Münchhausen. Karl Immermann
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Название: Münchhausen

Автор: Karl Immermann

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ Totlachen, was für Späße der Till angibt, der durchtriebene Vogel, der Till... und wenn ich an den Till denke, und an Till und Schelle, und Schelle und Till... und an Tell und Schille... und an alle die Späße von dem Till, so — — so — —«

      Der Freiherr brach bei der lebhaften Erinnerung an Tills Späße in ein konvulsivisches Lachen aus, welches so klang, als wenn hölzerne Klötzchen in einer Büchse von Blech hin- und hergeschüttelt werden. Der alte Baron klopfte ihm den Nacken, Münchhausen erholte sich wieder und fuhr fort:

      »... so kann ich nur bedauern, daß die »Meerrettiche«, die der Dichter auch in sechs Paar Trilogien auf seinem Krautfelde ziehen wollte, nicht fertig geworden sind. Doch vielleicht kommen sie noch nach, denn bei Hirsewenzel ist nichts unmöglich. Bis nun der Meerrettich zum Rindfleisch abgesotten sein wird, müssen wir uns mit dem Till behelfen, dem ich wohl eine Petersilie wünschen möchte, das gäbe eine Mariage von Küchenkräutern, worüber jeder Köchin das Herz im Leibe poppern würde.

      Ich habe immer, wenn ich die Tille sah, an einen Menschen denken müssen, den ich einmal in einem Dorfe zwischen Jüterbog und Treuenbrietzen, mich dünkt, es hieß Knippelsdorf, oder so ungefähr, kennenlernte. Die Gegend um Knippelsdorf ist etwas unfruchtbar, nur bei großen Überschwemmungen werden die Felder grün, dann gibt es große Festlichkeiten, wobei sich die Leute in Grütze satt essen. Aber hübsche Kiefern haben sie da, und Windhafer, soviel ihr Herz begehrt. Die Achse war mir am Wagen gebrochen; ich mußte ein paar Stunden im Kruge sitzen, bis der Stellmacher sie, nämlich die Achse, repariert hatte. Dieser Aufenthalt zeigte mir »Knippelsdorfer Zustände«. Es war neun Uhr morgens, und ein schöner heißer Julius, indessen schien der Tag durch die runden Fenster der Krugstube nicht absonderlich hell, sie waren gar zu verschmaucht. In der Stube gingen die Hühner spazieren, uneigennützig, denn zu essen gab es da nichts, wie ich erfuhr, als ich nachfragte. Zu trinken konnte ich bekommen, wenn ich bis zum folgenden Tage bleiben wollte, da würden sie Dünnbier von Zahne holen, sagten sie. Es roch abscheulich in der Stube, aber auf Reinlichkeit hielten sie doch, denn eine Magd im Negligé mit fliegendem Haar wischte gehörig den langen Tisch ab, und nachher mit demselben Tuche die irdenen Teller. Eine Anzahl von Fliegen summte in der Stube, und die schlug ein höhnischer, blasser, verdrossen-schläfriger Mensch tot, derselbe eben, an den ich mich nachmals immer bei den Tillen erinnerte. Er trug eine Nachtmütze schief überm Ohr, den tönernen Stummel hatte er im Munde, in herabgetretenen Pantoffeln schlorrte er auf und nieder. So oft er eine Fliege mit der Klatsche erlegt hatte, verzog er die schlaffen Lippen zu einem unangenehmen Lächeln und machte einen Spaß über die tote Fliege. Man konnte sich darauf verlassen, auf jede tote Fliege kam ein Spaß; ich habe sie aber sämtlich vergessen. Die Magd lachte nicht darüber, ich konnte auch nicht darüber lachen. Sie sagte mir, als ich mich nach ihm erkundigte, er sei der jüngere Bruder des Krugwirtes und habe nicht guttun wollen, deshalb müsse er jetzt das Gnadenbrot essen. Seine einzige Beschäftigung sei, sich über die Fliegen aufzuhalten, die er totgeschlagen habe.

      Der Till also ging dem Hirsewenzel, wie gesagt, auf, als er die sechs Zöpfe der Gebrüder Piepmeyer einflechten wollte. »Halt«, dachte er, »hier kannst du sofort für diesen komischen Heros die Studien nach dem Leben machen. Laß uns eine Verwickelung bilden, die an grenzenloser Lustigkeit und kühner Laune alles hinter sich läßt, was Shakespeare, Holberg und Molière ersonnen haben. Ich werde die Zöpfe der Piepmeyers unentwirrbar zusammenflechten, und wenn sie dann aufstehn, und nicht voneinander können, und bei dem Ziehen und Zerren unter Schmerzen Gesichter schneiden, o welche Fülle von komischen Anschauungen werde ich dann haben, ich sehe schon ganze Dutzende von Tilliaden fertig.« Gesagt, getan; er flocht Peter mit Romeo, Romeo mit Christian, Christian mit Guido, Guido mit Ferdinand, Ferdinand mit Heinrich, Heinrich mit Karl zusammen, so daß vier Piepmeyers, ein jeder doppelseitig, linker und rechter Flügel aber einseitig gefesselt waren. Als Isidor sein Werk vollbracht hatte, steckte er sich hinter den Wachtofen, um die Wirkung dieser Intrige zu beobachten.

