Название: Die schönsten Märchen
Автор: Ludwig Bechstein
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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»Ihr seid sehr gütig! Ich nehm es an, und Gott segnet‘s Euch!« sagte der liebe Gott, schlich hinüber zu dem Häusler, aß mit ihm, trank mit ihm und ruhete sich aus, und weil es noch nicht Schlafenszeit war, so setzten sich die beiden Männer vor das Haus, denn der liebe Gott hatte das wilde Wetter schnell vergehen lassen und hatte eine klare milde Mondnacht geschaffen und ließ das Firmament leuchten und seine Sternenheere, die ihn ewig preisen, voll Pracht über der dunklen Erde wandeln.
Und da saßen die beiden Männer, der alte und der junge, der liebe reiche Gott und der arme Häusler, beieinander auf der steinernen Bank vor dem Häuslein und sprachen miteinander.
Drüben aber, im Schatten, sah der reiche Mann zum Fenster heraus, plätzte aus einer großmächtigen Tabakspfeife und murmelte und grämelte: »Da hat der Lump, mein Nachbar da drüben, richtig den alten Strolch aufgenommen und gibt ihm Quartier und hat doch selbst nichts zu beißen und zu brechen. So was Dummes lebt nicht! Aber ich sage es ja immer: Gleich und gleich gesellt sich gern; gleiche Lumpen, gleiche Lappen. Eigentlich gehört sich‘s gar nicht, so einen hergelaufenen Landstreicher aufzunehmen, denn man weiß nicht, was hinter ihm steckt und ob nicht so ein Stromer das Dorf mit Feuer anstößt, daß dann seine Bande aus dem Walde bricht und plündert. Wie sie schwätzen, die beiden Taugenichtse! Ich will doch ein wenig zuhören.«
»Du bist so gut und so fromm«, sprach der liebe Gott zu seinem Wirte. »Du wärest wert, daß dir geschähe, wie vor Zeiten manchem frommen Manne, daß du drei Wünsche tun dürftest zu deinem Heile und zum Heile deiner Seele. Aber du müßtest das letztere ja nicht vergessen, damit es dir nicht ergehe wie dem Schmied von Jüterbogk.«
»Und wie erging es diesem?« fragte der Häusler.
»Kennst du das Märchen nicht?« fragte der liebe Gott zurück. »Zu diesem Schmiede kam der heilige Apostel Petrus geritten und bat ihn, seinen Esel mit neuen Hufeisen zu beschlagen, dafür solle er drei Wünsche tun dürfen. Da wünschte sich der Schmied, daß seine Schnapsbulle niemals leer werden solle, ferner, daß, wer auf seinem Birnbäume sitze, darauf so lange sitzen müsse, bis der Schmied ihm abzusteigen erlaube, und daß endlich niemand ohne Erlaubnis in seine Stube kommen dürfe, außer etwa durchs Schlüsselloch. Damit gewann der Schmied zwar dem Tode ein langes Leben ab, weil er diesen überlistet, sich auf seinen Birnbaum zu setzen, und tat dem Teufel eine Drangsal an, weil dieser durch das Schlüsselloch in des Schmiedes Stube gewischt war, aber den besten Wunsch, die ewige Seligkeit, hatte der Schmied nicht getan, und nun starb er nicht, und Sankt Petrus ließ ihn nicht in den Himmel, und der Teufel fürchtete sich vor ihm und schnappte vor ihm das Höllentor zu und verriegelte es von innen — und nun muß der Schmied ewiglich unselig umherwandeln.«
»Ach, du lieber Gott!« rief der Häusler, ohne zu wissen, wer neben ihm saß. »Das ist schlimm — das war gefehlt — da wollt ich schon gescheiter wünschen — wenn zu mir so ein heiliger Nothelfer oder Apostel käme! Selbiges wird aber nicht sein!«
»Man kann das nicht wissen«, erwiderte der Gast. »Nur muß der Mensch nicht töricht wünschen, wie jenes Ehepaar, zu dem der Engel Gottes kam und ihm drei Wünsche bescherte.«
»Was geschah da?« fragte der Häusler.
