Herbstfeuer. Robert Ullmann
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Название: Herbstfeuer

Автор: Robert Ullmann

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783750213883

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СКАЧАТЬ im Krieg. Noch vor einer Woche hat er unter mir gearbeitet.“ Alle Augen waren auf Timmrin gerichtet. Warum nur hatte er das Schicksal erneut herausgefordert. Skhat würde ihm jetzt nicht mehr helfen können, niemand würde das. Er fühlte sich allein, unendlich allein und erniedrigt. Er versuchte aufzustehen, Pargolos aber trat nach seinem Gesicht, dass Timmrin mit seinen Unterarmen zu schützen versuchte. Ein halbes dutzendmal trat er auf ihn ein und fauchte dabei: „Du widerwärtiger Verbrecher! Hol die Garde Derry!“ Timmrin hatte sich auf den Bauch gerollt, knöpfte den Gehrock vorsichtig auf und schob die Hand darunter. Pargolos beugte sich zu ihm herunter, packte ihn am Genick und drückte sein Gesicht aufs Pflaster: „Was du tust, ist nicht nur gesetzeswidrig! Du bist eine Schande für all die Veteranen, die auf dem Feld der Ehre gefallen sind, du---“, er konnte nicht weitersprechen: Timmrin hatte sein Messer hervorgezogen und es ihm, blind nach hinten stechend, mit aller Kraft in den Rumpf gerammt. Pargolos keuchte. Plötzlich stand er auf und betrachtete ungläubig die blutende Wunde. Dann verdrehte er die Augen und brach zusammen. „Mörder!“, hörte Timmrin eine Stimme brüllen, raffte sich auf, rannte los, bremste aber sofort wieder. Da stand er nun und blickte in die Mündung einer kleinen Pistole. Der Träger war ein Mann mittleren Alters mit nur einem Bein und zwei Krücken. Eine hatte er fallen lassen, um die Waffe zu ziehen. Er trug einen schwarzen Gehrock und einen Zweispitz, an den ein eisernes Veteranenabzeichen geheftet war. Die Augen des Mannes betrachteten Timmrin mit Abscheu: „Das Messer weg!“, sagte er kühl. Timmrin leistete der Aufforderung Folge und schloss die Augen. Nun würde es vorbei sein. Bald darauf hörte er eine Gruppe von Leuten kommen, die sich im flotten Gleichschritt näherten. Es waren Soldaten, die ihn festnahmen und fortbrachten.

      -5-

      Timmrin saß auf dem feuchtkalten Boden einer Gefängniszelle und starrte an die Decke. Es gab eine Pritsche zum Liegen, aber auf der hatte er schon die ganze Nacht gesessen.

      Er dachte an den Tod. Würde man ihn hängen? Vermutlich. Timmrin hatte noch keine Hinrichtung miterlebt. Nur selten wurde eine in den Arbeitervierteln abgehalten. Selbst wenn er eine hätte besuchen wollen, hätte sich dafür wohl kaum Zeit gefunden.

      Die erste Hinrichtung, die er schließlich erleben sollte, würde seine eigene sein.

      Draußen vor der Zelle unterhielten sich zwei Wachen: „Eigentlich könnten sie ihn gleich mit den anderen zusammen exekutieren“, meinte einer.

      „Er bekommt seinen eigenen Prozess, so wie jeder. Du würdest das auch erwarten“, entgegnete sein Gesprächspartner.

      „Ich würde mir aber auch keinen gestohlenen Orden anstecken, in den ersten Bezirk marschieren und einen Mann erdolchen.“

      Der andere entgegnete nichts. Er schien sich nicht mit seinem Kameraden unterhalten zu wollen.

      Timmrin stand auf und ging zur Gittertür. Der Soldat, der zuletzt geredet hatte, drehte sich zu ihm um: „Deine Verhandlung ist schon morgen, heißt´s. Vielleicht hängen sie dich mit den anderen in einer Woche, wirst schon sehen!“

      „Ruhe. Deine Aufgabe ist es nicht, die Gefangenen aufzuklären“, brummte der andere Wächter.

      Timmrin drehte sich weg, lief zur Wand und stemmte sich mit den Handflächen dagegen.

      Warum nur hatte er auf Skhator gehört. Dieser alte Verrückte hatte ihn an den Galgen gebracht. Timmrin wollte wütend werden, als ihm auffiel, dass er keinen wirklichen Zorn mehr in sich trug, nur noch die enttäuschende Akzeptanz seines Schicksals.

      Er hatte nichts verändert und er würde nie etwas ändern. Aber er konnte stolz sein. Er hatte versucht etwas zu bewegen, anders als so viele andere. Aber stimmte das überhaupt?

