Französische Sprachwissenschaft. Elissa Pustka
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Название: Französische Sprachwissenschaft

Автор: Elissa Pustka

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: narr studienbücher

isbn: 9783823303343

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СКАЧАТЬ in einer Rede oder einer E-Mail Nähe herstellen.

      1.1.2 Langage texto

      In der computervermittelten Kommunikation verschwimmen die Grenzen zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Auf WhatsApp sendet nicht mehr zwangsläufig ein Sender eine Nachricht, die ein Empfänger liest und erst im Anschluss beantwortet (womit sich dann die Rollen umdrehen und der Empfänger zum Sender wird). Die Kommunikationspartner können ihre Nachrichten auch häppchenweise verschicken, sich dabei ins Wort fallen, aber auch gleichzeitig tippen. Komplett synchron wie eine face-to-face-Unterhaltung ist ein Chat zwar nicht (da niemand jeden Buchstaben einzeln senden würde), aber fast. Man spricht daher von quasi-synchroner Kommunikation (vgl. DÜRSCHEID 2016) – im Gegensatz zur nicht-synchronen Kommunikation von Schriftsteller*innen, deren Werke manchmal erst mehrere Jahrhunderte später gelesen werden. Die Spontaneität, die bei der Kommunikation per Smartphone häufig vorliegt, führt dazu, dass das Geschriebene nicht genau geplant, sorgfältig elaboriert und vor der Übermittlung noch einmal gründlich Korrektur gelesen wird. Zudem ermöglichen Instant Messaging-Dienste neben reinen Sprachnachrichten auch die Übersendung von Emojis, Fotos, Audio- und Videobotschaften und Links – auf diese Weise ergibt sich eine multimediale und vielfach kontextualisierte Kommunikation. Dabei bestehen natürlich enorme Unterschiede zwischen den Nachrichten und Chats, die man austauschen kann, von der Terminerinnerung des Friseursalons bis zum Beziehungsstreit.

       À vous !

      Entziffern Sie die folgenden französischen SMS: « jSpR ktu va bi1 », « D-100 chuis ariV », « j’tapLdkej’pe », « C pa grav », « J’v boC », « a2m1 » (Beispiele aus SABATIER 2014).

      Der französische SMS-Slang (langage texto) hat mit der Verbreitung von Handy und Internet ab Ende der 1990er Jahre schnell die Aufmerksamkeit der Sprachwissenschaft und der Massenmedien auf sich gezogen. « Parlez-vous texto ? » titeln regelmäßig Bücher, Zeitungsartikel und Blogs, um die Erwachsenenwelt in die vermeintliche Geheimsprache der digital natives einzuweihen (z. B. SABATIER 2014). Mittlerweile sind sogar mehrere Romane im Chat-Slang erschienen. Aber auch große internationale Forschungsprojekte widmen sich dem Thema, u. a. sms4science (2007–2016; www.sms4science.org) und What’s up, Switzerland? (2016–2020; www.whatsup-switzerland.ch).

       Das Forschungsprojekt sms4science

      Mit dem Aufruf « Faites don de vos SMS à la science ! » hat 2004 in Belgien die erste große SMS-Sammlung stattgefunden. Zwei Monate lang haben insgesamt 3300 Personen 75500 ihrer bereits geschriebenen SMS an ein Forschungsteam weitergeleitet. 2275 von ihnen haben zudem einen Fragebogen zu ihrem soziodemographischen Profil und ihrem Medienverhalten ausgefüllt. Die Teilnehmer*innen waren zwischen 12 und 73 Jahre alt, 76 % unter 25 Jahren. Im Anschluss wurde das Projekt auf La Réunion, die Schweiz, Québec und mehrere französische départements ausgeweitet (www.sms4science.org/). Auf dieser Datenbasis haben die Forscher*innen herausgefunden, welche der in den Massenmedien beschriebenen Merkmale des langage texto auch wirklich existieren, wie häufig sie sind und inwiefern sich die SMS von Jugendlichen und Erwachsenen unterscheiden (vgl. FAIRON/KLEIN/PAUMIER 2006).

      Schreibstrategien

      Wie die Beispiele zeigen, zeichnen sich französische Textnachrichten durch eine ganze Reihe von Schreibstrategien aus:

       Abkürzungen: Weglassen der Vokale (z. B. bcp für beaucoup), des Wortendes (z. B. dak für d’accord) oder des Wortanfangs (z. B. net für internet);

       Siglen: Reduktion auf die Anfangsbuchstaben (z. B. mdr für mort de rire);

       Expressive Längungen (z. B. ke jeu taimmmmmmeu für que je t’aime);

       Rebus-Prinzip: Verwendung von Ziffern, Buchstaben und Symbolen als Lautzeichen (z. B. a2m1 für À demain !, OKLM für au calme, A+ für À plus tard !);

       Pseudo-phonetische ‘Transkription’ (z. B. kwa für quoi);

       Anglizismen (z. B. LOL für laughing out loud);

       Emoticons (z. B. :-), xD), später auch Emojis (z. B. );

       Merkmale der konzeptionellen Nähesprache (vgl. Kapitel 1.1.1), u. a. Wegfall des ne der Negation (z. B. C pa grav für Ce n’est pas grave).

      Der langage texto hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten mit der Veränderung der Technik aber auch rasant weiter- und auseinanderentwickelt. Als es noch darauf ankam, auf einem Handy mit neun Tasten SMS von maximal 160 Zeichen zu tippen, war der SMS-Slang durch extreme Abkürzungen geprägt. Durch die automatische Textergänzung sind diese zurückgegangen. Diese Abkürzungen waren keineswegs Innovationen, sondern bauten auf der Tradition handschriftlicher Notizen auf. Die wichtigsten davon lernt man in Frankreich sogar in der Schule. Für das Mitschreiben von Vorlesungen an der Universität sind sie besonders nützlich. Die Hauptstrategie dabei ist das Weglassen der Vokale (z. B. bcp für beaucoup). Tab. 1.4 gibt einen Überblick über die wichtigsten französischen Abkürzungen.

Abkürzung Vollform
bcp beaucoup
ds dans
ns nous
pb problème
pr pour
qd quand
tjs toujours
tps temps
tt tout
qqch quelque chose
cad c’est-à-dire
(z. B. solut°) -tion
-mt (z. B. évidemmt) -ment СКАЧАТЬ