Im Westen nichts Neues / На Западном фронте без перемен. Книга для чтения на немецком языке. Эрих Мария Ремарк
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Читать онлайн книгу Im Westen nichts Neues / На Западном фронте без перемен. Книга для чтения на немецком языке - Эрих Мария Ремарк страница 11

СКАЧАТЬ schräg in den Nebel, die Geschütze brummen und rumoren*. Wir frösteln und sind froh, dass wir morgen früh wieder in den Baracken sein werden.

      Unsere Gesichter sind nicht blasser und nicht röter als sonst; sie sind auch nicht gespannter oder schlaffer, und doch sind sie anders. Wir fühlen, dass in unserm Blut ein Kontakt angeknipst ist. Das sind keine Redensarten; es ist Tatsache. Die Front ist es, das Bewusstsein der Front, das diesen Kontakt auslöst. Im Augenblick, wo die ersten Granaten pfeifen, wo die Luft unter den Abschüssen zerreißt, ist plötzlich in unsern Adern, unsern Händen, unsern Augen ein geducktes Warten, ein Lauern, ein stärkeres Wachsein, eine sonderbare Geschmeidigkeit der Sinne. Der Körper ist mit einem Schlage in voller Bereitschaft.

      Oft ist es mir, als wäre es die erschütterte, vibrierende Luft, die mit lautlosem Schwingen auf uns überspringt; oder als wäre es die Front selbst, von der eine Elektrizität ausstrahlt, die unbekannte Nervenspitzen mobilisiert.

      Jedesmal ist es dasselbe: wir fahren ab und sind mürrische oder gutgelaunte Soldaten; – dann kommen die ersten Geschützstände, und jedes Wort unserer Gespräche hat einen veränderten Klang. —

      Wenn Kat vor den Baracken steht und sagt: »Es gibt Kattun – «, so ist das eben seine Meinung, fertig; – wenn er es aber hier sagt, so hat der Satz eine Schärfe wie ein Bajonett nachts im Mond, er schneidet glatt durch die Gedanken, er ist näher und spricht zu diesem Unbewussten, das in uns aufgewacht ist, mit einer dunklen Bedeutung, »es gibt Kattun« – . Vielleicht ist es unser innerstes und geheimstes Leben, das erzittert und sich zur Abwehr erhebt.

* * *

      Für mich ist die Front ein unheimlicher Strudel*. Wenn man noch weit entfernt von seinem Zentrum im ruhigen Wasser ist, fühlt man schon die Saugkraft, die einen an sich zieht, langsam, unentrinnbar, ohne viel Widerstand. Aus der Erde, aus der Luft aber strömen uns Abwehrkräfte zu, – am meisten von der Erde. Für niemand ist die Erde so viel wie für den Soldaten. Wenn er sich an sie presst, lange, heftig, wenn er sich tief mit dem Gesicht und den Gliedern in sie hineinwühlt in der Todesangst des Feuers, dann ist sie sein einziger Freund, sein Bruder, seine Mutter, er stöhnt seine Furcht und seine Schreie in ihr Schweigen und ihre Geborgenheit, sie nimmt sie auf und entlässt ihn wieder zu neuen zehn Sekunden Lauf und Leben, fasst ihn wieder, und manchmal für immer.

      Erde – Erde – Erde – !

      Erde, mit deinen Bodenfalten und Löchern und Vertiefungen, in die man sich hineinwerfen, hineinkauern kann! Erde, du gabst uns im Krampf des Grauens, im Aufspritzen der Vernichtung, im Todesbrüllen der Explosionen die ungeheure Widerwelle gewonnenen Lebens! Der irre Sturm fast zerfetzten Daseins floss im Rückstrom von dir durch unsre Hände, so dass wir die geretteten in dich gruben und im stummen Angstglück der überstandenen Minute mit unseren Lippen in dich hineinbissen! —

      Wir schnellen mit einem Ruck in einem Teil unseres Seins beim ersten Dröhnen der Granaten um Tausende von Jahren zurück. Es ist der Instinkt des Tieres, der in uns erwacht, der uns leitet und beschützt. Er ist nicht bewusst, er ist viel schneller, viel sicherer, viel unfehlbarer als das Bewusstsein. Man kann es nicht erklären. Man geht und denkt an nichts – plötzlich liegt man in einer Bodenmulde*, und über einen spritzen die Splitter hinweg; – aber man kann sich nicht entsinnen, die Granate kommen gehört oder den Gedanken gehabt zu haben, sich hinzulegen. Hätte man sich darauf verlassen sollen, man wäre bereits ein Haufen verstreutes Fleisch. Es ist das andere gewesen, diese hellsichtige Witterung in uns, die uns niedergerissen und gerettet hat, ohne dass man weiß, wie. Wenn sie nicht wäre, gäbe es von Flandern bis zu den Vogesen* schon längst keine Menschen mehr.

      Wir fahren ab als mürrische oder gutgelaunte Soldaten, – wir kommen in die Zone, wo die Front beginnt, und sind Menschentiere geworden.

