Название: Besonderes Verwaltungsrecht
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Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Lehr- und Handbuch
isbn: 9783811472341
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Dabei verändert die Kooperation nach außen zugleich die Binnenstruktur der Beteiligten[7]. Es erfolgt auf den Kooperationsfeldern eine Machtverschiebung von der Vertretungskörperschaft hin zu dem Hauptverwaltungsbeamten. Aus Sicht der Aufsichtsbehörde erhöht sich bei den intensiveren Formen kommunaler Kooperation, die in die Gründung eines neuen Verwaltungsträgers einmünden, die Anzahl der zu überwachenden Stellen[8]. Andererseits steht für die spezifische Sachaufgabe nunmehr ein einziger Ansprechpartner zur Verfügung. Weichen die zusammenarbeitenden Kommunen allerdings in privatrechtliche Formen aus, so kann über diese keine direkte Aufsicht mehr ausgeübt werden. Für die Einwohner der beteiligten Kommunen bedeutet die Kooperation zumeist ein verbessertes Leistungsangebot bei zugleich geringeren Einflussmöglichkeiten, insbesondere bei intensiveren Kooperationsformen[9].
IV. Kooperationsbegünstigende und -hemmende Faktoren
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Die kommunale Kooperation wird durch verschiedene tatsächliche und rechtliche Gegebenheiten gefördert oder gehemmt: In tatsächlicher Hinsicht sind vor allem maßgebend die Lage der beteiligten Kommunen, deren Fläche und Bevölkerungsdichte, die Kongruenz von rechtlicher und wirtschaftlicher Struktur und der allgemeine Entwicklungsstand des Gebietes.
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Was die rechtlichen Rahmenbedingungen angeht, so fördert ein Angebot an gesetzlichen Regelungen die kommunale Zusammenarbeit – vor allem wenn diese Vorschriften wenige Formalien vorsehen und auch noch zur Disposition der kooperierenden Kommunen stehen. Hat der Landesgesetzgeber hingegen nur wenige Organisationsformen für die Kooperation bereitgestellt, schreibt er viele Formalien vor und sind diese Regelungen für die kooperationswilligen Kommunen auch nicht abdingbar, so hemmt dies die Zusammenarbeit. Ein geringeres Bedürfnis an Kooperation auf vertraglicher Grundlage besteht auch dann, wenn bereits vielfältige übergemeindliche Organisationsformen wie Verbandsgemeinden, Ämter oder Samtgemeinden bestehen und diese über einen größeren Aufgabenkreis verfügen.
V. Gang der Darstellung
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Im Folgenden werden zunächst die historischen Grundlagen des kommunalen Kooperationsrechts geschildert (B), dann die Rechtsquellen des kommunalen Kooperationsrechts im Überblick (C) und anschließend im Einzelnen (D bis F) erörtert. Nach einer Darstellung allgemeiner Regeln der Zusammenarbeit (G) werden die öffentlich-rechtlichen Kooperationsformen betrachtet (H bis K), wobei dem Zweckverband (J) besondere Bedeutung zukommt. Daneben stehen privatrechtliche Kooperationsmöglichkeiten (L) sowie die Kombination verschiedener Kooperationsformen (M) zur Verfügung. Schließlich folgen die Sonderprobleme grenzüberschreitender Kooperation (N), abschließend die kommunalen Spitzenverbände (O).
Zehntes Kapitel Kommunalrecht › § 65 Kommunale Zusammenarbeit › B. Geschichte
I. Frühformen
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Kommunale Zusammenarbeit setzte zunächst ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlagen vor allem seit Beginn des 19. Jahrhunderts ein. Auf diese Phase faktischer Zusammenarbeit folgten erste gesetzliche Regelungen des kommunalen Kooperationsrechts im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts vor allem in Preußen[10] und Sachsen[11]. Dabei zeichneten sich die preußischen Regelungen zunächst durch eine gegenständliche Beschränkung auf wenige Zusammenarbeitsfelder, einen geringen Regelungsumfang und eine niedrige Regelungstiefe aus. Das preußische Recht ließ kaum übergreifende Kooperationsprinzipien erkennen. In Sachsen hingegen wurde bereits 1873 erstmals für das gesamte Staatsgebiet eine gesetzliche Regelung getroffen, diese war nicht mehr thematisch auf einzelne Zusammenarbeitsfelder beschränkt und enthielt bereits Vorschriften für das Verbandsstatut und die Verbandsumlage.