      Ruhig schliefen die Opfer Hirsewenzelscher Komik, träumten von Brot und Fleisch und doppeltem Traktament und hatten kein Arg. Als nun der Tag höher zu steigen begann, und die Strahlen der Sonne den Ordensstern an der Bildsäule Landgraf Friedrichs des Zweiten auf dem Platze vor dem Schlosse vergoldeten, mit einem Worte, als es sechs geschlagen hatte, trat der Feldwebel zu der Piepmeyerschen Pritschabteilung, um die Farbenstriche über den Nasen der Brüder aus seinem Vorrate zu erneuen, denn die ganze Strenge des Dienstes sollte nun bald wieder beginnen. Als er indessen einen Blick über die Pritsche hinaus in ihr Jenseits tat, und die seltsame Verflechtung der brüderlichen Hinterhaupthaare wahrnahm, da entsank ihm vor Erstaunen der aufgehobene Malerpinsel und er starrte die Erscheinung einige Sekunden lang lautlos an. In der Tat war diese auch verwunderlich genug anzuschauen; Piepmeyers sahen von hinten aus wie ein kurhessischer Garderattenkönig.

      Indessen kommt ein Feldwebel immer bald wieder zu sich selber. Auch der unsrige gewann nach kurzer Ratlosigkeit seine ganze Fassung sich zurück, und fuhr die Verbündeten mit den wackern Worten an: »Kerls! Euch soll ja ein Kreuzsternschockmillion-Donnerwetter sechstausend Klafter tief unter den Winterkasten in die Erde schlagen!«

      Von diesem biedern Zurufe des tüchtigen Manns fuhren Piepmeyers gleichzeitig aus dem Schlummer auf, und wollten sich gleichzeitig erheben. Da ihnen aber dies Schmerzen verursachte, so sanken sie zurück, tasteten gleichzeitig nach ihren Zöpfen, entdeckten die Ursache der Schmerzen und sagten gleichzeitig wie aus einem Munde, kalten Blutes: »Herr Feldwebel, es muß sich, derweil wir schliefen, ein dummer Junge in die Wacht geschlichen und einen Jux mit uns verübt haben.« — »Auf Ehre, so ist es«, sprach der Fähnrich von Zinzerling, der herzugetreten war. »Feldwebel, machen Sie den einen Mann los, und der kann wieder seinen Brüdern helfen. Wo bleibt der Schelm, der Hirsewenzel?« —

      Der Feldwebel löste Karl Piepmeyer von Heinrich Piepmeyer ab, Karl trennte demnächst Heinrich von Ferdinand, Heinrich schied Ferdinand von Guido, Ferdinand dismembrierte Guido und Christian, Guido setzte Christian mit Romeo auseinander, Christian endlich stellte den Dualismus zwischen Romeo und Peter her. Nachdem die sechs Brüder solchergestalt wieder in das Fürsichsein getreten waren, vollendeten sie ihre reale Existenz durch wechselseitige Herstellung von sechs schlechthin gesonderten Zopfindividualitäten. Hiemit hatte das Ereignis seinen Kreis absolut mit Inhalt erfüllt, war der Begriff des Vorfalls zum Von-Sich-Wissen gekommen, oder deutlicher zu reden, das Ding hatte nun ein Ende. Denn dem Feldwebel, welcher sich an den Fähnrich mit der Frage, ob der Vorfall gemeldet werden solle? wendete, erwiderte von Zinzerling gedankenvoll: »Nein! Wir leben in bewegten Zeiten, und wollen die Gärung nicht fortleiten. Der dient den Königen nicht, der ihrem Argwohne dient. Die Sache bleibt ungemeldet, und ich nehme die Verantwortung auf mich.«

      Wie Hirsewenzel unbemerkt hinter dem Ofen entkommen, ist Wachtgeheimnis geblieben.«

      Fünfzehntes Kapitel

Zwei Zuhörer sind in ihren Erwartungen so getäuscht, wie die Leser, der dritte Zuhörer fühlt sich dagegen höchst befriedigt. Der Freiherr teilt einige dürftige Familiennachrichten mit

      Der Schulmeister Agesilaus hatte schon während des letzten Teils dieser Erzählung deutliche Zeichen hergestellter Zufriedenheit von sich gegeben. Vergnügt hatte er seine Hände gerieben, sich auf dem Stuhle hin- und hergewiegt, ein Hm! Hm! Ja! Ja! So! So! Ei! Ei! dazwischen geworfen, und den Freiherrn mit einer Schalkhaftigkeit angesehen, welche eine Schattierung von Tiefsinn durchschimmern ließ. Nachdem nun Münchhausen zu Ende gekommen war, sprang der Schulmeister auf, lief zu dem Erzähler, schüttelte ihm die Hand, und rief: »Verzeihung, mein hochzuverehrender Gönner, daß ich die Standesunterschiede nicht achte, und Ihnen so geradezu mich nähere, aber wie Not kein Gebot hat, so achtet die Begeisterung keiner Schranke. Erlauben Sie mir, Ihnen auszusprechen, wie mich Ihre diesmalige Diatribe, in die Form einer historischen Novelle gegossen, erquickt hat. So fahren Sie fort, dann sind Sie des Dankes aller Edeln gewiß. Endlich doch einmal Nahrung für Geist und Herz!«

      »Ich verstehe Sie nicht«, versetzte ernsthaft der Freiherr.

      »O! СКАЧАТЬ