Название: Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten
Автор: Frank Rehfeld
Издательство: Автор
isbn: 9783956179129
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Unsinn, versuchte Maziroc sich selbst zu beruhigen. Er war einfach übernervös und begann bereits überall Gespenster zu wittern und Gefahren zu vermuten. Wahrscheinlich gab es eine ganz einfache und harmlose Erklärung. Vielleicht aßen die Bewohner gerade zu Abend, oder sie hatten sich zu einem Gebet oder irgendeiner anderen gemeinsamen Beschäftigung zusammengefunden.
Ohne dass sie angesichts ihrer gefährdeten Lage wenigstens ein paar Wächter zurücklassen?, wisperte eine Stimme in ihm. Und außerdem lassen sie auch noch das Tor unbewacht weit offen stehen, damit jeder eventuelle Angreifer sich nicht erst die Mühe machen muss, es einzureißen oder die Mauern zu erstürmen? Lachhaft!
Mazirocs Unbehagen stieg mit jedem Meter, den sie sich dem Gehöft näherten, mehr an. Er war sich mittlerweile so gut wie sicher, dass ihn sein erster Eindruck nicht getrogen hatte, dass irgendetwas hier nicht stimmte. Das Gefühl, geradewegs in eine Falle zu reiten, wurde immer stärker, und er war nicht der Einzige, dem es so erging. Die Haltung sowohl der Elbenkrieger wie auch der menschlichen Gardesoldaten war angespannt, und immer wieder blickten sie sich unbehaglich um. Mehr als einer hatte die Hand wie zufällig direkt auf dem Knauf seines Schwertes liegen.
Auch Maziroc selbst ließ seinen Blick immer wieder umherwandern. Nicht nur der Hof, die gesamte Umgebung gefiel ihm nicht. Sie war für eine Falle wie geschaffen. Das Land war hügelig und unübersichtlich, nicht weit entfernt erhoben sich mehrere ausgedehnte Waldstücke. In den Tälern und Wäldern konnte sich eine ganze Armee unbemerkt verstecken. Wieder und wieder blickte er durch seinen Ring, ohne jedoch etwas entdecken zu können, das seinem Verdacht konkrete Nahrung lieferte. Aber die Schatten der Abenddämmerung senkten sich nun immer rascher wie ein Vorhang aus schwarzer Watte über das Land. Nicht mehr lange, dann würde es dunkel werden, und anders als in den vergangenen Nächten würde die Dunkelheit diesmal nicht ihr Verbündeter sondern ihr Feind sein.
Ein paar Meter entfernt redete Bayron eindringlich auf Eibon ein und unterstrich seine Worte immer wieder durch weit ausholende Gesten. Obwohl er nur vereinzelte Wortfetzen aufschnappte, konnte Maziroc sich denken, was der General sagte, doch seinem zornigen Gesichtsausdruck zufolge stießen seine Worte auf taube Ohren.
Auf einer niedrigen Hügelkuppe, nur noch knapp eine Meile von dem Hof entfernt, hob der Elbenkönig schließlich die Hand, um den Trupp zum Stehen zu bringen. Mehr als eine Minute lang starrte er angestrengt zu dem Gehöft hinüber, und jeder der Männer schien während dieser Zeit den Atem anzuhalten. Abgesehen vom gelegentlichen Scharren der Pferdehufe oder einem vereinzelten Schnauben eines der Tiere war es totenstill.
"Glaubt Ihr mir jetzt endlich, dass etwas dort nicht stimmt?", zerriss Bayrons Stimme schließlich die Stille. "Ich sage Euch, es ist eine Falle."
Der Elbenkönig wandte sich ihm zu. "Daran habe ich schon die ganze Zeit keinen Zweifel", behauptete er. "Aber eine Falle, die man erkannt hat, kann man mit etwas Geschick gegen den richten, der sie aufgestellt hat. Dafür sollte man sich aber so lange wie möglich nicht anmerken lassen, dass man sie entdeckt hat. Hat man Euch das bei Eurer Ausbildung nicht beigebracht?"
Es war Maziroc schleierhaft, warum Eibon schon seit ihrem Aufbruch von Cavillon auf jeden gut gemeinten Vorschlag und jede Kritik immer wieder so aggressiv reagierte, vor allem, wenn sie von Bayron kamen. Möglicherweise witterte er in jedem Widerspruch einen Vorwurf, den er auf diese Art direkt im Keim zu ersticken versuchte, weil er seine eigene Position und seine Führungsrolle für weniger gefestigt hielt, als sie in Wirklichkeit waren. Aber er war unbestreitbar alt, und es mochte durchaus sein, dass er sich selbst schwächer fühlte, als er anderen erschien.
Bayron kniff für einen Moment den Mund zu einem schmalen Strich zusammen, doch er ging nicht weiter auf die Provokation ein, sondern schluckte die bissige Antwort, die ihm sichtlich auf der Zunge lag, hinunter.
