Das blutige Blockhaus. Charles Sealsfield
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Название: Das blutige Blockhaus

Автор: Charles Sealsfield

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ sich selbst überlassen, unmöglich dieses Land der Kultur gewinnen könne.«

      Wieder machte der Graf eine Pause.

      »Ich hatte viel Entsetzliches gesehen«, fuhr er nach einer Weile fort, »als ich in Louisiana vor neunundzwanzig Jahren ankam, aber nie so etwas Grauenerregendes wie diese unabsehbaren Flächen von Sumpf und Morast, diese Tausende vermodernder Baumstämme, mit Tausenden von Alligatoren, diese gräßlichen Wolken von Moskitos, dieses Chaos einer erst beginnenden Gestaltung! Ein solches Land der Kultur zu gewinnen, schien mir etwas so Ungeheures, daß selbst das Furchtbare der Sklaverei dagegen verschwand und in meinen Augen gerechtfertigt wurde.«

      »Ja, Herr Graf, Sie riefen oft aus: mein Gott, in diesem Land sollen wir leben!« schaltete Amadée ein.

      »Wir kamen noch dazu in der schlimmsten Jahreszeit an, zu Anfang Juli«, bemerkte Lassalle.

      »Wir fuhren in der Mitte April ab«, ergänzte der Graf, »brachten aber drei volle Monate auf See zu. Es war ein trauriges Beginnen, nach den langen Mühseligkeiten und Entbehrungen einer solchen Seereise die noch trostloseren Gestade der Mississippimündungen zu sehen.«

      »Und die Hauptstadt!« gab wieder Amadée das Stichwort.

      »Eh bien!« fuhr Baron Lassalle fort, der in Erzählungslaune gekommen schien. »Nouvelle Orleans im Juli 1799! Leere Häuser, geschlossene Fensterläden, schmutzige Gassen, das Pflaster mit Abfällen aller Art Tiere besät, mit abgenagten Knochen, Gerippen, an denen ganze Scharen Carancros Kreolische Bezeichnung für ›Turkey Buzzards‹ — Aasgeier hackten und zerrten! Kein Mensch zu sehen. Unser Schiff das einzige, das im Hafen lag. Es war die häßlichste, verödetste Stadt, in die ich je den Fuß gesetzt habe. Eine tote Stadt, eine Stadt, aus der alles Lebende gewichen war.«

      Alle waren gerade in jener glücklichen Stimmung, die bei gesundem Verdauungsvermögen in der Regel nach einem guten Diner einzutreten pflegt, jener behaglich wohlwollenden Trägheit, in der die abgespannten körperlichen und geistigen Kräfte sich mit irgendeinem Ersatz geistiger Nahrung begnügen.

      So ließen sie denn Lassalle erzählen.

      3

      »Wir waren unser zehn, die zusammen die Überfahrt machten: de Vignerolles und Amadée mit noch zwei Bedienten, Hauterouge, Ducalle und ich mit unseren Dienern. Wir verließen Europa acht Monate nach dem 18. Brumaire. Der Nachdruck, mit dem Bonaparte die Zügel der Regierung erfaßte und festhielt, hatte unserem Treiben ein Ende gemacht. Unsere Rollen in Frankreich waren ausgespielt. Für unseren König, unsere ererbten Rechte hatten wir gekämpft, solange ein Hoffnungsstrahl des Erfolges leuchtete. Der letzte war erloschen, und wir dachten, es sei an der Zeit, mit den Trümmern, die wir aus dem Schiffbruch retten konnten, eine eigene Hütte zu bauen.

      In der ersten Stunde nach unserer Ankunft in New Orleans waren der Kapitän des Schiffs und seine Matrosen verschwunden, um sich für die Entbehrungen der langen Seereise so schnell wie möglich zu entschädigen. Wir waren uns selbst überlassen. Lange irrten wir durch die fremde tote Stadt auf der Suche nach Menschen und einem Gasthaus. Endlich fanden wir an der unteren Levée Uferdamm gegenüber der Kathedrale eine Kneipe. Gerade als wir an die Tür herantraten, wurde diese geöffnet und von zwei Negern eine Leiche herausgetragen.

