Onnen Visser. Sophie Worishoffer
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Название: Onnen Visser

Автор: Sophie Worishoffer

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ Trost auf den Weg zum Grabe.«

      Der Unteroffizier berührte leise seine Schulter. »Kamerad«, flüsterte er, »eine Frage – ich stelle sie nicht aus Neugier. Hat dein junges Weib, wenn du dahin bist, für sich und das Kind zu leben? Hinterläßt du ihr ein Vermögen?«

      Lars Meinders stöhnte tief. »Keinen Pfennig«, seufzte er. »Meine arme Moiken muß arbeiten, um sich und die Kleine vor dem Hunger zu schützen.«

      Der Engländer nahm seine Brieftasche heraus und schrieb mit Bleistift einen kurzen Brief an den Kapitän des Schiffes, auf welchem er gedient hatte, dann reichte er das Blatt dem Geistlichen. »Gebt es ab, Sir, wenn Ihr die Güte haben wollt. Da in meiner Kabine liegt das Geld, was ich mir erworben hatte, lauter gute englische Papiere, ich hab‘s immer bei mir getragen und damit geliebäugelt und den Mammon mein Teuerstes genannt – zur Strafe dafür muß ich jetzt sterben, ehe mir‘s zugutekommen kann. Aber schadet nicht, schadet nicht, ich erlebe doch im letzten Augenblick daran noch eine große Freude. Des Malcolm kleiner Bube soll die Hälfte erhalten und dein Mädel den Rest, Freund Meinders, dann ist für beide gesorgt. So, basta, sagt kein Wort des Dankes, irgendwo muß nach meinem Tode das Geld doch bleiben und Verwandte hab ich auf Gottes weiter Welt keinen einzigen mehr, darum eben hing ja meine ganze Seele an den gestempelten Dokumenten. Es war alles, was ich besaß, nun nehmt‘s hin und Gott gesegne es den beiden Kindern!«

      Der junge Soldat war aufgesprungen. »Mein Sohn?« rief er, »du willst dein Geld meinem Sohn schenken? O, Gott gebe dir dafür in seinem Himmel den besten Platz, John Wilkie, Gott vergelte es tausendfältig!«

      Und er umfaßte mit beiden Armen den Hals seines ehemaligen Waffengefährten, er küßte schluchzend das bärtige Gesicht. »Wenn du droben einen Mann brauchst, der dir treu ist wie ein Hund, der dich lieb hat, John Wilkie, dann bin ich es, das darfst du glauben!« Auch Lars Meinders streckte die Hand aus. Er konnte kein Wort hervorbringen, große Tränen rollten über sein blasses Gesicht.

      Ebenso stumm blieb der Prediger, aber seine Augen glänzten in hoher Freude. Er sah den narbigen alten Soldaten an und durch seine Seele wehte wie freundliches Grüßen das Wort des Erlösers: »Wahrlich, ich sage dir, du wirst noch heute mit mir im Paradiese sein!«

      »Hört auf«, lächelte der Unteroffizier, »was ist es denn weiter? Ich mache mein Testament wie jeder andere auch. Sorgt nur, daß es erfüllt werde, ehrwürdiger Herr; eine Einsprache kann kein Mensch erheben!«

      Der Geistliche steckte das Blatt zu sich, er versprach gerührten Herzens, sogleich die englischen Behörden in Kenntnis zu setzen und dann das Vermächtnis des großmütigen Gebers für beide Kinder nach bestem Ermessen zu verwalten. Als diese Angelegenheit geordnet war, wandte er sich zu den älteren Gefangenen, den dreien, die bisher geschwiegen hatten, weil sie ihre äußeren Angelegenheiten geordnet zurückließen. Er kannte den Kapitän und Heye Wessel seit langen Jahren genau, den Baltrumer Wattführer wenigstens von Ansehen, hier wurde ihm also, den alten Leuten gegenüber, die Trennung schwerer. »Wir hatten heute eine außerordentliche Sitzung der Gemeindeältesten«, sagte er traurig, »ich soll euch beiden von allen die herzlichsten Grüße bringen. Es wird niemand außer mir zu euch gelassen, sonst wären schon viele Freunde hier gewesen.«

      Heye Wessel nickte. »Das glaube ich, Herr Pastor, das glaube ich, aber meine Kinder dürfen doch von mir Abschied nehmen?«

      »Und mein Junge«, setzte der Kapitän hinzu, »meine arme Frau ? – Waren übrigens unsertwegen die Gemeindeältesten versammelt, Herr Pastor?«

      »Nein, meine Freunde, ich darf euch keine falschen Hoffnungen erregen. Der Präfekt selbst hat das Urteil als ein unwiderrufliches bezeichnet – es war der alten Aheltje wegen, daß wir Rat hielten; die Franzosen haben ihre Hütte zerschlagen, ihr bißchen Hab und Gut in alle vier Winde zerstreut und die bedauernswerte Frau arg mißhandelt. Aheltje bittet, ihr ein neues Obdach zu schaffen; sie irrt ohne Heimat, ohne eine Stelle, wohin sie ihr Haupt legen möge, in den Dünen herum.«

