Im Reiche des silbernen Löwen II. Karl May
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Название: Im Reiche des silbernen Löwen II

Автор: Karl May

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ hält, können wir in unangenehme Lagen kommen.«

      »Das ist richtig, Effendi. Stecken wir sie also ein, bis wir sie wieder brauchen, den Sillan zu zeigen, daß unsere List hoch über ihrer Klugheit steht.«

      Wir stiegen wieder auf und verließen den Khan. Die Karawanen pflegen, wenn sie nach Hilleh gehen, von hier aus noch die Khans Nasrijeh und Mohawid aufzusuchen; wir aber unterließen dies, weil wir jede uns nicht willkommene Begegnung vermeiden und gern auch denselben Weg reiten wollten, den wir damals eingeschlagen hatten, um durch das Umbiegen der Todeskarawane ihren Gestank zu vermeiden.

      Ich spreche zwar von einem Wege, aber es war keiner vorhanden. Wir ritten über freies Feld oder vielmehr über die offene, ungebahnte Wüste, wobei wir sehr viele alte, längst ausgetrocknete Kanäle und Gräben zu passieren hatten. Zwar hatte ich mich damals schon im Fieberstadium der Pest befunden, in einem traumhaften Zustande, der es mir unmöglich gemacht hatte, mir die Gegend einzuprägen, dennoch aber erkannten wir heut jeden sich nur einigermaßen aus der Öde hervorhebenden Punkt, an welchem wir vorübergekommen waren.

      »Hier war es, Sihdi,« sagte Halef, indem er sein Pferd anhielt, »wo wir damals abstiegen, um die größte Tageshitze vorüberzulassen und wo mir dein Aussehen aufzufallen begann. Dein Angesicht war grau, und dunkle Ringe zogen sich um deine lieben Augen. Ich mußte dir Wasser und Essig geben, aber dein Blick blieb dennoch ohne Seele, und ich begann zu ahnen, daß du alle deine Kräfte anstrengtest, um aufrecht zu bleiben, und mir das verschwiegest, um mein Herz nicht zu betrüben.«

      »Ja, es war eine schlimme, schlimme Zeit, lieber Halef,« nickte ich. »Ich war kein Mensch mehr, sondern nur ein Schemen. Indem wir über die Wüste jagten, flog sie wie ein trostloses Hirngespinst an mir vorüber, und die Menschen, welche bei mir waren, glichen schattenhaften Phantomen. Wenn es dir recht ist, werden wir uns nach der damaligen Zeiteinteilung richten und heut an derselben Stelle am Birs Nimrud übernachten.«

      »Ganz wie du willst, Effendi. Wie lange haben wir noch bis Hilleh zu reiten?«

      »In der Richtung, welche wir genommen haben, sind es wohl vier Stunden.«

      »So kommen wir in der größten Sonnenglut dort an und können sie vorüberlassen, ehe wir dann weiterreiten.«

      Ich hatte mich mit der erwähnten Zeitbestimmung nicht getäuscht. Gegen Mittag erreichten wir die am linken Euphratufer liegenden Palmenpflanzungen. Wir sahen die Ruine EI Himmar rechts vor uns liegen, dann die Höhe des Bab el Mudschellibeh und den Hügel Qasr, welcher die Überreste der einstigen Königsburg darstellt, in deren Räumen Alexander der Große starb. Der näher liegende Hügel Amran Ibn Ali trug wahrscheinlich die berühmten hängenden Gärten der Semiramis. Auch links sahen wir eine Menge Ruinen liegen, deren gewaltigste noch heutigen Tages Babel heißt. Die muhammedanische Sage erzählt, daß in ihrem Innern die beiden gefallenen Engel Harut und Marut an den Beinen aufgehängt worden seien und noch jetzt in derselben Stellung dort hängen. Als wir Hilleh erreichten, ritten wir über die Schiffbrücke hinüber und kehrten in einem Menzîl[18] ein, welches wir dem Khan vorzogen, weil es grad heut keine Gäste hatte, dafür aber ein ziemlich großes, unterirdisches Gemach, dessen Kühle eine wahre Wohlthat war. Als wir die Pferde unter ein Schutzdach gestellt und mit Futter und Wasser versehen hatten, stiegen wir da hinab, wo Halef sich, während ich mich auf ein Kissen legte, mit Erlaubnis des Wirtes in die Matbach[19] begab, um mit eigenen Händen für uns ein Huhn mit Reis zu bereiten.

