Название: Das Naturforscherschiff
Автор: Sophie Worishoffer
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
isbn:
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»Hat dieser Stamm einen König?« fragte Franz.
»Gewiß. Mazemba bewohnt die größte Hütte im Kraal und hat die meisten Frauen; aber er ist alt, seine Krankheit erlaubt ihm nicht mehr, Rinder zu hüten oder auf die Jagd zu gehen.«
»Was betreibt er denn jetzt?« forschte der junge Hamburger begierig, von dem rinderhütenden Fürsten mehr zu hören. »Hat König Mazemba Kinder?«
Der Führer, selbst ein Sohn des gelben Volkes, nickte. »Die Quaquas (so nennen sich die Hottentotten) bleiben, wenn sie Männer geworden sind, selten mehr in den Kraalen ihrer Väter,« antwortete er, »sie suchen die Dienstbarkeit der Weißen und werden auch oft selbst Landwirte. Es gibt in der Umgegend der Kapstadt manchen Gelben, der seine eigene Schafzucht oder Käserei besitzt und um keinen Preis zu den Verwandten in die Wälder zurückkehren würde.«
»Was ich ihm durchaus nicht verübeln kann!« schaltete Holm ein, wobei er sich jedoch, um niemandes Gefühle zu verletzen, der deutschen Sprache bediente. »Schau hin, Franz, mein Söhnchen, das Ding da ist der Kraal, Seiner Majestät Mazembas des Wassersüchtigen Allerhöchste Residenz, oder ich will bis an das Ende aller Tage Afrikareisender bleiben.« »Ein furchtbares Los!« konnte sich Doktor Bolten nicht enthalten auszurufen.
Franz lachte. »Karl, weshalb glaubst du, daß dieser Fürst notwendig an der Wassersucht leiden müsse,« fragte er. »Da vor uns haben wir ja einen nackten, langgestreckten Erdhaufen.«
»Aber dahinter liegt dennoch Mazembas Palast; glaub mir‘s, mein Junge. Und die Wassersucht hat der Monarch auch, entsetzlich geschwollene Füße und Schmerzen in allen Gelenken, das ist das Los fast eines jeden der Häuptlinge, die ihr Leben faulenzend und liegend in den feuchten, beinahe unterirdischen Höhlen verbringen und nicht selten so träge sind, daß sie sich von ihren Weibern buchstäblich füttern lassen. Da gibt es für solch einen Schmutzmenschen keine geistige oder körperliche Tätigkeit, er schläft und ißt, prügelt seine Umgebung und schläft wieder, bis endlich ein frühes Erkranken und Altern das nutzlose Dasein abschließt. Das wirst du noch häufig, namentlich auf den Südseeinseln bemerken, wo fast alle alten Leute an der Elefantiasis, d. h. furchtbar geschwollenen Beinen und Füßen, leiden.«
Der Führer streckte jetzt den Arm aus. »Das ist Mazembas Kraal,« rief er, auf eine überhängende, spärlich mit Moos bewachsene Berglehne zeigend, »hier bin ich geboren, aber Vater und Mutter leben mit mir in der Stadt. Es ist doch traurig, so zwischen den Felsen zu hausen, obgleich dieser Kraal ein sehr reicher ist, er besitzt sogar eine Quelle.«
»Dessen kann sich hier also nicht jeder Haushalt rühmen, Freund Quaqua?«
»Ganz gewiß nicht. Viele Stämme müssen mit dem, was der Regen spendet, und mit den reichlich wachsenden Wassermelonen fürlieb nehmen. Außer dem Bedarf zum Reinigen des Kochtopfes brauchen freilich meine Stammesgenossen auch kein Wasser, denn die Kühe und Schafe treiben sie auf entfernte Weiden, wo sich Trinkplätze vorfinden.«
»Ach! – der echte Quaqua wäscht also seinen Körper niemals?«
»Nicht mit Wasser, Herr, er reibt ihn mit Fett.«
»Was diese Nachbarschaft für die Nasen der Kulturvölker äußerst unangenehm macht,« sagte trocken der Gelehrte. »Aha, da zeigt sich Jung-Hottentottentum in schönster Naturwahrheit.«
Ein halbes Dutzend spielender, durchaus unbekleideter Kinder lief beim Erblicken der Fremden laut schreiend zum Eingang des Kraales zurück; bald darauf zeigten sich gelbe Gesichter, mehrere Frauen kamen herbei, und selbst Männer erschienen mit ausgestreckten Händen, um von den Weißen etwas Tabak zu erbetteln. Nirgends gewahrte man indessen jenes Erstaunen, das verwunderte Aufhorchen, welches die Neger ergriffen hatte, wohin die Reisenden bis jetzt kamen; es trat vielmehr deutlich zu Tage, daß diese Leute den Besuch weißer Fremdlinge schon oft empfangen, ja daß manche unter ihnen selbst in der Kapstadt gewesen sein mochten und das Leben außerhalb ihres Kraales sehr wohl kannten.
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