Название: Die schönsten Märchen
Автор: Ludwig Bechstein
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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»Trink uns den Willkommen zu, lieber Vater!« rief der Älteste, nahm aus eines Dieners Hand eine Flasche, schenkte einen überaus künstlich gearbeiteten Goldpokal voll edlen Trankes und hieß den Vater trinken. Dieser trank und gab den Pokal weiter, und alle tranken. Dem Alten strömte Wärme in das kalte Herz, und die Wärme wurde zum Feuer, zum Feuer der Liebe. Er weinte und fiel seinen Söhnen in die Arme und küßte sie und segnete sie. Und da kam der Geliebte der Tochter und durfte auch mittrinken und auch küssen.
Darüber fingen vor Freude die Mühlräder, die so lange still gestanden, an, sich rasch zu drehen, um und um, um und um.
Des Hundes Not
Es war ein Hund, der lag hungrig und kummervoll auf dem Felde, da sang über ihm eine Lerche ihr wonnigliches Liedlein mit süßem Ton. Als der Hund das hörte, da sprach er: »O du glückliches Vögelein, wie froh du bist, wie süß du singest, wie hoch du dich aufschwingst! Aber ich — wie soll ich mich freuen? Mich hat mein Herr verstoßen, seine Türe hinter mir gesperrt, ich bin lahm, bin krank, kann kein Essen erjagen und muß hier Hungers sterben!«
Wie die Lerche den hungrigen Hund also klagen hörte, flog sie nahe zu ihm und sprach: »O du armer Hund! Mich bewegt dein Leiden, wirst du mir es auch Dank wissen, wenn ich dir helfe, daß du satt wirst?«
»Womit, Frau Lerche?« fragte der Hund mit matter Stimme, und die Lerche antwortete: »Sieh, dort kommt ein Kind gegangen, das trägt Speise zu jenem Ackersmann; ich will machen, daß es die Speise niederlegt und mir nachläuft, indes gehst du hinzu und issest den Käse und das Brot und stillest deinen Hunger!«
Der Hund bedankte sich für dieses freundliche Anerbieten, und die Lerche flog nun dem Kind entgegen und begann es zu äffen. Bald lief sie vor ihm, bald flatterte sie auf dieser, bald auf jener Seite, bis das Kind dachte: Die Lerche muß ich fangen, und zumal stellte die Lerche sich flügellahm und ließ einen ihrer kleinen Fittiche hangen wie gebrochen. Das Kind griff oft nach ihr, aber es haschte vergebens mit der einen Hand, und da legte es sein Tüchlein nieder, darin es das Essen trug, und lief der Lerche nach, die immer voran in einen Grund flog; indessen erhob sich der Hund, hinkte nach dem Tuche und schnüffelte hinein, da lagen ein Stück Brot, ein Quarkkäse und vier gute Eier, die fraß er ungesotten und ungeschält, und den Käse untranchiert, und das Brot nahm er mit von dannen, als er fortkroch und sich in dem Korn versteckte.
Die Lerche, als sie merkte, daß der Hund sein Teil hatte, flog in die Lüfte und sang lustig; das geäffte Kind aber verwünschte sie, und noch viel mehr, als es sein Tüchlein leer fand. Weinend ging es zurück zu seiner Mutter, und ob es Schläge bekommen hat, weiß ich nicht; es wird aber wohl etwas dergleichen abgefallen sein.
Die Lerche flog zum Hunde hin und fragte ihn, wie er sich jetzt befinde. Er sagte ihr schönen Dank, und nie sei ihm wohler gewesen. »Nur eine Bitte, herzliebe Frau Lerche, habe ich noch auf dem Herzen«, sprach er, »wer satt ist, der ist gern froh. O bitte, erzählet mir noch etwas, davon ich ein wenig lachen und lustig werden mag.«
»Wohlan!« sprach die Lerche, »folge mir.« Und da flog die Lerche voran, und der Hund folgte ihr zu einer Scheuer, auf deren Dachboden man von der Erde leicht gelangen konnte; da hinauf hieß die Lerche den Hund steigen und hinunter sehen, denn der Boden war schadhaft und durchgebrochen. Unten auf der Tenne standen zwei Kahlköpfe, die droschen; da setzte sich flugs die Lerche dem einen auf die Glatze, und flugs klappste der andre mit der Hand drauf, vermeinend die Lerche zu fangen; das kluge Vöglein war aber schneller als er und flog zur Seite.