II. Preußische Landgemeindeordnungen 1891, 1892 und 1897
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Einen vergleichbaren Regelungsstandard erreichte Preußen erst mit den Landgemeindeordnungen von 1891, 1892 und 1897[12]. Darin wurde zwischen Frei- und Pflichtverbänden unterschieden und detaillierte Regelungen über den Inhalt der Verbandssatzungen getroffen. Allerdings fehlte es in den übrigen Provinzen weiterhin an entsprechenden Regelungen und eine Kooperation von Stadtgemeinden untereinander war nicht vorgesehen. Außerdem beschränkte das preußische Recht die Zusammenarbeit auf benachbarte Kommunen und den so entstandenen Verbänden wurde die Rechtsfähigkeit nur nach entsprechender Konzessionierung erteilt.
III. Preußisches Zweckverbandsgesetz 1911
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Einen bedeutenden Regelungsfortschritt stellte im Vergleich dazu das Zweckverbandsgesetz von 1911 dar, das erstmals preußenweit einheitlich galt[13]. Darin wurde den Verbänden ipso iure die Rechtsfähigkeit zuerkannt, es sei denn, eines der Mitglieder besaß nicht uneingeschränkt die Rechte einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft. Nunmehr konnten auch Stadtgemeinden untereinander kooperieren. Dabei erfolgte bereits kraft Gesetzes eine detaillierte Regelung der Verteilung der Rechte und Pflichten innerhalb des Verbandes. Als Ersatz für eine Zweckverbandsbildung wurde die Möglichkeit des Abschlusses einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung vorgesehen, welche in der späteren Rechtsentwicklung gleichberechtigt neben den Zweckverband trat.
IV. Sächsisches Gesetz über Gemeindeverbände 1910
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Nahezu zeitgleich mit dem preußischen Zweckverbandsgesetz erging das sächsische Gesetz über Gemeindeverbände 1910[14]. Dieses mutete angesichts der getroffenen Regelungen sehr modern an. So regelte es erstmals auch den Vorverband, bestimmte, dass jeder Verband bereits mit Genehmigung der Verbandssatzung die Rechtsfähigkeit erlangte, traf Bestimmungen über das Ausscheiden aus und die Auflösung von Verbänden, über die Nachhaftung sowie die Bildung mehrstufiger Verbände. Trotz seiner regelungstechnischen Überlegenheit strahlte dieses Gesetz gleichwohl kaum auf die Gesetzgebung in den übrigen deutschen Staaten aus.
V. Reichszweckverbandsgesetz 1939
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Eine reichseinheitliche Regelung des kommunalen Kooperationsrechts erfolgte noch nicht mit der Deutschen Gemeindeordnung 1935[15], sondern erst vier Jahre später im Reichszweckverbandsgesetz 1939[16]. Dieses von der Reichsregierung beschlossene Gesetz steht in der Tradition des preußischen ZVG und ermöglichte erstmals auch natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts die Mitgliedschaft in Zweckverbänden. Für Verbände mit hoheitlichen Aufgaben lehnten die Regelungen sich an die Vorschriften der Deutschen Gemeindeordnung an, bei wirtschaftlich tätigen Verbänden erfolgte eine Orientierung an den handelsrechtlichen Vorschriften. Das RZVG stellte als Surrogat des Zweckverbandes die öffentlich-rechtliche Vereinbarung zur Verfügung und ermöglichte die Bildung von Pflichtverbänden. Wegen des kurz nach seinem Erlass ausgebrochenen Krieges entfaltete es praktische Wirkungen erst in der Nachkriegszeit, als es als paralleles Landesrecht gemäß Art. 123 ff. GG weitergalt.
Zehntes Kapitel Kommunalrecht › § 65 Kommunale Zusammenarbeit › C. Rechtsquellen des kommunalen Kooperationsrechts im Überblick
C. Rechtsquellen СКАЧАТЬ