      Hatte er sich zu etwas schwachsinnigem hinreißen lassen? War er lediglich Teil einer törichten Dummheit geworden, die viele in den Tod geführt hatte? Hatte er sein Glück schließlich unnötig erneut herausgefordert? Hatte er seine Chance verpasst: sogar seine zweite Chance?

      Timmrin wusste keine Antwort auf seine Fragen und diese Unwissenheit quälte ihn.

      Wenigstens würde er ein paar von den anderen wieder sehen, bevor sie ihn töteten. Dann würden sie zusammen untergehen, mit brennenden Fahnen. Doch niemand würde davon überhaupt etwas mitbekommen, zumindest keiner von drüben. Ein paar reiche Bewohner des ersten Bezirks würden ernst dreinblicken, wenn sie die Anklage kurz vor der Hinrichtung verläsen und schließlich beherzt klatschen, während Timm und seine Freunde ihre letzten Atemzüge täten.

      Das also war das Ende von Timmrin Adom, dem letzten seiner Familie in Ersthafen.

      Was aber würde Skhat tun? Vermutlich einen anderen finden, der ihm die Informationen beschaffen sollte, die er begehrte. Warum wollte er überhaupt so dringend wissen, wo sich der Kommandant niedergelassen hatte? Timmrin würde es wohl nie erfahren, dachte er.

      Sie verging quälend hier die Zeit. Die Minuten wurden zu Stunden. Es war ein Gefühl, das ihn an die Arbeit in der Fabrik erinnerte, nur schlimmer. Wie oft hatte er sich eine kleine Pause so sehnlich gewünscht, nur einen Augenblick, in dem er seine Hände und Finger ausruhen konnte, einen einzigen Augenblick des Nichtstuns. In diesem Moment aber hätte er alles gegeben, um nur eine einzige Papierhülse mit Pulver füllen und versiegeln zu dürfen. Schließlich legte er sich wieder auf die Pritsche um seinen Gedanken nachzugehen, Gedanken, wie sie einem alten Mann in den Sinn kommen mussten, der auf dem Sterbebett lag. Bereits am nächsten Tag brachten sie ihn ins Gerichtsgebäude auf der anderen Seite der Straße. Timmrin hatte nicht viel zu sagen, außer, dass er den Orden gefunden hatte. Dass sein ehemaliger Vorarbeiter damals bei der Arbeit, wie auch auf der Straße vor der Gastwirtschaft auf ihn eingeschlagen und ihm schließlich keine andere Wahl gelassen hatte, als das Messer zu ziehen. Aber diese Argumente blieben unberücksichtigt. Das Urteil schien schon gefällt, bevor die Verhandlung begonnen hatte: Als Totschläger, Aufrührer und Hochstapler sollte er am kommenden Sonntag mit drei anderen Rebellen am Troil-Brewek-Platz durch das lange Schwert den Tod finden.

      -6-

      Es war ein klarer, sonniger Novembertag. Timmrin blickte durch das kleine vergittere Kellerfenster. Es war der Tag der Hinrichtung. Sanfte Melancholie, gutmütige Trauer war an den Platz der Verzweiflung und Ohnmacht getreten. Als er die schweren Schritte nahender Soldaten hörte, schlug sein Herz jedoch schneller, bis es raste.

      Die Zellentür wurde geöffnet. „Wir bringen dich zum Platz“, sagte der Hauptmann. „Legt ihm die Eisen an.“

      Timmrin folgte den Männern widerstandslos. Draußen schien die Sonne ungewöhnlich warm für diese Jahreszeit. Er spürte ihre Strahlen auf der Haut, wie er sie nie zuvor wahrgenommen hatte. Jeden Atemzug der kühlen, klaren Luft des nahenden Winters atmete er tief in sich hinein. Er würde bald kommen, der Winter. Er würde die Dächer der Häuser mit Schnee bedecken, wo jetzt Raureif lag. Er würde übers Land kommen, dieses Jahr sicher strenger, weil der letzte Winter recht mild gewesen war. Ja, der Winter würde bald kommen, ob Timmrin noch da war oder nicht.

      Bald würde man ihn mit dem Schwert töten. Ob sie ihm letzte Worte gewährten oder nicht, blieb sich gleich.

      Der Weg war kürzer als erwartet. Auf dem Platz war eine große Tribüne. Der Henker in schwarzer Kutte, Kapuze und Maske wartete schweigend.

      Auf der Tribüne standen noch drei andere Männer. Timmrin konnte sehen, dass einer an der Hand verbunden war. Der mittlere schien unversehrt und der dritte hatte einen schmutzigen Verband СКАЧАТЬ