      Hilleh ist ganz aus den Ziegeln der babylonischen Trümmerhaufen erbaut worden und bildet den Hauptort des Bezirkes Divanijeh. Hier trennen sich für die Karawanen die Wege nach Kerbela und Nedschef Ali. Unter den öffentlichen Gebäuden ist die Moschee Esch Schems[20] das bedeutendste. Die zehntausend Bewohner sind schiitische Perser und Araber und so fanatisch gesinnt, daß ich mich sehr hütete, dem Wirt zu sagen, daß ich ein Christ sei. Er hätte mich keinen Augenblick bei sich geduldet, und alles, was ich berührt hätte, wäre für unrein erklärt und einer priesterlichen Säuberung unterworfen worden, deren nicht geringe Kosten ich hätte tragen müssen. Da ich von Unreinheit und Säuberung spreche, muß ich bemerken, daß die Bewohner Hillehs gar keine Veranlassung haben, auf ihre Reinlichkeit stolz zu sein; soviel ich sah, scheint die Stadt vielmehr eine Ablagerungsstätte alles möglichen orientalischen Schmutzes zu bilden.

      Unser Huhn konnten wir zwar mit Appetit verzehren, weil es von Halef selbst gebraten worden war, aber als wir uns hierauf saure Milch bestellten – Hilleh ist nämlich wegen seiner sauren Milch weithin berühmt – mußten wir die obere Schicht abschöpfen, weil sie wegen des daraufliegenden Schmutzes für uns ungenießbar war. Der Wirt, welcher dies sah und es übelnehmen wollte, fragte mit gerunzelter Stirn nach der Ursache. Halef, der in solchen Sachen immer Zungenfertige, antwortete:

      »Verzeihe uns, o Vorbild frommer Gastlichkeit! Wir sind Büßer und haben, um uns zu strafen und in der Enthaltung zu üben, ein Gelübde gethan, von keiner Speise, welche wir genießen, das Beste zu essen, und du wirst doch zugeben, daß das, was wir abgeschöpft und weggeworfen haben, von deiner Milch das Beste war.«

      »Allah sei euch gnädig und gebe euch Kraft, euer Gelübde bei allen Speisen und nicht bloß bei der Milch auszuführen! Ihr hättet von dem Huhn doch auch das Beste übrig lassen sollen, habt es aber ganz verzehrt!«

      »Du irrst, denn wir haben es nicht verzehrt.«

      »Ich sehe aber doch nichts!«

      »Wirklich nicht? Erlaube, daß mir um das Licht deiner Augen bange wird! Was wäre ein Huhn, wenn ihm nicht die Knochen zur Aufrechterhaltung seines körperlichen Wuchses verliehen worden wären? Und wie könnte es bestehen, wenn es nicht die Federn besäße, welche nicht nur seine Kleidung, sondern auch den Schmuck seiner Schönheit bilden? Wenn Allah dich mit der Gabe der Vernunft gesegnet hat, wirst du also einsehen, daß die Knochen und die Federn am Huhn das Beste sind, was es besitzt. Nun schau hierher! Da siehst du die Knochen liegen, und wenn du in die Küche gehst, wirst du auch die Federn entdecken, von denen wir keine einzige mitgegessen haben. Unser Gelübde ist also erfüllt. Wir hätten auch von der Milch die Knochen und Federn übrig gelassen, haben aber leider keine drin gefunden!«

      Der Mann wußte nicht, was er dazu sagen sollte, und ging verdrießlich brummend zur Thür hinaus. Halef aber lachte lustig vor sich hin und sagte:

      »Das hätte Hanneh, die lieblichste aller Lieblichkeiten, hören sollen! Habe ich mich mit den Knochen und Federn in der Milch nicht vortrefflich ausgedrückt?«

      Nach einiger Zeit kam der Wirt mit drei Männern zurück, welche in alte, verschlissene Meschlachs[21] gekleidet waren und nicht sehr vertrauenerweckend aussahen. Sie betrachteten uns mit auffälliger Neugierde und setzten sich nahe bei uns nieder. Nachdem sie sich Tschibuks und Kaffee bestellt hatten, wendete sich einer von ihnen mit den Worten an uns:

      »Wir sahen draußen eure Pferde stehen und haben sie bewundert. Wer so ein Tier besitzt, muß reich, sehr reich sein. Darf ich fragen, wo eure Heimat liegt?«

      Halef warf mir einen fragenden Blick zu; ich nickte leise mit dem Kopfe, und so übernahm er die Antwort:

      »Wir wohnen im fernen Lande Schibiri[22], wo die Berge bis zum Mond hinaufreichen und weiß vom Schnee sind, in welchen sich dort der Regen zu verwandeln pflegt.«

      »Allah! Wie kalt muß es dort sein! Wir wissen hier nicht, was Schnee ist, haben aber davon gehört. Es wohnen wohl Sunniten dort?«

      »Nein, lauter Schiiten.«

      »So segne Allah dieses Land und lasse ihm СКАЧАТЬ



<p>18</p>

Arabisches Gasthaus.

<p>19</p>

Küche.

<p>20</p>

Sonnenmoschee.

<p>21</p>

Wollmäntel.

<p>22</p>

Sibirien.