Auf fremden Pfaden. Karl May
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Название: Auf fremden Pfaden

Автор: Karl May

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783746750170

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СКАЧАТЬ auch mein Weg, und wenn es Euch recht ist, so bleiben wir für jetzt zusammen. Ich heiße Kees Uys.«

      Ich blickte ihn höchst überrascht an, denn diese Bekanntschaft war eine sehr ehrenvolle für mich. Das also war der Sohn des berühmten Boernführers, welcher im Verein mit Potpieter und Pretorius die berühmte Schlacht bei Pieter-Maritzburg gegen die Kaffern gewonnen hatte! Ich konnte meine Freude nicht zurückhalten und nannte ihm auch meinen Namen, der ihm allerdings ein vollständig unbekannter sein mußte.

      »Ihr könnt es mir glauben, Mynheer Uys,« versicherte ich ihm, »daß mir nichts Lieberes passieren konnte, als dieses Zusammentreffen mit Euch!«

      »Ihr habt von mir wohl in der Kapstadt gehört?«

      »Viel, aber bereits vorher in der Heimat.«

      »So kennt man uns auch dort?« fragte er mit einem leichten Anfluge von Stolz in den treuen, ehrlichen Zügen.

      »Gewiß!«

      »Und wie spricht man dort? Mit wem hält man es? Mit uns oder mit den Engländern?«

      »Ich bin kein Politikus, Mynheer, aber ich kann Euch aufrichtig sagen, daß Ihr unserer Sympathie vollständig sicher seid. Ich bin während meiner weiten Reisen vielfältig mit den Söhnen Englands zusammengetroffen und habe da manche Freundschaft geschlossen, welche wohl für das ganze Leben andauern wird; doch hier muß man den Einzelnen vom Ganzen wohl unterscheiden. Ich habe kein persönliches Interesse an den hiesigen Verhältnissen, doch gestehe ich, daß ich ohne Zaudern zur Büchse greifen würde, wenn Ihr, so lange ich an Eurer Seite bin, derselben gegen einen Eurer Feinde bedürftet.«

      Er reichte mir noch einmal die Hand herüber.

      »Ich danke Euch, Mynheer! Ich werde wohl nicht in der Lage sein, diese Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen, aber es thut wohl, so freundliche Worte von einem Manne zu hören, welcher aus der Ferne betrachtet hat und also wohl ein richtigeres Urteil besitzt, als derjenige, welcher die Verhältnisse vom Standpunkte seines Vorteiles aus ansieht.«

      Er ritt in sich versunken neben mir. Dann richtete er sich plötzlich auf und meinte:

      »Ich will Euch einmal ein großes weltgeschichtliches Gesetz sagen, auf welches mich das eigene Grübeln und Sinnen gebracht hat. Es heißt: die Seeherrschaft – und also auch die Herrschaft über die Kolonien – geht der Küste entlang. Blickt in die Geschichte zurück, so werdet Ihr finden, daß ich vielleicht recht habe. Phönizien, Griechenland, Rom, Karthago, Spanien, Portugal, auch vorher Venedig und Genua, die Barbareskenstaaten nur nebenbei erwähnt, Frankreich, Niederland – England lösten einander in der Seeherrschaft ab. Habe ich nicht recht?«

      »Ich kann nicht bestreiten, daß ich dieses Gesetz, mit einigen Motivierungen natürlich, beinahe anerkennen möchte.«

      »Denkt darüber nach, und Ihr werdet gleicher Meinung mit mir werden! Holland hat der See mehr abgerungen als jedes andere Land, aber daß es sich diesem Gesetze auch zu fügen hat, ist bereits längst entschieden – England hat ihm die Herrschaft abgerungen; in Europa, in Indien, hier am Kap. Und nun ist unser Schicksal leicht zu erkennen: wir kämpfen hier für die mit unserem Blute errungenen Güter, aber sie werden uns endlich doch genommen werden. England wird das Kap beherrschen, vorher aber werden wir uns verteidigen und sterben, wie die Männer und Helden. Die Thaten, welche hier geschehen, werden nicht besungen, ja wohl kaum besprochen werden, denn sie werden in zu weiter Ferne von der Heimat geschehen; aber unsere Söhne und Enkel werden, wenn man sie vertreibt, immer weiter nach dem Norden gehen und unser Andenken bewahren, bis sie selbst dem Geschicke erliegen, welches wir erlitten. Jedes irdische Geschöpf hat eine Berechtigung, zu sein und zu leben; jede Pflanze, jedes Tier, jeder Mensch, jedes Volk und jede Nation darf nach der eigentümlichen Weise, die ihm gegeben ist, sich entwickeln, damit am Baume der Menschheit verschiedene Blüten treiben und verschiedene Früchte reifen, je nach dem Boden, dem sie entstammen, und dem Himmel, der sich darüber breitet. Verdrängt ein Volk das andere von seinem Boden, begiebt es sich unter den Himmel eines anderen, um es zu vertilgen, so hat es selbst seine ursprünglichen Wurzeln verloren und kann sich nicht von neuem in die Erde gründen; die Sonne brennt ihm in der Fremde zu heiß, oder es wehen ihm die Winde zu kühl – es erkrankt, es ermattet, es unterliegt; es muß den Tod der Vertriebenen mit seinem eigenen Leben bezahlen. Dies geschieht so wahr, als jede Auswanderung und jeder Klimawechsel im geheimen am innern Marke zehrt, obgleich die roten Wangen das Gegenteil beweisen wollen. Wir werden vom Kap verschwinden, weil wir uns an den Ureigentümern desselben versündigt haben, und England wird uns folgen, und wenn seine Macht und Herrschaft hier Jahrhunderte lang im Wachsen blieb.«

