Название: Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1
Автор: Reinhart Maurach
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Lehr- und Handbuch
isbn: 9783811492561
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Diese typische Ausdrucksweise Maurachs (1. Aufl. 1956, S. 89) kann von einer geschichtsvergessenden jungen Generation nur noch einer BGH-Entscheidung von 1967 zugeschrieben werden (Eisele JR 01, 271).
Vgl. Bemman, Zur Frage der obj. Bedingungen der Strafbarkeit, 1957, 44; Schünemann GA 72, 77; AE BT Begr. Vor § 108; Lampe ZStW 83, 192 ff.; Rönnau/Bröckers JA 95, 549.
Unzutr. Günther JZ 85, 585 ff.
2. Der Tatbestand
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Eine Schlägerei verlangt einen wechselseitigen Austausch von Körperverletzungen unter mindestens 3 Personen[5]. Das Vorliegen einer Schlägerei wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass einer der Beteiligten schuldlos in sie hineingezogen wurde oder in Notwehr handelt, sofern er hierbei über bloße Schutzwehr hinausgeht[6]. Bedenklich ist es dagegen, das „tres faciunt collegium“ zu bejahen und das Vorliegen einer Schlägerei schon dann anzunehmen, wenn die Beteiligung des „Dritten Manns“ sich auf die gewaltsame Verhinderung echter Streitschlichtung beschränkt (so aber BGH 15, 369).
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Ein von mehreren gemachter Angriff verlangt mindestens zwei Personen und Einheitlichkeit von Handlung, Gegenstand und Willen, wenn auch nicht notwendig Mittäterschaft (BGH 2, 163; 31, 126). Wie auch sonst (s. z.B. § 316a, u. § 35 Rn. 49) genügt für den Angriff ein Abzielen auf einen fremden Körper[7].
Im Übrigen ist die Beteiligung zeitlich-örtlich zu verstehen, von den §§ 25–27, 28 Abs. 2 daher unabhängig. Der Täter braucht nicht selbst Körperverletzungen ausgeteilt zu haben (BGH GA 60, 213); es genügt – sofern überhaupt infolge der Beteiligung von drei Schlägern der Tatbestand des Raufhandels vorliegt – auch jede andere Gewalthandlung, so die gewaltsame Abhaltung von Friedensstiftern (insofern zutr. BGH 15, 369): Folgerichtig kommt – bei der Schlägerei – auch der Verletzte selbst als Täter in Betracht (BGH 33, 104). Notwendig ist aber ein Anschließen an die Schlägerei (BGH MDR 67, 683), nicht genügend ist daher ein „isolierter“ Zweikampf außerhalb der allgemeinen Schlägerei.
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Der subjektive Tatbestand verlangt Vorsatz: der Täter muss wissen (BGH 2, 163), dass es sich um einen von mehreren gemachten Angriff oder eine „Schlägerei“ handelt – dieses Merkmal ersetzt jedes Wissen um konkrete Gefährdung –, dass er sich an dieser im oben genannten Sinne „beteiligt“ und dass diese Beteiligung „nicht ohne eigenes Verschulden“ zustandegekommen ist. Eine Beziehung des Vorsatzes auf den schweren Erfolg ist – Bedingung der Strafbarkeit! – abzulehnen, vielfach nicht einmal begrifflich herzustellen.
Anmerkungen
Frank I; BGH 15, 369.
Frank I; BGH 15, 369.
BGH 33, 102; krit. Günther JZ 85, 586.
3. Der schwere Erfolg der Schlägerei oder des Angriffs
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Er ist ausschließlich objektive Strafbarkeitsbedingung mit weder objektiver noch subjektiver Bezogenheit auf den an der Schlägerei Schuldigen. Hieraus folgt, dass der Tod oder die schwere Körperverletzung (§ 226) nur durch die Schlägerei verursacht worden sein muss, ohne dass eine Kausalbeziehung zwischen dem Täter des § 231 und dem Erfolg nachgewiesen zu werden braucht; erst recht kommt es nicht darauf an, dass der Erfolg rechtswidrig herbeigeführt wurde: Haftung wegen Schlägerei (und zwar einschließlich des Notwehrtäters!) auch, wenn die ursächliche Handlung selbst in Notwehr begangen wurde[8].
Solange man die Angriffsalternative nicht ohnehin hinter den §§ 224, 226, 227 zurücktreten lassen will (s.o. Rn. 5), kann die Tötung eines Angreifers nicht als Verwirklichung der spezifischen Gefahr des Angriffs angesehen werden[9].
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Auch ein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Eingreifen des Täters und dem Erfolg ist nicht zu verlangen: der Täter haftet sowohl dann, wenn die Verletzung bereits vor seiner Einmengung, als auch dann, wenn sie nach Aufgabe seiner Beteiligung erfolgt ist[10]. Dagegen keine Haftung des „Dritten Mannes“, der sich entfernt hat, bevor der schwere Erfolg verursacht wurde, denn jetzt fehlt es wiederum schon am Tatbestand der Schlägerei[11].
Anmerkungen
RG 59, 112; BGH GA 60, 213; BGH 39, 305 m.Anm. Stree JR 94, 370; Wagner JuS 95, 296; Rönnau/Bröckers JA 95, 549; BGH NJW 97, 2123.
S.o. § 9 Rn. 32; Günther JZ 85, 587. A.A. BGH 33, 100; Wagner JuS 95, 298.
Bestr.; wie hier RG 72, 75; BGH 14, 132; 16, 130; Wessels/Hettinger/Engländer 398 f.. A.M. Binding I 78; Krey/Hellmann/Heinrich 1 320 ff.; differenzierend Birkhahn aaO; Stree JuS 62, 93; Otto § 23 Rn. 6.
RG JW 38, 3157; OLG Köln NJW 62, 1688.
4. Rechtfertigung und Entschuldigung
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Abs. 2 verweist auf die allgemeinen Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe[12]; vorwerfbar ist auch das Verbleiben in der Schlägerei[13].
Anmerkungen
Nach BGH GA 60, 213; BGH 39, 307 ff. soll Notwehr bei § 231 als Delikt gegen die Allgemeinheit nicht anwendbar sein; ebenso Eckert aaO 141 (daher Strafausschließungsgrund). Dagegen Hirsch LK11 17.