Название: Das Blei der Bosse: Zwei Kriminalromane
Автор: Alfred Bekker
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Extra Spannung
isbn: 9783742794529
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Es hätte für uns bereits tödlich enden können. Aber das wollte man vielleicht gar nicht? Wenigstens nicht hier am Pier?
Die Typen bei den drei Fahrzeugen schossen jedenfalls vorerst nicht.
Und dann rief die Blondine aus ihrer Deckung hinter dem Lieferwagen: "He, ihr beiden. Widerstand hat keinen Zweck mehr. Wir wollen euch nicht töten, sondern nur gefangennehmen. Unser Boss will euch sehen. Gebt auf."
Eine nette Stimme, aber eine Einladung, die niemand gern annahm.
Ein Ausbruchsversuch wäre tatsächlich sinnlos gewesen. Wir hatten zwar eine gute Deckung, in der wir uns allerdings nicht lange würden halten können. Da gab es durchaus einige Möglichkeiten für unsere Gegner, uns auszuräuchern. Zum Beispiel Handgranaten. Vielleicht auch Gas? Wir mussten in dieser Beziehung mit allem rechnen.
Was die Gegner jedoch nicht wussten: Wir hatten sozusagen einen Trumpf im Ärmel, mit dem wir sehr leicht den Spieß umdrehen konnten. Und den wir jetzt ausspielten.
Wir hatten schließlich von vornherein mit einer Falle rechnen müssen. Vor allem, weil wir schon seit Wochen an dieser Sache dran waren und inzwischen immerhin soviel Erfolg verbuchten, dass dem Gegner eigentlich gar nichts anderes mehr übrigblieb, als endlich offensiv zu werden.
Und so lange die sich hier sicher fühlten und nur uns ihre Aufmerksamkeit schenkten, dachten sie gar nicht an eine Gefahr, die ihnen von anderer Seite her drohen könnte.
Blondy meldete sich wieder: "Ihr habt nicht lange Bedenkzeit. Werft eure Waffen weg und verlasst eure Deckung! Sonst müsst ihr leider sterben. Verlasst euch nicht darauf, dass man eure Schüsse gehört hat. Bevor die City-Police oder eure Kollegen hier sein können, seid ihr nicht mehr am Leben. Also los, auf geht's, G-men!"
Ich enthielt mich einer Antwort, nahm stattdessen das winzige Walkie-Talkie aus der Tasche, drückte die Sprechtaste und sagte: "Ihr seid dran!"
Das genügte. Alles war verabredet. Die Kollegen vom FBI, die City-Police und auch die River-Squad-Police standen bereit. Für sie war das Folgende schon fast Routine. Nur die City-Police blieb vorläufig noch im Hintergrund, gewissermaßen als Nachhut.
Unsere Gegenaktion spulte sich ab wie ein Uhrwerk.
Und es war mehr als nur eine Gegenaktion: Wir machten aus der soeben noch so perfekt erschienen Falle für uns beide eine noch perfektere Falle für unsere Belagerer.
Das begann zunächst damit, dass auf dem Hudson von zwei Seiten je ein Schnellboot heranbrauste. Kugelsichere Scheinwerfer wurden in Position gebracht, um die "MARY ANN" damit von der Flussseite her auszuleuchten.
Aber auch die Gangster, die vorn die Ausfahrt vom Pier abriegelten, wurden nicht vergessen. Mehrere Streifenfahrzeuge fegten herbei. Die Kollegen sprangen heraus und warfen sich in Deckung hinter ihre Fahrzeuge.
Einer der Gangster verlor die Nerven und gab einen ungezielten Schuss ab. Der Schuss wurde nicht erwidert. Stattdessen erscholl eine Megaphonstimme: "Hier spricht das FBI. Gebt auf!"
"Scheiße!", rief ein anderer Gangster. Sein Schuss kam gezielter. Aber er traf trotzdem niemanden. Es ging nur eine Frontscheibe von einem der FBI-Fahrzeuge in Scherben.
"Diesmal sind die dran", sagte Milo neben mir. "Eine Falle für zwei FBI-Beamte. Sie haben uns sogar unter Feuer genommen und wollten uns damit zur Aufgabe zwingen. Beabsichtigt war Kidnapping. Das reicht für eine saftige Anklage."