»Ein Mann und eine Frau«, erzählte der Gast, »lebten in großer Armut und baten Gott Tag und Nacht, ihre Armut zu bessern und ihnen zu helfen. Weil sie nun fromm und redlich waren, so wollte Gott ihr Flehen erhören und sandte ihnen seinen Engel. Der Engel sprach: ›Drei Wünsche dürft ihr tun zu eurem Heile, aber es darf nicht der Wunsch nach Geld und Gut dabei sein, denn wenn euch solches beschieden und nütze und zuträglich wäre, so besäßet ihr dessen längst, so aber ist es euch nach Gottes weisem Ratschlusse versagt.‹ Der Mann aber sprach: ›Was sollen mir drei Wünsche helfen, wenn ich nicht wünschen dürfen soll, was mir zu meinem Glücke dienlich scheint? Was ist der Mensch ohne Geld? Da spricht man von ihm just wie von einem falschen Groschen: Er gilt nichts.‹ Darauf sprach der Engel: ›Nun, so wünsche denn in Gottes Namen, doch trage selbst die Schuld, so du dir selber Unheil wünschest.‹ Nun sprach der Mann mit seiner Frau, wie sie beiderseits die Wünsche wohl erwägen wollten. ›Was wünschen wir?‹ fragte er die Frau. ›Was brauchen wir zunächst? Ich dächte, einen ganzen Berg von Gold und eine dicke Mauer rund herum, daß kein Vieh darauf grast und kein Dieb danach gräbt — oder aber lieber ein Trühelein Immervoll, daraus man stetig Geldes nehmen mag, so viel man just bedarf.‹ — ›Ich dächte‹, nahm die Frau das Wort, ›du wärest vor allen Dingen so gütig und schenktest oder überließest einen der drei Wünsche mir, denn ich habe genug danach geseufzt und mich wund geknieet, dann kannst du dir noch immer wünschen, was du willst.‹ — ›Nun wohl‹, antwortete der Mann, ›Frauen sind oft klüger als die Männer, so wünsche denn.‹
›Ich wünsche‹, sprach die Frau, ›für mich das allerschönste Kleid, wie nie eine Frau der Welt eins getragen, schöner als das Kleid der größten Kaiserin!‹ Kaum hatte die Frau den Wunsch ausgesprochen, so war sie angetan mit dem herrlichsten Kleide, das war überreich besetzt mit Diamanten, Perlen, Gold und Silber, daß es nur so davon starrte.
›Ist das nicht ein dummer, unüberlegter Wunsch!‹ rief voll Unwillen der Mann. ›Du konntest damit allen Frauen Gewande wünschen, da wäre tausendfacher Segen auf dein Haupt vom Himmel von den Dürftigen herabgefleht worden, so hast du nur einen Wunsch des hoffärtigen und übermütigen Eigennutzes getan!‹
›Ei daß dich!‹ schrie die Frau. ›Pfui dich an, Mann, daß du mich also schiltst! Gefalle ich dir nicht in diesem schönen Kleide, so wette ich traun, daß ich andern desto besser gefallen werde. Lauf hin, du Hans Narr!‹
›Gauklerin!‹ schrie voller Zorn der Mann. ›Daß dir doch gleich das Kleid in deinen hoffärtigen Leib fahre!‹
›Wehe mir!‹ schrie die Frau — denn im Augenblicke verschwand das Kleid, das sie bedeckt hatte, und zog in ihren Leib und schmerzte sie, daß sie laut aufheulte und durchs Dorf lief und allen Bauern ihr Leid klagte, wie sie durch ihres Mannes Schuld so schrecklich leiden müsse. Darauf liefen die Bauern in hellen Haufen zu dem Manne und riefen ihm drohend zu, er solle seine Frau von ihrem Weh helfen, oder sie wollten ihn gleich erwürgen. Und da zückten sie schon ihre Messer und Schwerter gegen ihn.
Wie der Mann solchen großen und grimmigen Bauernzorn sah und sahe, wie seine Frau litt, da sprach er: ›Ich wünsche in Gottes Namen, daß sie ihrer Schmerzen wieder ledig werde.‹
Darob wurde die Frau heilfroh, und all ihr Schmerz war hinweg, denn der dritte Wunsch war nun getan, aber das Kleid kam nicht wieder zum Vorschein, und nun hatte der Mann keine gute Stunde mehr auf Erden und war der Spott aller Welt und starb bald genug vor Gram und Kummer. Darum merket wohl, mein werter Gastfreund, wenn Ihr Wünsche tut, daß Ihr nicht auf den Wegen der Toren wandelt.«
»Und welche Wege meinst du?« fragte wieder der Häusler.
»Der Toren Sitte«, sprach des Häuslers Gast, »ist Unrechtes begehren, Unrechtes trachten und nach dem Verluste Unrechtes klagen. Die Toren sind dreierlei Schlages: Toren, die nichts wissen und nichts können; Toren, die nichts wissen wollen, die Wissen und Können verachten, und Toren, die wissen und können und dennoch nicht das tun, was das Rechte ist, das sie doch einsehen sollten, und ihre Seele bewahren.«
»Nun denn, dürfte ich wünschen«, sagte der Häusler, »so wünschte ich mir vorerst vor allen andern Schätzen die ewige Seligkeit; hernach Gesundheit und Zufriedenheit bis zu meinem Tode, und dann — wenn es nicht gegen Gottes Willen wäre, möchte ich wünschen, daß mein den Einsturz drohendes Häuslein wieder in guten Stand gesetzt wäre.«
»Diese Eure Wünsche sind Gott genehm«, sagte der Gast, »und ich will Euch den Hauptwunsch dazu tun, daß sie alle drei in Erfüllung gehen!«
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