      »Meint Ihr?»fragte ich, verwundert über die Aufrichtigkeit, mit welcher er seine innersten Gedanken mir enthüllte, den er vor zwei Minuten zum erstenmal gesehen hatte. »Ich möchte im Gegenteile behaupten, daß von einem Verschwinden, wenn man es nicht ganz und gar äußerlich nehmen will, keine Rede sein kann. Zwei chemische Stoffe, welche wir vermischen, verschwinden nicht, sondern sie entziehen sich nur durch die neue Gestalt, durch das Produkt, welches sie in ihrer Verbindung bilden, unsern Blicken. So ist es nicht allein in der unorganischen, sondern auch in der organischen Welt, zu welcher ja auch der Mensch und durch ihn das Volk, die Nation zählt. Blickt hinüber nach Amerika! Durch die Verbindung so verschiedener Elemente ist ein neues, eigenartiges Volk entstanden, doch diese Elemente selbst sind noch in ihm vorhanden und – –«

      »Sehr wohl, Mynheer; aber wollt Ihr nicht zugeben, daß der Indianer wirklich verschwindet, ohne im Yankee wiedergefunden zu werden? Doch da betreten wir ein Feld, dessen Fruchtbarkeit leider zu wenig bekannt ist, als daß seine Bebauung richtig in Angriff genommen worden wäre. Vielleicht bin ich auch ein wenig Phantast; wenigstens würdet Ihr wohl diese Ansicht hegen, wenn ich es unternehmen wollte, Euch so meine Meinungen auseinanderzusetzen.«

      Sein Äußeres machte nun allerdings nicht im mindesten den Eindruck, als ob er phantastische Gesinnungen hege; vielmehr schien seine derbe, kernige Figur nur für das mühevolle, praktische Leben eingerichtet zu sein. Auch seine Kleidung zeigte dies. Er trug auf dem Kopfe einen breitrandigen Filzhut, welcher sehr wenig das Recht hatte, elegant genannt zu werden; die Schultern und Brust umhüllte über einem engen Wamse aus grobem holländischen Tuche eine einfache graue Wollendecke; die starken Schenkel staken in einer sehr abgerittenen Lederhose, über welche sich lange, wohlgeteerte Stiefelschäfte emporzogen. Seine Bewaffnung schien höchst einfach zu sein, denn sie bestand nur aus einem in einer Büffelscheide steckenden Messer und einer alten, schweren Büchse; doch wer da wußte, mit welcher unfehlbaren Sicherheit der holländische Ansiedler sein ›Roer‹ zu handhaben versteht, der konnte wohl annehmen, daß diese Büchse schon manchem Kaffer, vielleicht auch Engländer, das Leben gekostet hatte. Wie gesagt, das Äußere dieses Mannes schien so einfach, so nüchtern, daß ich nur antworten konnte:

      »Phantast? ich denke, Ihr greift mit Euren Ansichten und Meinungen eher in das reale, volle Leben als hinüber in das trügerische Reich der Einbildung. Wer Euer Leben lebt und Eure Erfahrungen sein eigen nennt, wird sich wohl schwerlich den Ruf eines Metaphysikers erwerben, wenn er jemand den Gefallen thut, sich offen auszusprechen.«

      »So? Thäte ich Euch einen Gefallen? Ich würde dabei dennoch in diesen Ruf kommen, denn denkt Euch, ich leugne zum Beispiel die Geschichte; ich behaupte, ja ich beweise sogar, daß wir gar keine Geschichte haben!«

      »Wenn Ihr diese Behauptung begründen könnt, so seid Ihr ja doch kein Phantast, Mynheer.«

      »Ja, ich kann sie begründen; ich kann ihre Wahrheit beweisen, und das ist gar nicht so schwer, als man meinen dürfte. Freilich einem gelehrten Professor dürfte ich damit wohl nicht kommen, denn diese Herren haben oft ganz eigentümliche Dogmen. Sie errichten aus dem Material ihre Gedanken und Schlüsse, Gebäude, welche bis zum Himmel reichen, doch unbewohnbar sind, und beachten nicht die dauerhaften Stoffe, СКАЧАТЬ