Französische Sprachwissenschaft. Elissa Pustka
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Название: Französische Sprachwissenschaft

Автор: Elissa Pustka

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: narr studienbücher

isbn: 9783823303343

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СКАЧАТЬ enorm verbessert. Daher sind mittlerweile in vielen Subdiziplinen statistische Analysen üblich, z. B. mit Computerprogrammen wie R (www.r-project.org). Sie können explorativ eingesetzt werden, um Regelmäßigkeiten in großen Datenmengen zu entdecken (z. B. mit Entscheidungsbäumen oder Clustering-Methoden) oder testen, ob ein Unterschied signifikant ist. Dies bedeutet, dass der Unterschied zwischen zwei Gruppen (z. B. Frauen vs. Männer) wahrscheinlich nicht auf reinen Zufall zurückzuführen ist, sondern von der Stichprobe auf die Grundgesamtheit geschlossen werden kann (vgl. z. B. BAAYEN 2008, MEINDL 2011).

      Theorien

      Das zweite Standbein der Wissenschaft sind neben den Methoden die Theorien. Viele Menschen außerhalb der Wissenschaft halten davon jedoch nicht viel: Theorien gelten als weltfremd und nicht praxistauglich für das ‘echte Leben’ – eben ‘nur graue Theorie’. Diese Auffassung beruht jedoch auf einem Missverständnis: Wissenschaftliche Theorien sind alles andere als wilde Spekulationen. Sie basieren vielmehr auf einer großen Menge systematisch und nach transparenten Methoden gesammelten Beobachtungen in ebendiesem ‘echten Leben’ (daneben aber auch im Labor) und müssen sich an diesem auch immer wieder messen. Aus wissenschaftlichen Theorien lassen sich zudem sehr wohl Tipps für die Praxis ableiten: zur Verbesserung von Produkten, Dienstleistungen und sogar der Gesellschaft. Und die Praxis schließlich steht vor Problemen und offenen Fragen, die die Wissenschaft inspirieren können, und auf die die Wissenschaft eventuell Antworten findet. Weder Theorie und Empirie noch Theorie und Praxis stellen also einen Widerspruch dar; sie gehören vielmehr zusammen (vgl. Abb. 2.1)!

      Abb. 2.1:

      Theorie, Empirie und Praxis.

      Zur wissenschaftlichen Erkenntnis gibt es unterschiedliche Wege. Vereinfacht gesprochen kann man entweder zunächst konkrete Daten untersuchen, daraus Hypothesen abstrahieren und dann eine Theorie aufbauen (bottom up) – oder aber man entwickelt aus einer Theorie Hypothesen und testet diese dann empirisch (top down). In der Realität der Forschung sind diese beiden Richtungen des Vorgehens keine Alternativen, sondern finden nacheinander oder sogar parallel statt. Selbst explorative Studien, die erste Informationen zu einem wenig bekannten Gebiet sammeln, können nicht vollkommen theoriefrei designt werden, und bei der Überprüfung von Hypothesen ergeben sich immer wieder Überraschungen.

      Was ist nun eine Theorie genau? Eine Theorie besteht zunächst einmal aus Modellen, die eine Auswahl von Elementen der Welt und die Beziehungen zwischen ihnen vereinfacht darstellen. Diese Modelle braucht man für die Formulierung von Hypothesen. Ziel von Theorien ist es, die Beobachtungen in der Welt zu erklären. Die Modelle und Hypothesen können entweder sprachlich formuliert oder in Graphiken und/oder Formeln dargestellt werden. Bekannte Beispiele sind die Graphik des Bohrschen Atommodells (vgl. Abb. 2.2a) und Einsteins Formel E = mc2.

(a) Bohrsches Atommodell: Wasserstoff (H) (b) Kugelwolkenmodell: Sauerstoff (H2O)

      Abb. 2.2:

      Atommodelle.

      Das Bohrsche Atommodell hat sich für die Forschung als sehr ergiebig erwiesen; allerdings gibt es auch zahlreiche Phänomene, die es nicht erklären konnte. Deswegen haben Wissenschaftler*innen weitere Modelle entwickelt, insbesondere das aus der Schule bekannte Kugelwolkenmodell (vgl. Abb. 2.2b). Modelle sind also nicht richtig oder falsch, sondern mehr oder weniger fruchtbar für bestimmte Fragestellungen.

