Название: Zivilprozessrecht
Автор: Irmgard Gleußner
Издательство: Bookwire
Серия: JURIQ Erfolgstraining
isbn: 9783811475212
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Beispiel
Einheitlicher Streitgegenstand
Schließen sich zwei Anspruchsgrundlagen wechselseitig aus (Vertrag/§ 812 BGB) liegt ein einheitlicher Streitgegenstand vor.[117] Bei mehreren Beratungsfehlern in einem Bankgespräch soll es sich um einen Streitgegenstand handeln.[118] Gleiches gilt bei mehreren Prospektfehlern.[119]
Beispiel
Mona beschließt, wegen der mangelhaften Fliesen vom Kaufvertrag zurückzutreten (§§ 437 Nr. 2, 323, 346 BGB). Sie erhebt Klage auf Kaufpreisrückzahlung in Höhe von 600 € beim AG Köln. Die Klage wird rechtskräftig abgewiesen. Jetzt klagt Mona auf Minderung (§§ 437 Nr. 2, 441 BGB) in Höhe von 600 €. Problematisch ist die Zulässigkeit der (zweiten) Klage. Unterstellt wird zunächst, dass die Klage ordnungsgemäß erhoben wurde. Fraglich ist aber, ob die materielle Rechtskraft des ersten Urteils der zweiten Klage nach § 322 ZPO entgegensteht. Dies ist der Fall, wenn Parteiidentität und Streitgegenstandsidentität bestehen. Erste und zweite Klage betreffen dieselben Parteien, Mona und die V-GmbH. Zu prüfen ist nun, ob derselbe Streitgegenstand vorliegt. Nach der h.M. (zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff) setzt sich der Streitgegenstand aus Antrag und dem zugrunde liegenden Lebenssachverhalt zusammen. Zwar liegen identische Anträge vor. Es könnte sich aber um unterschiedliche Lebenssachverhalte handeln. Dagegen spricht, dass es bei der Klage um denselben Mangel (Fliesenverfärbungen) geht, also derselbe Tatsachenkomplex gegeben ist. Dafür spricht, dass Rücktritt und Minderung an unterschiedliche Tatsachen knüpfen. Für den Rücktritt muss der Mangel erheblich sein (§ 323 Abs. 5 S. 2 BGB). Für die Minderung nicht. Daher steht die materielle Rechtskraft des ersten Urteils der neuen Klage von Mona nicht entgegen.[120] Die Klage ist zulässig. Mona muss nur darauf achten, dass ihr Minderungsanspruch nicht verjährt ist (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Gut für sie ist, dass durch die Klage auf Kaufpreisrückzahlung auch die Verjährung des Anspruchs auf Minderung gehemmt wird.[121]
2. Teil Erkenntnisverfahren › C. Die Zulässigkeit der Klage › VI. Zusammenfassung zur Zulässigkeit der Klage
VI. Zusammenfassung zur Zulässigkeit der Klage
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Der Richter weist eine Klage als unzulässig ab, wenn das Gericht sachlich unzuständig ist (außer Verweisungsantrag), das Gericht örtlich unzuständig ist (außer Verweisungsantrag), die Parteifähigkeit oder die Prozessfähigkeit oder die Postulationsfähigkeit fehlt, die Klage nicht ordnungsgemäß erhoben wurde (keine Angaben zu Gegenstand und Grund des Anspruchs, kein bestimmter Antrag), der erforderliche Schlichtungsversuch nicht durchgeführt wurde, die Klage bereits bei einem anderen Gericht rechtshängig ist, ein anderes Gericht über die Klage bereits rechtskräftig entschieden hat oder wenn das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Das Augenmerk des Klägers muss also zunächst auf den Zulässigkeitsfragen liegen. Die Erfüllung aller Prozessvoraussetzungen verschafft dem Kläger den erforderlichen Zutritt zu Gericht und garantiert ihm, dass das Gericht in die Prüfung der materiellen Rechtslage einsteigt.
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Die Vorschriften zur sachlichen Zuständigkeit (§§ 23, 71 GVG) sowie zur örtlichen Zuständigkeit (§§ 12 ff. ZPO) gehören zum Basiswissen und sind beliebte Zusatzfragen in der Klausur und in der mündlichen Prüfung. Versuchen Sie daher, sich die Grundregeln gut einzuprägen. Auch die Begriffe der Partei-, Prozess- und Postulationsfähigkeit müssen von Ihnen beherrscht werden.
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Anmerkungen
Näher Grunsky/Jacoby Zivilprozessrecht Rn. 379.
Adolphsen Zivilprozessrecht § 8 Rn. 6.
BGH NJW 2012, 1209, 1211.
BGH NJW 2013, 387, 389.
Adolphsen Zivilprozessrecht § 8 Rn. 4.
BGH NJW 1988, 2114; NJW 2016, 2727, 2748.
Zeiss/Schreiber Zivilprozessrecht Rn. 329.
BGH NJW 2016, 1094, 1095 (Klage auf Löschung von intimen Fotos).
BGH NJW 2017, 2191, 2192; NZG 2016, 1032, 1033.
Zöller/Greger ZPO § 253 Rn. 14, 14a.
BGH NJW 1999, 1339, 1340.
BAG NJW 2011, 550, 551; NJW 2012, 171, 173; NJW 2013, 2055, 2056; NJW 2016, 2443, 2444.
BGH NJW 2017, 1823 (st. Rspr.).