Название: Das Erbe der Macht - Band 32: Sigilschwingen
Автор: Andreas Suchanek
Издательство: Bookwire
Жанр: Книги для детей: прочее
Серия: Das Erbe der Macht
isbn: 9783958344594
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Annora nahm einen weiteren Schluck ihres Kaffees. »Kann ich deine Aufmerksamkeit einen Augenblick beanspruchen?«
Grace musste ihren Tonfall richtig gedeutet haben, denn sie sah von dem Buch auf, in dem sie gerade etwas nachgeschlagen hatte. Wie immer, wenn sie recherchierte, wirkte sie sogar nach einer Nacht ohne Schlaf fit und tatkräftig. Sie ging auf in ihrer Leidenschaft, was aus sich selbst heraus Energie generierte. Ihr Haar fiel ihr in Wellen auf die Schultern, seit einigen Tagen hatte sie sich Pulli, Hose und Schuhe im 1990er-Style besorgt. Der grau-bunte Pullover, die Jeans, die am Knöchel endete, und die Turnschuhe verliehen ihr die Ausstrahlung einer 90er-Ikone.
Annora berichtete von ihrem Albtraum.
Grace verschränkte die Arme auf dem Rücken und überdachte ihre Worte. »Wie wir wissen, verhält sich die Magie bei Rittern nach ihrer Ernennung unterschiedlich. Der Hinweis auf den nächsten Essenzstab kommt zeitverzögert und different. Die Seher und Essenzstabmacher haben das alles nach einem ganz bestimmten Takt aufgebaut.«
»Du gehst also davon aus, dass es der nächste Hinweis sein könnte?«
»Tust du es?«
Annora nickte. »Es war auf beklemmende Weise real.«
»Dann ist meine Vermutung, dass Alfie Kent irgendwie der Schlüssel zum nächsten Essenzstab ist, diese Suche für ihn aber überaus gefährlich werden könnte.«
»Wie für uns alle«, entgegnete Annora. »Aber sie ist von elementarer Bedeutung.«
»Davon gehen wir zumindest aus.« Grace kehrte zurück zu ihrem Buch. »Letztlich wissen wir nicht, weshalb die Seher überhaupt dachten, dass ein König notwendig ist. Aber lassen wir das einstweilen aus. Selbst wenn Alfie und du dazu bestimmt wären, den Stab zu suchen – dein Traum hat nicht wirklich einen Hinweis darauf erbracht, wo der nächste Essenzstab der Macht zu finden ist.«
Annora nutzte die einsetzende Stille, um Grace‘ Worte zu überdenken. Sie benötigten die Essenzstäbe schon allein deshalb, weil die Magier der Zuflucht bisher keine weiteren besaßen. Merlin hatte alle zerstört. Max’ Stab hatte bewiesen, wozu diese mächtigen Artefakte fähig waren.
Gleichzeitig durften sie all die anderen Dinge nicht außer Acht lassen. Max versuchte, das Agentenprogramm zu reaktivieren. Anne Bonny baute weiter an der Schiffsflotte, die im Hafen von Talanis beständig wuchs. Einstein und H. G. kümmerten sich um die Verschollenen, und Kleopatra braute einen neuen magischen Trank nach dem anderen. Wesley hatte ihr erste Besuche abgestattet, da er bei ihr von einem Trauma durch die Gefangenschaft im Immortalis-Kerker ausging.
Tomoe untersuchte zum einen zusammen mit den Heilmagiern Moriarty, zum anderen überprüften sie nach der Entdeckung, dass Alex’ Mutter von Merlin mit dem Pakt des falschen Glücks auf seine Seite gezogen wurde, die übrigen Familienangehörigen der Widerständler. Nikki half dabei, indem sie ihre Magie als Sprungmagierin zur Verfügung stellte.
»Was sollte ich also …?«
Ein Klopfen an der Tür erklang. Kurz darauf stürmte ein rotwangiger Alfie Kent herein. »Grace, ich … Oh, hallo Annora.
