Название: Der Mensch und das liebe Vieh
Автор: Martin M. Lintner
Издательство: Bookwire
isbn: 9783702236359
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Schließlich gilt mein Dank dem Tyrolia-Verlag für die Aufnahme dieses Titels ins Verlagsprogramm und Frau Brunhilde Steger für die engagierte Betreuung der vorliegenden Publikation.
Widmung
Widmen möchte ich dieses Buch meinem Vater, der aus Überzeugung und mit Herz Bergbauer war. Er ist an den Folgen eines landwirtschaftlichen Unfalls verstorben. Sein Leben und sein Schicksal zeigen, dass das Leben mit und in der Natur schön und erfüllend ist, aber auch rau und hart sein kann. Für eine romantisch-sentimentale Naturbetrachtung bleibt oft wenig Platz. Die Natur ist unser Lebensraum, aber sie ist uns nicht nur freundlich gesinnt. Diese Ambivalenz ist auch der Beziehung zwischen Mensch und Tier eingeschrieben. Darüber und über weitere spannende Fragen nachzusinnen will dieses Buch anregen.
Brixen / Innsbruck, im Frühling 2017 | Martin M. Lintner |
EINFÜHRUNG
1.Zielsetzung und Aufbau dieses Buches
a) An wen wendet sich das Buch?
Das vorliegende Tierethikbuch richtet sich an einen möglichst großen Personenkreis. Es will auf wissenschaftlichem Niveau und zugleich auf verständliche Weise in die komplexe und interessante Thematik der Tierethik einführen.
Tierfreundinnen und Halter1 von Nutz- oder Haustieren finden viele Hintergrundinformationen zu ethischen und philosophischen Fragestellungen sowie einen Einblick in die aktuellen Debatten in Bezug auf die Tier-Mensch-Beziehung. Es werden Fragen vertieft wie: Welchen moralischen Status haben Tiere? Soll man von der „Würde des Tieres“ sprechen bzw. was kann man darunter verstehen? Welche ethische Relevanz haben die Unterschiede zwischen den verschiedensten Tiergattungen und -arten, welche hingegen die Gemeinsamkeiten, Ähnlichkeiten und Differenzen zwischen Menschen und Tieren? Ist der Mensch nichts anderes als ein Tier oder ist er ganz anders als ein Tier?2 Sind die Tiere die besseren Menschen und Menschen die schlechteren Tiere? Warum geht der Einsatz für und die Liebe zu den Tieren oft einher mit einer gewissen misanthropischen Grundhaltung? Eingegangen wird auch auf die schwierige, für Tierliebhaber oft schmerzliche Frage, wieso Tiere leiden müssen – und zwar auch unabhängig vom Handeln des Menschen –, oder was wir für die Tiere nach ihrem Tod erhoffen dürfen: Macht es Sinn, Tiere zu beerdigen? Und kommen auch Tiere in den Himmel?
Das Buch möchte aber über die Personengruppe hinaus, die einen direkten Umgang mit Tieren pflegt, eine möglichst breite Leserschaft erreichen, und zwar deshalb, weil die meisten Menschen in unserer Gesellschaft tierische Produkte bzw. Produkte mit tierischen Inhaltsstoffen konsumieren – angefangen von Nahrung, Bekleidung, Haushaltstextilien … bis hin zu Kosmetika, Medikamenten, Klebstoffen, Schaumstoffen usw. Deshalb wirken sich ihr Konsumverhalten sowie ihr Lebensstil auf das Leben von Tieren, auf deren Haltungs- und/oder Schlachtungsbedingungen aus. Das Buch will dafür sensibilisieren, dass jede und jeder als Konsumentin bzw. Konsument eine Mitverantwortung dafür trägt, wie Nutztiere behandelt, gehalten, gepflegt und schließlich getötet werden. Die Position, die in diesem Buch vertreten und begründet wird, ist nicht jene, dass die Tiernutzung radikal abgelehnt wird, sondern dass Tiere so gehalten und gepflegt werden, dass dies sowohl ihren artspezifischen als auch ihren individuellen Bedürfnissen und Vermögen auf der Empfindungs-, emotionalen und kognitiven Ebene gerecht wird.