Gegenüber sonst ein Fortschritt. Darin hatte er recht. Denn sonst hatten wir zwar die Waren sicherstellen können, aber wir waren kaum an Personen herangekommen. Eine Beteiligung an dem Geschäft war so gut wie keinem nachzuweisen gewesen. Dafür waren die stets zu geschickt vorgegangen. Profis, mit allen Wassern gewaschen. Jeder hatte so getan, als sei er die Unschuld in Person. Als wäre die Ware sozusagen aus dem Nichts aufgetaucht...
Und dann waren wir an der Reihe, in das Geschehen wieder aktiv einzugreifen. Alle Kollegen waren in Position. Zwei weitere kugelsichere Scheinwerfer flammten auf. Diesmal von der Landseite her. Einer erleuchtete hell das Pier. Der Lichtfinger des anderen tastete über das Schiff.
Die Gegner machten allerdings keinerlei Anstalten zur Aufgabe. Auch wenn jetzt ihre Chance noch so klein erschien.
"Gebt uns Feuerschutz!", sagte ich in das Mikrophon des Walkie-Talkie. Von den Kollegen waren Gewehre mit Zielfernrohr in Anschlag gebracht worden, wie ich wusste. Damit war es kein Problem, das Schiff erfolgreich unter Feuer zu nehmen.
Eigentlich schade um das schöne Schiff, dachte ich. Es würde kaum ohne Beschädigungen abgehen.
Wir sprangen auf und sprinteten los, zuerst in Richtung Lieferwagen.
Keine Sekunde zu früh. Etwas wummerte heran. Es schlug haargenau dort ein, wo wir soeben noch in Deckung gelegen hatten. Der Abschussknall kam einen Sekundenbruchteil später, zeitgleich mit der Detonation der kleinen Granate.
Wir warfen uns zu Boden und pressten die Hände auf Ohren und Nacken.
Unsere ehemalige Deckung wurde zerfetzt. Im Pier entstand ein großes Loch. Die Druckwelle fuhr über uns hinweg, erfasste auch den Lieferwagen und schob ihn ein Yard weiter. Dabei schwankte er bedenklich.
Splitter wirkten wie Geschosse, ließen die Scheiben des Lieferwagens platzen und schlugen Dellen und kleine Löcher in das Blech der Karosserie auf dieser Seite.
Wir warteten das Ende des Infernos ab und sprangen wieder auf.
Der Lieferwagen sah aus wie nach einem schlimmen Verkehrsunfall. Er hatte nur noch Schrottwert.
Die Kollegen hatten den Schützen am tragbaren Granatwerfer entdeckt. Sie nahmen ihn unter Beschuss, als er sich für den nächsten Abschuss zu weit aus seiner Deckung wagte. Wir hörten einen gellenden Schrei. Im nächsten Moment löste sich von oben ein Schatten und segelte herab. Er schlug auf der Wasseroberfläche zwischen Pier und Schiffskörper auf.
Mit einer weiteren Granate war nicht mehr zu rechnen.
Von oben wurde jetzt überhaupt nicht mehr geschossen. Die Kollegen hatten Zielfernrohre mit Restlichtverstärker. Sie zwangen jeden Schützen auf dem Schiff in Deckung, auch wenn er sich nicht gerade im Lichtfinger eines Scheinwerfers befand.
Aber die Gangster wollten trotzdem noch nicht aufgeben. Sie machten immer noch keinerlei Anstalten dazu.
Wir erreichten den Lieferwagen.
Blondy trat in Aktion. Sie sprang hervor, behielt den Lieferwagen jedoch geschickt zwischen sich und den FBI-Schützen. Leicht geduckt stand sie vor uns, wie eine Tigerkatze kurz vor dem Sprung. Ihre Pistole hielt sie beidhändig gegen uns im Anschlag. Hass verzerrte ihr Gesicht.
Wir hatten ebenfalls die Waffen in den Händen, schussbereit. Wir hätten ihr nur zuvorzukommen brauchen, sie einfach über den Haufen knallen müssen. Es wäre nur Notwehr gewesen, denn sie wollte die Aktion gegen uns mit ihrer eigenen Waffe doch noch halbwegs erfolgreich beenden. Indem sie uns umlegte.
Aber keiner von uns beiden brauchte sie niederzuschießen:
Einer der Gangster auf dem Schiff gab jetzt doch noch ein paar ungezielte Schüsse in unsere Richtung ab. Zu mehr als ungezielten СКАЧАТЬ