      Um über Theorien und Hypothesen zu kommunizieren, verwenden Wissenschaftler*innen natürlich auch die Sprache. Während in der Alltagssprache viele Wörter auf sehr vage Konzepte verweisen (z. B. fr. truc; vgl. Kapitel 1.1.1), ist in der Wissenschaft Präzision gefragt. Aus diesem Grund zeichnet sich die Wissenschaftssprache insbesondere durch ihre Fachterminologie aus. Dabei handelt es sich häufig um Wörter aus der Alltagssprache, die als Fachbegriffe klar definiert werden, z. B. in der Physik Energie und Masse. Besonders verbreitet sind Metaphern. So stellt man sich etwa ein Atom wie eine Frucht mit einem Kern in der Mitte vor (vgl. Abb. 2.2). In manchen Fällen schaffen Wissenschaftler*innen auch neue Wörter, sogenannte Neologismen. So hat Marie Curie beispielsweise das Element Polonium nach ihrer polnischen Heimat benannt.

      Grundsätzlich ist Wissenschaftssprache natürlich keine eigene Sprache, sondern ganz normales Deutsch, Französisch, Englisch etc. Sie zeichnet sich lediglich durch eigene Wörter und Wortbedeutungen aus sowie durch einen bestimmten Stil (vgl. dazu auch Kapitel 2.1.3).

       À vous !

      Was haben die Begriffe Röntgenstrahlen, pasteurisieren und Ampere gemeinsam?

      Wenn Theorien also keine reinen Spekulationen sind, könnte man sich fragen, ob denn zum Beispiel mittlerweile bewiesen ist, dass die Relativitätstheorie wahr ist. Das ist aber nicht möglich. Beweise gibt es nur in der Mathematik, nicht in empirischen Wissenschaften. Empirisch kann man Hypothesen nach dem Wissenschaftstheoretiker Karl Popper (1902–1994) nur falsifizieren und nicht verifizieren (vgl. POPPER 1935). Nehmen wir die Hypothese „Alle Schwäne sind weiß.“. Wenn man sein Leben lang nur weiße Schwäne sieht, erhärtet sich diese Hypothese immer mehr. Findet man einen schwarzen Schwan, dann ist sie falsifiziert. Entsprechend können sich Theorien auch nur bewähren oder als mehr oder weniger fruchtbar erweisen, nicht jedoch als wahr. Niemand hat die Möglichkeit, alle Schwäne anzusehen, die es gibt, jemals gab und geben wird. Eine Theorie muss also immer so operationalisierbar sein, dass man sie empirisch überprüfen kann.

      Was macht nun eine gute Theorie aus? Sie…

       …ist einfach formuliert,

       …ist in sich widerspruchsfrei,

       …erklärt viel,

       …befriedigt die Neugier der Menschen und/oder bringt praktischen Nutzen.

      In der Realität finden sich natürlich auch kompliziert formulierte und nutzlose Theorien. Sie gelten dennoch als wissenschaftlich, wenn sie von Wissenschaftler*innen verfasst sind. Damit kommen wir zur zweiten Perspektive auf die Wissenschaft: der wissenschaftssoziologischen Perspektive.

      2.1.2 Wissenschaft als soziales System

      „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ – so lautet vereinfacht ein berühmtes Zitat von Aristoteles (384–322 v. Chr.).1 Entsprechend bestehen nach der Systemtheorie soziale Systeme nicht aus Menschen, sondern aus deren sozialen Rollen, mit denen sie im jeweiligen System handeln (z. B. Marie Curie als Wissenschaftlerin, als Ausländerin, als Mutter). Systeme grenzen sich nach außen gegenüber ihrer Umwelt ab (z. B. die Wissenschaft von der Gesellschaft) und bestehen innerlich wiederum aus Subsystemen (z. B. Universitäten, Fachzeitschriften). Das System Wissenschaft kann eine Zeitlang stabil funktionieren, aber auch gelegentlich durch sogenannte ‘wissenschaftliche Revolutionen’ umgestürzt werden. All diese Aspekte des Systems СКАЧАТЬ