* * *

      Ein dürftiger Wald nimmt uns auf. Wir passieren die Gulaschkanonen. Hinter dem Walde steigen wir ab. Die Wagen fahren zurück. Sie sollen uns morgens vor dem Hellwerden wieder abholen.

      Nebel und Geschützrauch stehen in Brusthöhe über den Wiesen. Der Mond scheint darauf. Auf der Straße ziehen Truppen. Die Stahlhelme schimmern mit matten Reflexen im Mondlicht. Die Köpfe und die Gewehre ragen aus dem weißen Nebel, nickende Köpfe, schwankende Gewehrläufe.

      Weiter vorn hört der Nebel auf. Die Köpfe werden hier zu Gestalten; – Röcke, Hosen und Stiefel kommen aus dem Nebel wie aus einem Milchteich. Sie formieren sich zur Kolonne. Die Kolonne marschiert, geradeaus, die Gestalten schließen sich zu einem Keil, man erkennt die einzelnen nicht mehr, nur ein dunkler Keil schiebt sich nach vorn, sonderbar ergänzt aus den im Nebelteich heranschwimmenden Köpfen und Gewehren. Eine Kolonne – keine Menschen.

      Auf einer Querstraße fahren leichte Geschütze und Munitionswagen heran. Die Pferde haben glänzende Rücken im Mondschein, ihre Bewegungen sind schön, sie werfen die Köpfe, man sieht die Augen blitzen. Die Geschütze und Wagen gleiten vor dem verschwimmenden Hintergrund der Mondlandschaft vorüber, die Reiter mit ihren Stahlhelmen sehen aus wie Ritter einer vergangenen Zeit, es ist irgendwie schön und ergreifend.

      Wir streben dem Pionierpark zu. Ein Teil von uns ladet sich gebogene, spitze Eisenstäbe auf die Schultern, der andere steckt glatte Eisenstöcke durch Drahtrollen und zieht damit ab. Die Lasten sind unbequem und schwer.

      Das Terrain* wird zerrissener. Von vorn kommen Meldungen durch: »Achtung, links tiefer Granattrichter« – »Vorsicht, Graben« —

      Unsere Augen sind angespannt, unsere Füße und Stöcke fühlen vor, ehe sie die Last des Körpers empfangen. Mit einmal hält der Zug; – man prallt mit dem Gesicht gegen die Drahtrolle des Vordermannes und schimpft.

      Einige zerschossene Wagen sind im Wege. Ein neuer Befehl. »Zigaretten und Pfeifen aus.« – Wir sind dicht an den Gräben.

      Es ist inzwischen ganz dunkel geworden. Wir umgehen ein Wäldchen und haben dann den Frontabschnitt vor uns.

      Eine Ungewisse, rötliche Helle steht am Horizont von einem Ende zum andern. Sie ist in ständiger Bewegung, durchzuckt vom Mündungsfeuer der Batterien. Leuchtkugeln steigen darüber hoch, silberne und rote Bälle, die zerplatzen und in weißen, grünen und roten Sternen niederregnen. Französische Raketen schießen auf, die in der Luft einen Seidenschirm entfalten und ganz langsam niederschweben. Sie erleuchten alles taghell, bis zu uns dringt ihr Schein, wir sehen unsere Schatten scharf am Boden. Minutenlang schweben sie, ehe sie ausgebrannt sind. Sofort steigen neue hoch, überall, und dazwischen wieder die grünen, roten und blauen.

      »Schlamassel*«, sagt Kat.

      Das Gewitter der Geschütze verstärkt sich zu einem einzigen dumpfen Dröhnen und zerfällt dann wieder in Gruppeneinschläge. Die trockenen Salven der Maschinengewehre knarren. Über uns ist die Luft erfüllt von unsichtbarem Jagen, Heulen, Pfeifen und Zischen. Es sind kleinere Geschosse; – dazwischen orgeln aber auch die großen Kohlenkästen, die ganz schweren Brocken durch die Nacht und landen weit hinter uns. Sie haben einen röhrenden, heiseren, entfernten Ruf, wie Hirsche in der Brunft*, und ziehen hoch über dem Geheul und Gepfeife der kleineren Geschosse ihre Bahn.

      Die Scheinwerfer beginnen den schwarzen Himmel abzusuchen. Sie rutschen darüber hin wie riesige, am Ende dünner werdende Lineale. Einer steht still und zittert nur wenig. Sofort ist ein zweiter bei ihm, sie kreuzen sich, ein schwarzes Insekt ist zwischen ihnen und versucht zu entkommen: der Flieger. Er wird unsicher, geblendet und taumelt*.

* * *

      Wir rammen die Eisenpfähle in regelmäßigen Abständen fest. Immer zwei Mann halten eine Rolle, die andern spulen den Stacheldraht ab. Es ist der ekelhafte Draht mit den dichtstehenden, langen Stacheln. Ich bin das Abrollen nicht mehr gewöhnt und reiße mir die Hand auf.

      Nach einigen Stunden sind wir fertig. Aber wir haben noch Zeit, bis die Lastwagen kommen. Die СКАЧАТЬ