"Und was ist Eurer Meinung nach nun mit dem Hof los, wenn Ihr selbst ebenfalls der Meinung seid, dass etwas dort nicht stimmt?", fragte er stattdessen nur.
"Das bleibt die Frage", erwiderte Eibon. "Alles sieht völlig verlassen aus. Wenn es sich wirklich um eine Falle handelt, dann haben unsere Gegner sich leider noch keinerlei Blöße gegeben. Zur Sicherheit werde ich einen kleinen Erkundungstrupp vorausschicken."
"Wartet noch einen Moment", mischte sich Charalon in diesem Moment ein und dirigierte sein Pferd neben das des Elbenkönigs. "Ich habe eine Idee." Er blickte angestrengt auf den Reif an seinem Handgelenk, und für einen Moment zeigte sein Gesicht einen konzentrierten Ausdruck. Gleichzeitig tauchten wie aus dem Nichts ein halbes Dutzend weiterer berittener Elbenkrieger zwischen den anderen auf. Überraschte und erschrockene Rufe ertönten, doch mit einer energischen Handbewegung verschaffte Charalon sich Ruhe. "Schicken wir die doch vor. Es sind nur Illusionen", erklärte er. "Wenn es eine Falle ist und sie angegriffen werden, tut es ihnen nicht weh."
Er ließ die durch die magische Kraft seines Skiils geschaffenen Krieger antraben. Sie lösten sich aus der Formation ihrer realen Vorbilder, ritten auf das Tor des Gehöfts zu und hindurch, ohne dass etwas geschah. Auf dem Innenhof schwärmten sie aus, drehten eine Art Ehrenrunde, und als sie auch jetzt nicht angegriffen wurden, ließ Charalon sie wieder umkehren. Erst als sie sich wieder in den Pulk der übrigen Krieger eingereiht hatten, löste er sie nacheinander auf. So würde ihr Verschwinden einem eventuellen Beobachter nicht sofort auffallen und diesem ihre Fähigkeiten verraten.
"Das gefällt mir nicht", murmelte Maziroc. "Sie sind zwar nicht angegriffen worden, aber wenn alles in Ordnung wäre, hätten zumindest einige der Bewohner zu ihrer Begrüßung hervorkommen müssen."
Aber das hatten sie nicht getan. Sie hatten auch weiterhin nichts von sich sehen lassen. Wo um alles in der Welt steckten sie? Noch vor wenigen Stunden hatten sich nach Aussagen der Späher mehr als einhundert Menschen auf dem Hof befunden. Sollten sie sich wirklich ausgerechnet in dieser Zeit, in der sie zudem auch noch wussten, dass Hilfe zu ihnen unterwegs war, entschlossen haben, ihn doch aufzugeben und so überhastet fortzugehen? Es klang nicht gerade glaubhaft. Aber wenn sie sich anderseits mit dem unbekannten Feind verbündet und eine Falle vorbereitet hatten, dann war eigentlich zu erwarten, dass sie sich so normal wie möglich verhalten würden, um keinen Hinweis auf den Hinterhalt zu liefern.
Keine der beiden Möglichkeiten klang irgendwie überzeugend. Maziroc fühlte sich völlig ratlos. Am liebsten wäre ihm, wenn sie sich gar nicht weiter um den Hof kümmern, sondern so schnell wie möglich so weit wie möglich fortritten, aber obwohl die meisten, wenn nicht sogar alle anderen, vermutlich ebenso empfanden, wusste er auch, dass sie es nicht tun würden, nicht tun durften. Sie mussten herausfinden, was hier geschehen war, und wenn ihnen irgendeine Gefahr drohte, dann würde ihnen das Gehöft vermutlich immer noch mehr Schutz bieten als das offene Land.
"Also werden wir doch selbst nachsehen müssen", erklärte Eibon und erteilte einige knappe Befehle. Fünf der Elbenkrieger lösten sich von den anderen und näherten sich vorsichtig und mit gezogenen Schwertern den Gebäuden.
Nach kurzem Zögern gab Maziroc seinem Pferd die Sporen und schloss sich ihnen an, ohne sich um die aufgeregten Rufe Charalons hinter sich zu kümmern. Die Elben warfen ihm verwunderte Blicke zu, doch er zuckte nur mit den Schultern. Genau wusste er selbst nicht, warum er mit ihnen ritt. Er rechtfertigte sein Handeln vor sich selbst mit der Erklärung, dass er eine eventuelle Falle mit seinen magischen Sinnen möglicherweise eher als die anderen erkennen würde, doch er wusste selbst am besten, dass dies nicht der wahre Grund war. Wahrscheinlich lag es einfach nur daran, dass er die Ungewissheit und das untätige Abwarten nicht länger aushielt und selbst das Heft des Handelns wieder mit in die Hand nehmen wollte.
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