinten über den Kopf, rissen es nach unten, so dass er wie in einem weißen Sack dastand und die Arme nicht heben konnte. Das Singen erstarb.
Im nächsten Moment war Haie Westhus heran. Mit ausgebreiteten Armen warf er uns zurück, um nur ja der erste zu sein. Er stellte sich genussreich in Positur*, hob den Arm wie einen Signalmast, die Hand wie eine Kohlenschaufel und knallte einen Schlag auf den weißen Sack, der einen Ochsen hätte töten können.
Himmelstoß überschlug sich, landete fünf Meter weiter und fing an zu brüllen. Auch dafür hatten wir gesorgt, denn wir hatten ein Kissen bei uns. Haie hockte sich hin, legte das Kissen auf die Knie, packte Himmelstoß da, wo der Kopf war, und drückte ihn auf das Kissen. Sofort wurde er im Ton gedämpfter. Haie ließ ihn ab und zu mal Luft schnappen, dann kam aus dem Gurgeln ein prachtvoller heller Schrei, der gleich wieder zart wurde.
Tjaden СКАЧАТЬ