»Guten Morgen. Kommst du vom Sport?«
Die Röte auf Alfies Wangen nahm zu. »Also … hm … irgendwie kann man das wohl so sagen. Ich musste meine Bernsteinkörner aufladen.«
Mittlerweile war es ein offenes Geheimnis, dass Alfie Essenz von anderen Magiern abziehen konnte, um die Bernsteinkörner in seinem Blut aufzuladen. Hier musste der jeweilige andere Magier allerdings in einem Zustand sein, in dem die Aura nicht im Schutz- oder Verteidigungsmodus war.
Da kam es ihm zugute, dass er in einer Beziehung mit Jason und Madison lebte. Die roten Wangen deuteten also darauf hin, dass er gerade Sex gehabt hatte und nun bis obenhin voll war mit Endorphinen und frischer Essenz.
Darüber hinaus hatte Grace das Trio in mehreren Situationen beobachtet und in ihrer typischen Sherlock-Holmes-Art festgestellt, dass sie alle drei ein Tattoo besaßen, das ihre Geister miteinander verband. Es gab also offensichtlich keine Geheimnisse zwischen ihnen. Darauf angesprochen hatten die drei jedoch nur herumgedruckst. Sie wollten oder konnten nichts dazu sagen.
Sprachen sie hier nur mit Alfie oder auch mit Madison und Jason?
»Und du bist hier, um uns das mitzuteilen?«, fragte Grace mit einem Funkeln in den Augen.
»Haha«, erwiderte Alfie. »Tatsächlich geht es um etwas anderes. Artus hat doch vor einiger Zeit nach den Depots von Agnus Blanc gesucht, damit wir an die Artefakte herankommen, die er konstruiert hat. Es war ja fast alles leer, aber uns ist eine andere Idee gekommen.«
Womit er die vollständige Aufmerksamkeit von Grace und Annora genoss.
»Dein Bruder macht kurz vor seinen Enthüllungen auch immer eine Pause. Um die Spannung zu steigern.« Annora schürzte die Lippen. »Ich hasse es.«
»Ihr seid heute ja total lustig.« Alfie grinste frech. »Obwohl das hier tatsächlich Absicht war. Also, Madison erinnerte sich daran, dass es da ja noch ein Archiv gibt, in dem alle möglichen vergessenen Zauber, Mentigloben und so weiter aufbewahrt werden.«
»Wehe, du machst eine Pause«, warf Annora schnell ein.
»Die endlosen Tiefen«, sagte Alfie flink.
Die Worte hingen in der Luft.
Es gab nur wenig, was über das Archiv der ehemaligen Schattenkrieger bekannt war. An einem geheimen Ort existierte es, jedoch unzugänglich. Zumindest war es das für die Lichtkämpfer gewesen. Doch die beiden Fraktionen gab es nicht länger.
»Aber wir kämen überhaupt nicht hinein«, merkte Annora an. »Wo der Eingang zu finden ist, weiß ebenfalls niemand.«
»Da haben wir vielleicht eine Idee.« Alfie verschränkte die Arme.
Und schwieg natürlich, mit einem Grinsen auf den Lippen.
Baby Kent, der Spitzname, den Madison benutzte, traf es bei ihm wirklich ziemlich genau.
4. Moriartys Zugang
Das ist auf absurde Weise lächerlich«, stellte Annora fest.
Gemeinsam mit Alfie, Madison und Jason war es ihnen tatsächlich gelungen. Da Moriarty noch immer im Koma lag, hatten sie ihm problemlos eine Blutprobe entnehmen können. Gekoppelt mit einem Suchzauber, der mit einem der wenigen Pergamente verwoben wurde, die aus den endlosen Tiefen stammten, verrichtete er sein Werk. Dass es dieses überhaupt noch gab, verdankten sie Moriartys Paranoia. Er hatte die wichtigsten seiner Aufzeichnungen nämlich auch gegen Feuer imprägniert, wodurch eine Handvoll den Absturz der East End überstanden hatte.
»Das ist wirklich ein wenig theatralisch«, kommentierte Madison. »Selbst СКАЧАТЬ