Название: Auf fremden Pfaden
Автор: Karl May
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783746750170
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»Ja.«
»Und Jan?«
»Nein. Er sucht einen Leoparden.«
»Und du? Wo willst du hin, Mädchen?«
»Hinüber zu Nachbar Zelmst. Ich habe Eile. Mutter ist krank, und Zelmst soll ihr helfen.«
»Kind, du kommst vor nachts nicht hinüber, und der Weg ist gefährlich.«
Sie lächelte leichthin.
»Ich fürchte mich nicht, Baas Uys, das wißt Ihr ja, und Mutter ist diesmal so schlimm, daß der Nachbar kommen muß.«
»Ist Nachbar Zelmst ein Arzt?« fragte ich.
»Er ist ein Boer, der einiges von den Kräutern versteht,« antwortete mir Kees Uys.
»So kann Mietje wieder umkehren; ich werde der Mutter zu helfen versuchen.«
Das Mädchen blickte erfreut zu mir herüber.
»So seid Ihr ein Offizier van der Gezondheid?« fragte sie.
»Ich bin auch Arzt und habe meine Reiseapotheke bei mir,« antwortete ich.
»Das ist ja ein außerordentlich glücklicher Umstand, Mynheer,« meinte Uys. »Kehr um, Mietje, und sei froh, denn ich weiß die Zeit gar nicht mehr, seit welcher hier in den Randbergen ein Arzt gesehen wurde. Kommt, Mynheer, wir wollen etwas scharf zureiten! Ihr müßt nämlich wissen, daß Mietje es nicht liebt, ihren Pony zu langweilen!«
Wir ließen nun die Pferde ausgreifen, und ich bemerkte allerdings bald, daß Mietje ihr Tier ausgezeichnet zu behandeln verstand. Ein ungewöhnliches Interesse erwachte in mir für die fremdartige Reiterin. Wie kam die Kafferin zu dem christlichen Namen Marie? Wie zu dem beinahe verwandtschaftlichen Verhältnisse zu dem berühmten Boersführer? Ihrem vorteilhaften Äußeren nach mußte sie einem ausgezeichneten Stamme angehören; vielleicht war sie eine Aatomba oder eine Lagoanerin. Wer war die kranke Mutter? Das Mädchen sah nicht aus, als ob es eine kaffrarische Erziehung genossen habe.
Diese Gedanken und Betrachtungen wurden durch eine hinter uns rufende Stimme unterbrochen. Ich wandte mich um. Hart an den Hufen unserer Pferde trabte der dicke Brabanter, doch ohne Reiter. Der letztere lag eine kleine Strecke weiter zurück, streckte Arme und Beine kerzengrad in die Luft und schrie aus Leibeskräften:
»Mynheer halt – Mnyheer wart'! Oh, oh – au, oh! Quimbo hab' nicht mehr Pferd, und Pferd hab' nicht mehr Quimbo! oh, au! Pferd lauf, und Quimbo kann nicht mehr lauf und nicht mehr reit'; Quimbo hab' nicht mehr Arm und nicht mehr Bein, Quimbo lieg' an der Erd und bin tot!«
Ich mußte lachen, und auch Kees Uys stimmte ein. Das Mädchen aber kehrte zu dem verunglückten Stammverwandten zurück, warf sich vom Pony und bog sich zu ihm nieder.
»Du heißest Quimbo? Hast du dir Schaden gethan?« fragte sie ihn.
»Ja, Quimbo heiß' Quimbo; aber nicht Quimbo hab' Quimbo Schaden gethan, sondern Pferd hab' Schaden gethan Quimbo.«
»Was thut dir weh? Wo schmerzt es dich? Im Rücken?«
»Nur Rücken soll schmerz' Quimbo? Oh, oh, der ganz' Quimbo thu' Quimbo weh. Quimbo bin nicht mehr am Leben; Quimbo bin tot!«
Auch ich stieg vom Pferde, um zu sehen, ob er sich Schaden gethan habe; ich konnte trotz der sorgfältigsten Untersuchung nicht das Geringste finden, und dennoch verweigerte er, sich zu erheben. Er brüllte unter meiner forschenden Hand und versicherte ohne Aufhören, daß er vollständig tot sei. Da stieg auch Uys ab und zog sein Messer hervor.
