Der einsame Weg. Arthur Schnitzler
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Название: Der einsame Weg

Автор: Arthur Schnitzler

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754188323

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      WEGRAT. Wie lang mag er jetzt von Wien fort sein? Zwei Jahre, nicht wahr?

      FRAU WEGRAT. Etwas drüber.

      FELIX. Er hat große Reisen gemacht.

      SALA. Ja, gelegentlich erhielt ich eine Karte von ihm.

      WEGRAT. Wir auch. Aber ich dachte, daß Sie mit ihm in regelmäßiger Korrespondenz stünden.

      SALA. Regelmäßig? Nein.

      JOHANNA. Ist er nicht Ihr Freund?

      SALA. Freunde hab' ich im allgemeinen nicht. Und wenn ich sie habe, verleugne ich sie.

      JOHANNA. Aber früher sind Sie doch so intim mit ihm gewesen.

      SALA. Er doch eigentlich mehr mit mir als ich mit ihm.

      FELIX. Wie meinen Sie das, Herr von Sala?

      JOHANNA. Ich versteh' das sehr gut. Es geht Ihnen wohl mit den meisten Menschen so.

      SALA. Ähnlich zum mindesten.

      JOHANNA. Man merkt das auch an den Sachen, die Sie schreiben.

      SALA. Hoff ich. Sonst könnte sie auch wer anderer schreiben.

      WEGRAT. Sagte er denn nicht, wann er wieder nach Wien kommt?

      FELIX. Ich glaube bald. Aber sehr bestimmt hat er sich nicht ausgedrückt.

      JOHANNA. Ich möchte Herrn Fichtner gern wiedersehen. Ich habe solche Menschen gern.

      WEGRAT. Was nennst du »solche Menschen«?

      JOHANNA. Die immer von weit herkommen.

      WEGRAT. Aber als du ihn kanntest, Johanna, kam er doch meistens ganz aus der Nähe ... er lebte ja hier.

      JOHANNA. Das ist ja ganz gleichgültig, ob er hier lebte oder anderswo. – Auch wenn er täglich kam, mir war immer, als käm' er von sehr weit.

      WEGRAT. Nun ja ...

      FELIX. Das hab' ich auch manchmal empfunden.

      WEGRAT. Ist es nicht seltsam, wie er durch die Welt jagt, in den letzten Jahren wenigstens?

      SALA. Steckt diese Unruhe nicht seit jeher in ihm? Sie waren ja schon auf der Akademie mit ihm zusammen.

      WEGRAT. Ja. Und damals mußte man ihn gekannt haben, um ihn wirklich zu kennen. Als junger Mensch hatte er etwas Faszinierendes, Blendendes. Nie hab' ich jemanden gekannt, auf den das Wort »vielversprechend« so zutraf wie auf ihn.

      SALA. Nun, er hat doch mancherlei gehalten.

      WEGRAT. Aber was hätte er alles erreichen können! ...

      DOKTOR REUMANN. Ich glaube, was man hätte erreichen können, das erreicht man auch.

      WEGRAT. Nicht immer. Julian war gewiß zu Höherem bestimmt. Was ihm gefehlt hat, war die Fähigkeit, sich zu sammeln, der innere Friede. Er konnte sich nirgends dauernd heimisch fühlen; und das Unglück war, daß er sich auch in seinen Arbeiten sozusagen nur vorübergehend aufhielt.

      FELIX. Er hat mir ein paar Skizzen gezeigt, die er in der letzten Zeit gemacht hat.

      WEGRAT. Schön?

      FELIX. Für mich lag etwas Ergreifendes in ihnen.

      FRAU WEGRAT. Warum ergreifend? Was sind's denn für Bilder?

      FELIX. Landschaften. Sogar meistens ganz heitere Gegenden.

      JOHANNA. Ich habe einmal im Traum eine Frühlingslandschaft gesehen, ganz sonnig und mild, und doch hab' ich über sie weinen müssen.

      SALA. Ja, die Traurigkeit steckt in den Dingen oft viel tiefer verborgen, als man ahnt.

      WEGRAT. Also er arbeitet wieder? Da kann man sich ja vielleicht was besonderes erwarten.

      SALA. Bei jemandem, der einmal ein Künstler war, ist man nie vor Überraschungen sicher.

      WEGRAT. Ja, so ist es, Herr von Sala. Das ist eben der große Unterschied. Bei einem Beamten kann man in dieser Hinsicht ganz ruhig sein. Mit heiterer Selbstironie. Der malt jedes Jahr sein braves Bild für die Ausstellung und kann beim besten Willen nicht anders.

      DOKTOR REUMANN. Es ist noch sehr die Frage, wer die Welt und die Kunst weiter bringt: Beamte wie Sie, Herr Professor, oder ... die sogenannten Genies.

      WEGRAT. O, es fällt mir gar nicht ein, den Bescheidenen zu spielen. Aber was die Genies anbelangt, von denen wollen wir lieber nicht reden. Das ist eine Welt für sich und außerhalb der Diskussion – wie die Elemente.

      DOKTOR REUMANN. Da bin ich allerdings durchaus anderer Ansicht.

      WEGRAT. Man kann doch nur von den Leuten sprechen, für die es überhaupt Grenzen gibt. Und da find' ich nun freilich: Wer seine Grenzen besser kennt, das ist der bessere Mann. Und in dieser Hinsicht hab' ich gewiß allen Grund, mich hochzuschätzen. – Ist dir denn nicht kühl, Gabriele?

      FRAU WEGRAT. Nein.

      WEGRAT. Nimm doch das Tuch fester um und laß uns ein wenig Bewegung machen, so weit das hier möglich ist.

      FRAU WEGRAT. O ja, gern. – Bitte, kommen Sie, Doktor, nehmen Sie meinen Arm. Sie haben sich um Ihre Patientin noch gar nicht gekümmert.

      DOKTOR REUMANN. Ich stehe zur Verfügung.

      Die andern gehen voraus, Johanna mit ihrem Bruder, der Professor mit Sala; Doktor Reumann und Frau Wegrat scheinen sich anzuschließen, bis Frau Wegrat plötzlich stehen bleibt.

      Sechste Szene

      Frau Wegrat, Doktor Reumann.

      FRAU WEGRAT. Haben Sie bemerkt, wie seine Augen leuchteten, – Felix' Augen, als man von ihm sprach? Es war eigentümlich.

      DOKTOR REUMANN. Menschen von der Art dieses Herrn Fichtner haben gewiß für jüngere Leute etwas Interessantes. Es weht wie ein Duft von Abenteuern um sie.

      FRAU WEGRAT den Kopf schüttelnd. Und er hat ihn besucht ... Er ist offenbar nach Salzburg nur gefahren, um ihn wiederzusehen. Er fängt wohl an, sich ziemlich verlassen zu fühlen.

      DOKTOR REUMANN. Warum sollte man einen jungen Freund nicht besuchen, wenn man zufällig seinen Aufenthaltsort berührt? Daran find' ich nichts Merkwürdiges.

      FRAU WEGRAT. Vielleicht haben Sie recht. Vielleicht hätt' ich die Sache früher geradeso aufgefaßt. Aber jetzt, im Angesicht ... Nein, Doktor, ich will nicht pathetisch werden.

      DOKTOR REUMANN. Gegen das Pathos hab' ich nichts, nur gegen den Unsinn.

      FRAU WEGRAT lächelnd. Ich danke Ihnen. – Immerhin, ich habe Anlaß, über allerlei nachzudenken. СКАЧАТЬ