Название: Ein Mann Namens Bradford
Автор: Alfred Bekker
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783847650300
isbn:
Er ist nicht wirklich feindselig!, erkannte Lawton. Wäre er das, weshalb hätte er mich dann vor der Schlange retten sollen?
Nein, Rankine war vermutlich ein Mann, der die meiste Zeit des Jahres über allein in der Wildnis lebte. Er war den Umgang mit Menschen kaum gewöhnt, ihre Nähe schien ihm nur schwer erträglich.
"Ich hoffe, Sie sind bald fertig, Lawton!" Der Alte spuckte zu Boden, wischte sich dann mit dem Ärmel den Mund ab und fluchte lautstark. "Glauben Sie, ich will hier Wurzeln schlagen, verdammt noch mal!"
Mit besonderer Sorgfalt, die Rankine nicht entging, befestigte Lawton seine Satteltaschen. Dann prüfte er die Verschlüsse.
"Man könnte denken, da wäre Gold drin, so sorgfältig machen Sie das!" Rankine kniff etwas die Augen zusammen. "Sie sehen mir gar nicht aus wie ein Pedant!"
Lawton erwiderte nichts, sondern schwang sich stattdessen in den Sattel.
"Von mir aus kann's losgehen!"
*
Harlington war wirklich ein erbärmliches Nest. Ein paar Holzhäuser, ein Drugstore, eine Kirche und ein Saloon, der keinen Namen hatte, da er der einzige weit und breit war und somit die Gefahr einer Verwechslung nicht bestand...
"Puh!", machte Lawton. "Sagen Sie, was zieht Sie eigentlich immer wieder hier her, Rankine?"
"Ich habe Freunde hier", erklärte er knapp. Dann runzelte er die Stirn. "Sie sind ein Mann, der verdammt viele Fragen stellt."
"Ist doch nicht verboten, oder?"
"Nein, das nicht. Aber frage ich Sie vielleicht, wo Sie sich die Narbe im Gesicht geholt haben?"
Lawton lachte.
"Das ist kein Geheimnis! In St.Louis hatte ich mal eine Auseinandersetzung mit einem Mann, der als Messerwerfer in einem Zirkus arbeitete! War 'ne schlimme Wunde!"
"Sieht auch heute noch nicht gut aus!"
"Eine Schönheit sind Sie auch nicht gerade!"
Rankine lachte herzhaft. "Tief in Ihnen muss ein Dandy stecken, sonst würden Sie die Sache nicht so wichtig nehmen!"
Lawton sah ein paar Männer herumlungern, die ihn misstrauisch betrachteten. Selbst die Tatsache, dass Will Rankine an seiner Seite ritt, ließ ihre Gesichter keineswegs aufhellen.
"Haben Sie keinen besonders guten Ruf in der Stadt oder blicken die wegen mir so finster drein?"
"Sie wissen nicht, wer Sie sind, Lawton. Die Leute hier sind nun einmal so." Er schlug sich auf die Schenkel und fuhr fort: "Ich habe ziemlichen Durst! Kommen Sie mit auf einen Drink in den Saloon?"
"Später vielleicht, Rankine. Sagen Sie, soll das da hinten etwa ein Drugstore sein?"
"Ziemlich klein, das gebe ich zu. Aber bei Stokes bekommt man alles, was man braucht. Und seine Preise sind fair."
*
Sie trennten sich und Lawton lenkte seinen mageren Gaul in Richtung des Drugstores, während Rankine weiter die Straße entlang ritt.
Als Lawton den Drugstore erreichte, stieg er aus dem Sattel und machte sein Pferd fest. Er nahm seine Satteltaschen vom Rücken des Tieres und hängte sie sich über die Schulter, bevor er durch die offene Tür trat.
Ein dürrer, hohlwangiger Mann stand hinter dem Tresen und musterte Lawton abwartend.
"Sie sind Stokes?", fragte Lawton.
"Ja, aber woher wissen Sie das? Ich kenne Sie nicht!"
"Will Rankine hat mir Ihren Laden empfohlen!"
Stokes grinste. "Mein Laden ist der einzige Drugstore im Umkreis von mehr als einem Tagesritt! Da ist die Konkurrenz nicht besonders groß."
"Ich hoffe, Sie nutzen das nicht allzu sehr aus..."
"Sie meinen, in dem ich die Preise pfeffere?"
"Ja, zum Beispiel."
"Die Leute hier machen nicht viel Federlesen. Die würden mich glatt lynchen, wenn ich so etwas versuchen sollte!" Stokes schlug mit der flachen Hand auf den verkratzten Tresen. "Also, Mister, was wünschen Sie?"
Lawton nannte eine Reihe von Sachen, die er einzukaufen gedachte, woraufhin Stokes sich umwandte, um das Gewünschte zusammenzusuchen.
Es war eine lange Liste. Lawton war ziemlich abgebrannt.
In diesem Augenblick hörte Lawton Schritte in seinem Rücken. Er wandte ein wenig den Kopf und sah mit den Augenwinkeln, dass ein rothaariger Mann den Drugstore betreten hatte, dessen Kleider nur so vor Dreck starrten.
Lawton entging nicht der Revolvergurt, den der Rothaarige trug und an dem zusätzlich zu Holster und Revolver noch ein Futteral befestigt war, in dem ein langes Bowie-Messer steckte.
Lawton wurde einer eingehenden, aber wortlosen Musterung unterzogen, bevor der Rothaarige sich an den Ladeninhaber wandte.
"Hallo, Stokes!"
"Tag, Dray! Wie geht's?"
Der Mann namens Dray winkte ab. "Wie soll's schon gehen? Wie immer, natürlich! Nichts Besonderes!"
Unterdessen legte Stokes die Sachen, die er für Lawton zusammengesucht hatte auf den Tresen: Nahrungsmittel und etwas Munition.
Lawton kramte aus seiner Hosentasche ein Geldstück hervor und ließ es auf das Holz klimpern.
"Ich hoffe, das reicht..."
"Leider nicht, Mister... Da fehlen noch 30 Cent!"
Lawton griff erneut in die Hosentasche, aber da war nichts mehr.
"Soll ich etwas von den Sachen wieder zurücklegen?", fragte Stokes, während ein breites Grinsen auf seinem mageren Gesicht erschien.
Lawton verzog ärgerlich den Mund.
"Nein, das wird nicht nötig sein!"
"Wie Sie meinen, Mister!"
Lawton sah, dass auch der rothaarige Dray jetzt über das ganze Gesicht grinste. Er lehnte sich an den Tresen und wartete aufmerksam ab, was geschehen würde, wobei er mit der Linken am Griff seines Bowie-Messers herumspielte.
"Na, was ist nun?"
Stokes' Züge hatten sich jetzt verändert. Er machte nun einen sehr ernsten Eindruck und verengte ein wenig die Augen.
Unterdessen griff Lawton zu den Satteltaschen, die er sich über die Schulter gehängt hatte und legte sie auf den Tresen.
Dann öffnete er einen der Verschlüsse und holte ein Bündel mit Geldscheinen hervor, aus dem er einen herauszog und Stokes vor die Nase legte.
"Ich hoffe, Sie können СКАЧАТЬ