»Quimbo ist wirklich tot,« meinte er gelassen. »Und wenn Ihr es nicht glaubt, Mynheer, so werde ich es Euch beweisen. Ich schneide ihn auf, und dann könnt Ihr hineinsehen, ob er noch Leben hat.«
Er bog sich nieder, faßte den Kaffer bei der Kehle und setzte das Messer an; im nächsten Augenblick war Quimbo aufgesprungen und schlug einen fürchterlichen Salto mortale zur Seite hinüber.
»Oh, nicht schneid' Quimbo! Quimbo bin wirklich tot, aber Quimbo kann doch wieder reit' auf Pferd!«
»So steige auf, und nimm dich in acht, daß du nicht wieder herabfällst!«
Der von den Toten Erstandene suchte die Gegenstände zusammen, welche ihm entfallen waren, und kletterte wieder auf das Pferd.
»Reit' Mynheer wieder schnell?« fragte er ängstlich.
Ich nickte.
»Oh, dann bind' Quimbo fest,« bat er; »sonst werd' Quimbo zweimal tot!«
»Dann schneide ich dich wirklich auf!« versicherte Uys mit drohender Miene und stieg ebenso wie ich und Mietje wieder auf. »Übrigens ist unser Weg kein weiter mehr. In einer halben Stunde haben wir unser Ziel erreicht, und dann, Mynheer, könnt Ihr ja zeigen, daß Ihr ein wenig mehr versteht, als Nachbar Zelmst, der Kräutersucher.« – –
2.
Nach einem halbstündigen Ritt hielten wir vor einem Thale, welches sich in einer Breite von wohl anderthalb englischen Meilen zwischen zwei Höhen hinzog, die zu den westlichen Ausläufern des Randgebirges gehörten. Ein breiter Bach schlängelte sich längs seiner Sohle von einer Seite zur andern und bildete die Ursache der üppigen Vegetation, durch welche sich dieser verborgene Winkel der Vorberge vor den Strecken auszeichnete, welche ich während der letzten Tage durchstreift hatte. Überall erblickte das Auge weidende Rinder, Schafe und Ziegen. Ein ausgedehntes Gehöft, umgeben von einem baumreichen Garten, an den sich unmittelbar reichbestandene Getreidefelder schlossen, lag inmitten des Thales.
»Da sind wir!« sprach Kees Uys. »Wie gefällt Euch dieser Platz?«
»Besser als mancher andere, den ich bisher gesehen habe. Wie heißt der Besitzer desselben?«
»Es ist Neef Jan, ein ganzer junge, sage ich Euch. Nach einem wackerern Afrikander, als er ist, könnt Ihr lange suchen, obgleich er erst zweiundzwanzig Jahre zählt. Schade, daß er sich auf der Leopardenjagd befindet, die ihn stets einige Tage vom Hause hält, sonst könntet Ihr ihn persönlich kennen lernen!«
Er nannte ihn bloß Neef Jan, ohne seinen Familiennamen zu sagen. Die holländische Sitte, daß, auch ohne in Blutsverwandtschaft miteinander zu stehen, ältere Bekannte jüngere mit Neef anreden und von diesen mit dem einfachen und vertraulichen Baas bezeichnet werden, ist auch mit nach Afrika herübergekommen. Afrikander im weiteren Sinne nennt man alle Ansiedler niederländischen Ursprunges, im engeren Sinne aber versteht man hierunter nur diejenigen Boers, welche gut mit der Büchse umzugehen verstehen, treu an ihren alten Traditionen bangen, infolgedessen unerbittliche Feinde der Engländer sind und vor keiner Gefahr zurückzubeben pflegen. Nennt ein Ansiedler den andern einen Afrikander, so ist dies die größte Ehrenerweisung, welche er ihm bieten kann, denn er hat ihn damit als einen Held bezeichnet. Dieser erst zweiundzwanzigjährige Neef Jan mußte also bereits genügende Proben seines Mutes gegeben haben, um von dem berühmten Uys als Afrikander bezeichnet zu werden.
»Er hat außer Jan noch einen andern Namen?« fragte ich daher.
»Allerdings,« antwortete der Boer mit einem schlauen Lächeln. »Euch ist schlecht standzuhalten, wie es scheint, Mynheer. Ich wollte diesen Namen erst bei der Vorstellung nennen, aber da Ihr mich so drängt und СКАЧАТЬ