Eine neuralgische Frage ist und bleibt die nach der ethischen Vertretbarkeit der Tötung von Tieren. Es werden die Bedingungen herauszuarbeiten sein, unter denen die Schlachtung oder die Bejagung von Tieren ethisch vertretbar sein kann. Vertreten wird allerdings die (zu begründende) These, dass das prinzipielle Tötungsverbot über den Menschen hinaus auf bestimmte Tierarten auszuweiten ist, und zwar ohne die Mensch-Tier-Differenz aufzuheben und ohne von den betroffenen Tieren deshalb zu sagen, dass ihnen dieselbe Würde zukommt wie einem Menschen.
b) Warum ein weiteres Tierethikbuch?
Seit einigen Jahren ist der erfreuliche Trend festzustellen, dass immer mehr Menschen für tierethische Fragen sensibel werden und dass es viele diesbezügliche Diskussionen und einschlägige Publikationen gibt. Das vorliegende Buch wird einige dieser Ansätze kritisch diskutieren, erhebt aber nicht den Anspruch, die klassischen wie auch neuere tierethische Positionen systematisch darzustellen.3 Es wird eine Auseinandersetzung stattfinden mit den bio- und tierethischen Konzepten von Albert Schweitzer, Peter Singer, Tom Regan, Martha Nussbaum u. a. Zu Wort kommen werden auch Ethikerinnen und Ethiker wie Richard David Precht, Ursula Wolf, Anne Siegetsleitner, Leonie Bossert u. a. m. Auch in der Theologie wurden die Tiere mittlerweile als wichtiges Thema entdeckt. Eine wichtige Vorreiterrolle spielt der im deutschen Sprachraum wenig rezipierte anglikanische Theologe Andrew Linzey, der sich als Mitglied einer interdisziplinären Gruppe an der Universität Oxford in England gemeinsam mit namhaften Philosophen wie Peter Singer u. a. intensiv mit tierethischen Fragen auseinandergesetzt und schließlich eine eigene Tier-Theologie entwickelt hat.4 Er wurde zum ersten Inhaber eines theologischen Lehrstuhls für Tierethik und gründete 2006 das Oxford Centre for Animal Ethics, dessen Direktor er seither ist. Erwähnenswert ist auch das von Anton Rotzetter und Rainer Hagencord 2009 gegründete Institut für Zoologische Theologie in Münster, das sich eine wissenschaftlich fundierte theologische Würdigung des Tieres sowie die Erarbeitung und Förderung einer schöpfungsgemäßen Spiritualität zum Ziel gesetzt hat. Zudem haben sich theologische Ethikerinnen und Ethiker – wie Heike Baranzke, Michael Rosenberger, Eberhard Schockenhoff, Gerhard Marschütz, Kurt Remele, um nur einige zu nennen – intensiv mit tierethischen Fragen auseinandergesetzt und zum Teil eigene tierethische Ansätze vorgelegt.
Die vorliegende Publikation reiht sich in diese Stimmenvielfalt ein. Sie versteht sich als Diskussionsbeitrag und möchte zugleich mit der verantwortungsethischen Begründung eines tierethischen kategorischen Imperativs einen originären Beitrag dazu leisten, dass die katholische Kirche und die Theologie das schwerwiegende Defizit überwinden können, das ihnen in Bezug auf die Tierethik anzulasten ist. Gerhard Marschütz ist recht zu geben, wenn er es als „ärgerlich“ bezeichnet, „dass kaum je christliche Einsprüche gegen die zunehmende Brutalisierung des heutigen Umgangs mit Tieren vernehmbar sind“5. Auf der theologisch-ethisch reflektierten und auf der praktischen Ebene hat die Kirche eine Bringschuld zu leisten, denn (auch das wird zu thematisieren sein) den Problemen und Anliegen der Tierethik wird weder die christlich-abendländische noch die diesbezügliche Position des Lehramtes der katholischen Kirche gerecht, wie sie beispielsweise im Katechismus der Katholischen Kirche nachzulesen ist. Es ist sehr zu begrüßen, dass Papst Franziskus in seiner Sozial- und Umweltenzyklika Laudato si’ (2015) diesbezüglich längst fällige neue Akzente gesetzt hat. Es geht dabei nicht zuletzt darum, das reichhaltige biblische Erbe neu zu entdecken und fruchtbar zu machen, angefangen von der Schöpfungstheologie bis hin zur Eschatologie, d. h. der Lehre von den Hoffnungen auf Vollendung nicht nur des Menschen, sondern der gesamten Schöpfung.
Die spezifischen theologischen Fragestellungen werden im ersten (schöpfungstheologischen) СКАЧАТЬ