»Nun, Geselle, was soll das? Was schlägst du mich?« fragte der erste Kahlkopf den andern. Der entschuldigte sich, daß ein Vöglein sich jenem auf den Kopf gesetzt, dieses habe er erhaschen wollen; habe der Klapps weh getan, sei es ihm leid. Indem setzte sich die Lerche auf die Glatze dessen, der eben sprach, und da schlug gleich der andre hin mit einem so harten Hieb, daß der Kopf gewiß zersprungen, wenn er von Glas gewesen wäre, wenigstens brummte er dem Geschlagenen tüchtig, und nun ging gleich das Schelten los, und beide Drescher warfen ihre Flegel hin und wollten einander in die Haare. Weil sie nun keine Haare hatten, so konnte keiner dem andern welche ausraufen, und so kratzten sie einander auf die Glatzen, statt des Raufens, daß das Blut danach lief, und stießen sich hart; da ging es Glatz wider Glatz und Kratz wider Kratz, auch zerrten sie sich an den Ohren, und darüber mußte der Hund so unbändig lachen, daß ihm ganz weh ward und er weder liegen noch stehen konnte, und da purzelte er vor Lachen von dem Boden hoch herunter, den Dreschern gerade auf die Kahlköpfe, daß sie stutzten, denn der Hund war schwer, und diese Art, Haare auf den Kopf zu bekommen, kam ihnen spanisch vor. Sie wandten ihren Zorn gleich vereint gegen den Hund, und da sie Drescher waren, so droschen sie ihn so lange, bis er mit Ach und Krach durch ein Loch in der Scheuerwand und durch den Zaun fuhr, wobei ihm nicht nur das Lachen, sondern schier Hören und Sehen verging. Ganz mürb und marode legte er sich in das Gras hinter dem Zaun, und da kam die Lerche geflogen und fragte: »Edler Herr, wie befinden Sie sich?«
»Ei, Frau Lerche«, ächzte der Hund, »ich habe vollauf genug. Ich bin ein ganz geschlagener Mann! Ich glaube meiner Treu, ich habe gar keinen Rücken mehr, die Drescher haben mir das Fell bei lebendigem Leibe abgeschunden und gegerbt. Ach, soll ich länger leben, so muß ich einen Wundarzt haben!«
»Wohl und getrost! Ich hole dir auch den, so es irgend möglich ist«, sprach die Lerche und flog von dannen. Bald fand sie einen Wolf, den redete sie an: »Herr Wolf? Ihr habt wohl gar keinen Appetit?«
»Ach, Frau Lerche«, ward ihr zur Antwort, »was das betrifft, so kann ich mit Wolfshunger dienen.«
»Nun, wenn Ihr mir es danken wollt«, sprach die Lerche weiter, »so wollte ich Euch wohl weisen, wo ein feister Hund liegt, der Euch kaum entrinnen wird!«
»O meine edle Königin, wie gnädig Ihr seid!« schmeichelte und schmunzelte der Wolf und leckte sich die Zähne. Die Lerche flog vor ihm her, und er folgte ihr, und wie sie zu dem Hund kam, redete sie ihn an: »Nun Geselle? Schläfst du? Willst du nicht den Arzt sehen? Richte dich auf, dort kommt der Doktor.«
»Wo? Frau Lerche, wo?« fragte der Hund ganz müde; aber als er den Wolf sah, da schrie er: »Nein, Frau Lerche, nein, diesen Doktor nicht! Haltet ihn zurück! Ich bin gesund!« Und mit einem Satze war der Hund auf den Beinen und fort, als flöge er davon, daß ihm kein Zaun zu hoch und kein Graben zu breit war.
Die drei Hunde
Ein Schäfer hinterließ seinen beiden Kindern, einem Sohn und einer Tochter, nichts als drei Schafe und ein Häuschen und sprach auf seinem Totenbette: »Teilt euch geschwisterlich darein, daß nicht Hader und Zank zwischen euch entstehe.«
Als der Schäfer nun gestorben war, fragte der Bruder die Schwester, welches sie lieber wolle, die Schafe oder das Häuschen. Und als sie das Häuschen wählte, sagte er: »So nehm ich die Schafe und gehe in die weite Welt: Es hat schon mancher sein Glück gefunden, und ich bin ein Sonntagskind.«
Er ging darauf mit seinem Erbteil fort; das Glück wollte ihm jedoch lange nicht begegnen. Einst saß er recht verdrießlich an einem Kreuzweg, ungewiß, wohin er sich wenden wollte; auf einmal sah er einen Mann neben sich, der hatte drei schwarze Hunde, von denen der eine immer größer als der andre war. »Ei, junger Gesell«, sagte der Mann, »Ihr habt da drei schöne Schafe. Wißt Ihr was, gebt mir die Schafe, ich will Euch meine Hunde dafür geben.«
Trotz seiner Traurigkeit mußte jener lachen. »Was soll ich mit Euren Hunden tun?« fragte er; »meine Schafe ernähren sich selbst, die Hunde aber wollen gefüttert sein.«
»Meine Hunde sind von absonderlicher Art«, antwortete der Fremde, »sie ernähren Euch, statt Ihr sie und werden Euer Glück machen. Der Kleinere da heißt: СКАЧАТЬ