      Der Kapitän sah auf. »Noch bin ich Gemeindeältester«, sagte er nachdrücklich, »und als solcher gebe ich der armen Alten meine Stimme. Sie soll eine neue Hütte haben.«

      »Das ist auch meine Ansicht«, rief Heye Wessel. Der Prediger nicke freundlich. »Davon war ich überzeugt«, antwortete er. »Aber nun zu euch selbst, Leute, habt ihr nichts mehr auszurichten? Auch Ihr nicht, Andreas Fokke?«

      Der Wattführer seufzte. »Meine Kinder sind klein und mein Weib ist kränklich«, sagte er. »Von Baltrum hierher ist es für alle zu weit und beschwerlich. Grüßt sie, Herr Pastor, wenn Ihr so freundlich sein wollt – tröstet die Armen! In leibliche Not geraten sie nicht, dafür ist durch die letzten guten Jahre gesorgt, wenn ich auch nun den Schmuggelhandel mit meinem Leben bezahlen muß.«

      Heye Wessel bat, seine Kinder sehen zu dürfen, und der Kapitän wenigstens seine Frau. Der Knabe lag noch krank im Bette, er würde die große Aufregung nicht ertragen können, sondern sollte lieber von dem gefällten Todesurteil noch nichts erfahren.

      Nachdem so die Dinge dieser Erde geordnet waren, versammelte der Geistliche die kleine zum Sterben geweihte Gemeinde um sich und spendete den Unglücklichen das heilige Abendmahl.

      »Für euch gegeben und vergossen zur Vergebung der Sünden« – viel mehr als nur diese Worte sprach er nicht, aber er bat die Gefangenen, sich den ganzen Segen der tröstlichen, darin enthaltenen Verheißung voll zu eigen zu machen, sich der ewigen Heimat zu freuen, nun ihnen die zeitliche entrissen werde.

      Dann kam der Abschied – fast stumm, aber innig empfunden. Was die Herzen in letzter Hoffnung bewegte, was noch an Erdensorgen zu erledigen war, das ruhte nun in treuen Händen. Mochte der Tod kommen, er würde seine Opfer bereit finden.

      Von den Gefangenen begab sich der Prediger unmittelbar zu dem Präfekten, Monsieur de Jeannesson; er erhielt auch bereitwilligst die gewünschte Audienz, aber er nahm keine noch so geringe Hoffnung aus dieser Zusammenkunft mit sich hinweg.

      »Glauben Sie es mir«, sagte im Tone der unverkennbarsten Wahrheit der Franzose, »ich würde Gott weiß was darum geben, wenn die Hinrichtung unterbleiben könnte, aber meine Befehle sind gemessen und nebenbei glaube ich auch, daß die zum Gewerbe gewordene Schmuggelei, nachdem diese Züchtigung der Insel widerfuhr, nun endlich einmal aufhören werde.«

      »Die öffentliche Moral ist untergraben«, setzte er hinzu, »List und Gewalt behaupten die Stelle der Gesetze; das ist ein ungesunder Zustand.«

      Der Prediger widersprach nicht, er sagte nur, daß er gekommen sei, um zu bitten, nicht um zu fordern; Monsieur de Jeannesson drückte ihm die Hand, aber er betonte, daß keine Gnade obwalten könne. »Morgen um die sechste Stunde wird die Hinrichtung stattfinden«, sagte er, »wenn also die Angehörigen der Verurteilten von diesen noch Abschied zu nehmen wünschen, so muß es vor Abend geschehen.«

      Der Geistliche empfahl sich schweren Herzens, um den beiden Familien, die er so viele Jahre hindurch gekannt hatte, die Trauerbotschaft zu bringen. Heye Wessels Haus lag ihm auf seinem Wege am nächsten, er kam also dahin zuerst und traf beide Geschwister daheim. Während Amke, das junge Mädchen, beim Empfang der Hiobspost laut aufschrie und dann ohnmächtig zu Boden sank, hatte ihr Bruder für den Prediger nur ein siegesgewisses Lächeln.

      »Es wird niemand erschossen, Herr Pastor«, sagte er. »Haben Sie es denn meinem Vater nicht gesagt, daß Uve Mensinga und ich über siebenhundert streitbare und treuergebene Männer verfügen? Das englische Kriegsschiff erscheint mit Tagesanbruch an der Ostspitze der Insel, bereit, die Verurteilten aufzunehmen – wir massakrieren die ganze Franzosenbande bis zum letzten Mann, wir hauen die braven Norderneyer heraus, ob auch Hunderte von uns fallen mögen. Vielleicht kommen doppelt soviele Wüteriche wieder hierher, aber der Vater und seine Gefährten sind vorläufig gerettet. СКАЧАТЬ