      »Mut, Monsieur de Vignerolles!« sagte Ducalle. »Sie sehen, man macht uns Platz!«

      Der Wirt dieses Estaminet, Pierre Brodin, war der schwärzeste Bretagner, den ich je gesehen. Voll Pockennarben, mit einer dicken aufgestülpten Nase und einem Paar ewig umherrollender roter Fuchsaugen. Als wir zehn Mann hoch angerückt kamen, übersah er uns einen Augenblick vom Kopf zu den Füßen und schrie dann den Negern nach, sie sollten den Toten ja nicht entkleiden, weil er am gelben Fieber gestorben wäre, und sogleich zurückkehren. Dann sprang er in die Schenke zurück, ohne sich auch nur im mindesten um uns zu kümmern.

      Wir standen da, zweifelnd, ob wir in diese Gelbfieberhöhle eintreten sollten oder nicht. Aber die Promenade durch die häßliche Stadt hatte uns völlig erschöpft, und schließlich blieb uns keine Auswahl. So traten wir in das Schenkzimmer, in dem ein Dutzend Spanier, Mestizen und freie Mulatten tranken und lachten. Pierre Brodin ließ sich herab, hinter seinem schmutzigen Schenktisch hervorzukommen und uns einige Worte zu schenken.

      Als er hörte, daß wir soeben als Fahrgäste mit dem Schiff angekommen waren, verzog sich sein Fuchsgesicht zu einem schlauen Lächeln, und er fragte, ob wir bei ihm Quartier nehmen möchten. Wir sagten zu, und er führte uns in ein anstoßendes Hinterstübchen.

      Wir nahmen Platz auf den Sesseln und Bänken.

      Brodin musterte uns abermals vom Kopf bis zu den Füßen.

      »Plait-il?« fragte er dann, wartete aber unsere Antwort gar nicht ab, sondern lief fort und kam in einer Minute mit einem Korb Bordeauxwein und einem Dutzend Zigarren zurück. Wir tranken das erste Mal auf Neu-Frankreichs Grund und Boden. Die Hitze war ungeheuer, die Moskitos jedoch im Vergleich zu denen, die uns an den Mündungen des Mississippi zur Verzweiflung gebracht hatten, erträglich.

      Wie wir da so saßen und tranken und trüben Gedanken nachhingen, nahm Vignerolles seine Brieftasche heraus. Wir folgten seinem Beispiel. Pierre Brodin, der durch die Tür hereingelugt hatte, kam, schlich eine Weile um uns herum wie der Fuchs um den Hühnerstall, schielte Ducalle und Hauterouge über die Schultern und begann endlich mit einem spöttischen Seitenblick:

      »Ah, des lettres de récommendation — Empfehlungsbriefe an Monsieur Bouligny! Nicht in der Stadt, der Monsieur Bouligny! Und an Baron Marigny! Auf seinem Landsitz, der Baron Marigny! Pah!« Und er wandte sich, drehte sich herum und maß uns abwechselnd mit Luchsblicken. »Pah! Gut, sehr gut! Diese Empfehlungsbriefe sind gut!«

      Die Wahrheit zu gestehen, waren unsere Anzüge nichts weniger als gewählt und unsere Wäsche so, wie sie nach einer solchen tristen Fahrt sein mußte.

      »Pah!« wandte sich Pierre Brodin an Hauterouge und Ducalle: »Habt ihr fünftausend Dollar jährlich?«

      Die beiden sahen ihn mit großen Augen an.

      »Ihr habt fünftausend Dollar jährlich, gut, gut! So werden diese Empfehlungsbriefe hinreichen, um euch eine niedliche Demoiselle zu verschaffen, eine Quarterone oder derlei Zeitvertreib, die euch euer Geld verzehren helfen wird. Pah! Und Messieurs wird es geben, die euch belehren werden!«

      Dann wandte er sich ausschließlich an Ducalle, dem er über die Schulter in seinen Brief geschaut hatte.

      »Sie sind Bretagner?«

      »Ja, mein Herr!« antwortete Ducalle.

      »Sie haben einen Brief für die Attacapas?«

      »Ja, mein Herr!«

      »Sie haben, was man Erziehung nennt?«

      »Ich glaube, ja!«

      »Verstehen Sie etwas von Chemie, von Chirurgie, von ... von ...«

      Ducalle sah den Mann erstaunt an.

      »Tenez!« fuhr dieser fort. »Werde Ihnen etwas sagen! Ich, Pierre Brodin, sage Ihnen — verlassen Sie die Hauptstadt so schnell wie möglich! Befördern Sie sich selber weg von hier, sonst werden Sie befördert wie der, der soeben bei Ihrer Ankunft hinausbefördert wurde.«

      Er steckte beide Hände in seine Westentaschen und fuhr bestimmter fort:

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